Deutschland hat gewählt

Wie erwartet sind CDU/CSU mit 28,6% die stärkste Kraft der vorgezogenen Bundestagswahl geworden. Nach dem Ergebnis der Wahl 2021 ist dies allerdings das zweitschlechteste Wahlergebnis der Unionsparteien seit Bestehen der Bundesrepublik. Zweitstärkste Kraft im neuen Bundestag ist mit 20,8% die rechtspopulistische AfD; in den östlichen Bundesländern ist sie sogar stärkste Kraft. Die SPD wurde als bisherige Regierungspartei mit 16,4% und damit dem schlechtesten Wahlergebnis seit 1949 vom Wähler abgestraft.

Mit 11,6% sind die Grünen unter dem Ergebnis der Wahl 2021 geblieben. Die Linke konnte in dem sehr kurzen Wahlkampf eine erstaunliche Trendwende schaffen und ihr Ergebnis von 8,8% ist eine deutliche Steigerung zu den 4,9% des Jahres 2021. FDP und BSW sind mit 4,3% und 4,9% an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert.

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Die KI-Revolution frisst ihre Kinder

Die chinesische KI-Firma Deepseek erschüttert das Geschäftsmodell der sich formierenden Branche.
Von Tomasz Konicz / 16. Februar 2025

Die Schockwellen, die das chinesische KI-Modell DeepSeek durch die amerikanische Hightech-Branche jagte, brachten auch ironische, regelrecht komische Momente hervor. Der ChatGPT-Entwickler OpenAI, hinter dem Microsoft steht, beschuldigte etwa das chinesische Startup des Datenklaus und der Spionage. Das Geschäftsmodell des amerikanischen KI-Pioniers sei auf dem „Datenklau des gesamten Internets“ aufgebaut, um nun darüber zu „heulen, dass DeepSeek an dem Output von OpenAI trainiert“ werde, zitierte der PC-Gamer den Techkritiker Ed Zitron.1 Das Team um den KI-Guru Sam Altman würde nun die „eigene Medizin“ verabreicht bekommen, polterte Zitron. OpenAI habe eine „Plagiatsmaschine“ entworfen, um sich nun darüber zu beschweren, dass deren Plagiate zum Generieren neuer Plagiatsmaschinen benutzt würden.

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Die linke Aufholjagd

Konnte man noch vor wenigen Tagen recht fundiert prophezeien, dass die Partei Die Linke nach dem schlechten Abschneiden bei der letzten Bundestagswahl, dem vollzogenen Bruch mit dem Flügel um Sahra Wagenknecht und dem bis zu Parteiaustritten vollzogenen Streit um den Umgang mit Israel, mit der jetzt stattfindenden vorgezogenen Wahl endgültig von der bundespolitischen Bühne abtreten wird, hat sich der Wind wohlmöglich gedreht. In den meisten Umfragen werden die weichgespülten Wahlkämpfer rund um ihre viral gehende Spitzenkandidatin Heidi Reichinnek und den sympathischen Jeansträger Jan von Aken mit 5 bis 6% wieder im Bundestag gesehen.

Erstaunlicherweise sogar noch vor der in den letzten Landtagswahl so erfolgreichen Abspaltung BSW, denen die Wahlforscher nur noch um die 4% Zustimmung zuschreiben. Unglücklich für eine Parteivorsitzende und ihre noch im Aufbau befindliche Partei, hat sie doch selbst in den letzten Tagen geäussert, dass sich der Erfolg des Projektes am Einzug in den Bundestag wird messen lassen müssen. Wobei anzumerken ist, dass die zweistelligen Erfolge bei den letzten Landtagswahlen und die Mitregierung in zwei ostdeutschen Bundesländern bereits einen veritablen Erfolg darstellen, dem Respekt zu zollen ist.

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Cancel Culture USA

Die von Trump angedrohten Staatssäuberungen und Deportationen haben bereits begonnen.
Von Tomasz Konicz / 6. Februar 2025

Es scheint, als ob das, was auf den Neoliberalismus folgt, sich an den Methoden orientiert, die der Neoliberalismus in den vergangenen Dekaden zur Durchsetzung seiner berüchtigten Strukturreformen benutzte. Es sind faschistoide Verwesungsprodukte des Neoliberalismus, die nun den neoliberal deformierten Rechtsstaat in den USA abwickeln. Die schockartige Durchsetzung umstrittener neoliberaler Kürzungsprogramme, das Überrumpeln der Öffentlichkeit mit weitgehenden Deregulierungsmaßnahmen, sie finden ihre Entsprechung in der Schockstrategie, die nun Trump und Musk anwenden, um jegliches Oppositionspotenzial im Staatsapparat zu beseitigen. Es geht Schlag auf Schlag – und dies sind nur die ersten Schritte.

Gleich nach der Machtübernahme, in ihrer ersten Amtswoche, hat die Trump-Administration alle Gleichstellungsprogramme (DEI – Diversity, Equity and Inclusion) abgeschafft und ein Denunziationssystem in der US-Verwaltung eingeführt.1 Nicht nur sind nun alle Programme, die Minderheiten eine größere Repräsentanz im Staatsapparat verschaffen sollten, ersatzlos gestrichen worden. Das Weiße Haus hat zugleich eine Mailadresse einrichten lassen, bei der Denunzianten Vorfälle melden können, bei denen die neuen Regelungen „umgangen“ werden, wie es die New York Times (NYT) formulierte.

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Schwarz-Brauner Durchbruch in der heißen Wahlkampfphase?

Bemerkungen zur Abwicklung spätkapitalistischer Demokratie im autoritär geprägten Deutschland.
Ein Kommentar / Von Tomasz Konicz / 28. Januar 2025

Es ist eine primitive, offensichtliche Masche, die jeder, der es will, auch umgehend durchschauen kann: Jedes Mal, wenn ein Mensch mit Migrationshintergrund, ein Flüchtling oder Ausländer ein Verbrechen begeht, setzt eine neue Runde der Faschisierung der Bundesrepublik sein – selbst wenn der geistig umnachtete Täter, wie etwa in Magdeburg, von Splittern rechter Ideologie angetrieben wurde. Auch wenn 2024 ein neuer Rekord bei rechtsmotivierten Straftaten registriert wurde. Die lange Opferreihe rechten Terrorn seit den 90ern, die Umtriebe des NSU, die rechten Putschvorbereitungen und Massenmordplanungen – alles wird genauso verdrängt, wie simple historische Tatsachen und Parallelen zum 20. Jahrhundert. Es ist egal, zur Not werden Fakten und Zusammenhänge umgelogen, bis sie passen. Nahezu alle wollen es glauben, dass die Krise von Außen kommt, dass der Flüchtling, dass der Ausländer „unser Unglück“ sei. Denn ansonsten müsste mensch die krisengeplagte Gesellschaft radikal infrage stellen, in deren bürgerlicher Mitte der Faschismus heranreift.

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Machts gut und nehmt euch noch nen Fisch – Ein Kommentar zum Ende linker Politik

Schon in der Hochzeit der Partei Die Linke in der Bundesrepublik – die gleichzeitig auch die aktivste Zeit unserer kleinen Publikation war – konnten wir durchaus prophetisch hervorsehen, dass es mit diesem in einem Parteikörper zusammengepferchten Flickenteppich westdeutscher Alt- und Neulinker und ostdeutscher SED-Nachfahren zu keinem für linke Politik in Deutschland guten Ende kommen wird.

Bereits zu den Wahlen 2017 hatte Die Linke ihre Vertretungen in westdeutschen Parlamenten größtenteils wieder eingebüsst und auch im Osten und auf Bundesebene knirschte es nicht nur im Parteikörper, sondern auch bei den Wahlerfolgen. Kurzfristige Mitregierungsausflüge in Brandenburg oder Berlin oder gar die Übernahme der Landesregierung in Thüringen waren da eher die Ausnahmen, die die Regel des politischen Abstiegs bestätigten.

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Oskar, mach’s gut!

Anmerkung des Autors: Dieser Text entstand angesichts der desaströsen Lage der Linken in 2013 und wurde zunächst auf „Eis“ gelegt. Jetzt nach über zehn Jahren konnte er ohne Veränderungen aus dem Gefrierschrank geholt werden. Die Linke in der Bundesrepublik siecht augenscheinlich schon eine sehr lange Zeit.

Nun hat er also wieder hingeschmissen und geht. Nicht zum ersten, aber vermutlich zum letzten Mal. War es 1999 noch der SPD-Vorsitz und das Finanzministerium, die er aufgeben konnte, ist es diesmal nur noch der Fraktionsvorsitz und sein Mandat im Landtag des Saarlandes. Lafontaine beendet sein politisches Leben also dort, wo er es vor fast einem halben Jahrhundert begonnen hat.

Lafontaines Rückzüge werden in Erinnerung bleiben. Immer wenn er bei der Durchsetzung seiner Ziele auf Widerstand gestossen ist, zog er es vor nicht über Gebühr zu kämpfen, sondern das Feld lieber den Anderen zu überlassen. Nicht ohne ihre Entscheidungen dann von Aussen zu kritisieren. Sein Wort wurde immer gehört, auch ohne politische Funktion oder Mandat.

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Die Linke geht – Potemkin kehrt zurück

Kurz vor der Bundestagswahl und der Amtseinführung des größten Präsidenten aller Amerikas kehrt Potemkin auf die Bühne der linken Weltpolitik zurück. Links wirkt schon lange nicht mehr und genau aus diesem Grund wollen wir uns zukünftig in der Rückschau mit dem Scheitern linker Politik beschäftigen und mit Ideen für ein mögliches Revival linker Ideen in der Zukunft in die Debatte einbringen. Oder eine Debatte überhaupt wieder in Gang bringen.

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[Update] Was macht eigentlich… Diether Dehm?

Nach seinem erneuten Einzug in den Bundestag war es in letzter Zeit erstaunlich ruhig um den singenden Frontmann der querfrontösen Erneuerung der Westlinken und Steuermann „seines“ Landesverbandes. Gut, dass Doktor Diether Dehm sich nun wieder mächtig und friedlich zu Wort gemeldet hat, um seiner Partei und dem Rest des deutschen Volkskörpers klarzumachen, wo der Bartel den Most zu holen hat. Nämlich dort, wo Rechts und Links zu einer nicht mehr unterscheidbaren braun-roten Populismussuppe verkommen.

Gestählt durch die Märsche des Friedenswinters 2014 mit so illustren Friedenstauben wie Lars Mährholz und Ken (FM) Jebsen, nimmt sich der nimmermüde Revolutionsbarde anlässlich des Berliner Ostermarsches den neuen Aussenminister Heike Maas vor. Dieser trete, so wird Dehm zitiert, „jede Rechtmäßigkeit und das Grundgesetz mit Füßen“ und sei ohnehin ein „gut gestylter Nato-Strichjunge“. Ob und wie sich dies mit dem Motto „Abrüsten statt Aufrüsten“ des Ostermarsches verträgt, wird nicht überliefert.

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Niedersachsen hat gewählt

Statt wie geplant im Januar 2018 durften die knapp 6,1 Millionen Wahlberechtigten in Niedersachsen nun schon wenige Wochen nach der Bundestagswahl über die künftige Zusammensetzung des Landtages im Leineschloss entscheiden. Die vorgezogene Wahl war notwendig geworden, nachdem die Rot-Grüne Landesregierung unter Stephan Weil im August ihre Ein-Stimmen-Mehrheit durch den Übertritt einer Abgeordneten der Grünen zur CDU verloren hatte. Angesichts des Absturzes der SPD bei der Bundestagswahl und dem Erstarken der AfD kommt dem Ergebnis dieser Landtagswahl durchaus bundespolitische Bedeutung zu. In den bisherigen Umfragen lagen SPD und CDU relativ gleichauf. Offen blieb in den Umfragen bisher, ob Die Linke, die 2013 nach nur einer Legislatur schon wieder aus dem Landtag abgewählt worden war und jetzt bei der Bundestagswahl auf 6,9% in Niedersachsen gekommen ist, den Wiedereinzug schaffen kann.

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Deutschland hat gewählt

Am gestrigen Sonntag waren rund 62 Millionen Bundesbürger dazu aufgerufen den 19. Deutschen Bundestag zu wählen. Gegenüber der letzten Wahl hat die Wahlbeteiligung mit 76,2% einen neuen Rekordwert erreicht. Auch weiterhin können die Unionsparteien den Regierungsauftrag für sich reklamieren. Bundeskanzlerin Merkel dürfte damit vor ihrer vierten Amtsperiode stehen.

CDU und CSU mussten allerdings deutliche Verluste hinnehmen und liegen zusammen bei nur noch 33%. Für beide Parteien ist dies das schlechteste Ergebnis seit Bestehen der Bundesrepublik. Bei der letzten Wahl erreichten sie noch 41,5% der Stimmen.

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Berlin hat gewählt

Rund 2,5 Millionen Wahlberechtigte konnten am gestrigen Sonntag über die Zusammensetzung des Berliner Abgeordnetenhauses entscheiden. Mit 66,9% lag die Wahlbeteiligung deutlich über den 60,2% des Jahres 2011. Die SPD, die seit 1990 in wechselnden Koalitionen entweder mit den Vorläufern der Grünen, mit den Christdemokraten oder den Sozialisten an der Regierung beteiligt ist und seit 2001 den Regierenden Bürgermeister stellt, bleibt mit einem historisch schlechten Ergebnis von 21,6% weiterhin stärkste Kraft in der Hauptstadt. Ihr bisheriger Koalitionspartner, die CDU, hat mit 17,6% auch ihr schlechtestes Ergebnis seit 1949 hinnehmen müssen und damit nach nur einer Legislatur die Regierungsbeteiligung verloren. Die Linke konnte sich, nach ihrer Wahlschlappe in 2011, auf 15,6% verbessern und ist nun drittstärkste Kraft im Abgeordnetenhaus. Die Grünen landen bei leichten Verlusten mit 15,2% knapp hinter den Sozialisten.

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Mecklenburg-Vorpommern hat gewählt

Die Wähler in Mecklenburg-Vorpommern, der Heimat der Bundeskanzlerin, haben am gestrigen Sonntag über die Zusammensetzung des Landtages im Schweriner Schloß entschieden. Bei einer bemerkenswert gestiegenen Wahlbeteiligung von 61,6% stand nicht nur die Politik der seit 2006 regierenden Grossen Koalition im eigenen Bundesland, sondern wohl stärker noch die Bundespolitik auf dem Prüfstand. Mit erheblichen Verlusten – 2011 erreichte sie noch 35,6% – bleibt die SPD von Ministerpräsident Sellering mit 30,6% weiterhin stärkste Kraft. Auch ihr Koalitionspartner CDU musste deutliche Verluste hinnehmen und schafft nur noch 19%. Obwohl schon 2011 mit damals 23% der Tiefpunkt der Partei der Bundeskanzlerin, die in Mecklenburg-Vorpommern ihren Wahlkreis hat, erreicht schien, fallen die Christdemokraten damit noch weiter in der Wählergunst ab. Die Fortsetzung der Grossen Koalition ist trotz aller Verluste allerdings mit einer durchaus bequemen Mehrheit möglich.

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Zum Tode von Rolf Köhne: Ein Brückenbauer geht.

Mit Bestürzung hat die Potemkin Redaktion vom Tode Rolf Köhnes erfahren. Rolf war Mitbegründer der PDS in Niedersachsen. Für die Partei saß er vier Jahre im Bundestag. Sein Schwerpunkt war in dieser Zeit die Energiepolitik.

Als langjähriger Landesvorsitzender in Niedersachsen war er an der Weiterentwicklung der Partei in den alten Bundesländern beteiligt. Die Fusion mit der WASG sah er immer als Möglichkeit eine linke Alternative zur Sozialdemokratie in Westdeutschland auf eine breite Basis zu stellen.

Sein zweiter Schwerpunkt war die Programmarbeit. Ihn trieb die Idee, dass ein moderner Sozialismus, trotz des Zusammenbruchs des Realsozialismus, historisch möglich bleiben musste. Wie kaum ein anderer begriff er dabei, dass dies auch die Hinterfragung der Dogmen des Vulgär- und Arbeitermarxismus notwendig machen muss. Die Arbeit an alternativen Programmentwürfen spiegelt diese Vorstellung den Marxismus auf eine modernere Ebene zu heben. Zeit seines Lebens schwor er auf die Bedeutung und Ausstrahlungskraft des Kommunistischen Manifests. Keine andere Arbeit hat ihn mehr geprägt und beeinflusst.

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Sachsen-Anhalt hat gewählt

Der seit 2011 mit einer Grossen Koalition regierende Ministerpräsident Reiner Haseloff und seine CDU bleiben zwar mit 29,8% weiterhin stärkste Kraft in Sachsen-Anhalt. Eine Fortsetzung der Regierung mit der SPD, die mit 10,6% eine historische Wahlniederlage erleiden musste, ist für ihn aber ohne Unterstützung einer weiteren Partei nicht mehr möglich. Die Grünen, die mit 5,2% knapp den Wiedereinzug in den Landtag geschafft haben, dürften hier erster und einziger Ansprechpartner für Haseloff sein. Die AfD wird mit 24,2% aus dem Stand zur zweitstärksten Partei im Land und profitiert vor allem von der auf 61,1% gestiegenen Wahlbeteiligung. Sie verdrängt damit Die Linke von diesem Platz, die mit nur noch 16,3% eine deutliche Wahlschlappe erlitten hat. Ihr Spitzenkandidat Wulf Gallert hat es auch im dritten Anlauf nicht geschafft die Magdeburger Staatskanzlei zu erobern. Das Ziel einer Mitregierung der Sozialisten ist damit zunächst in weite Ferne gerückt.

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Rheinland-Pfalz hat gewählt

Auf den letzten Metern konnte die SPD mit Spitzenkandidatin und Ministerpräsidentin Malu Dreyer noch die Wahl für sich entscheiden. Mit 36,2% bleiben die Sozialdemokraten weiterhin stärkste Kraft im Mainzer Landtag. Angesichts der Verluste des bisherigen Koalitionspartners dürfte eine Regierungsbildung unter Führung Dreyers allerdings eine schwierige Aufgabe werden. Mit nur noch 5,3% verlieren die Grünen über 10 Prozentpunkte im Vergleich zu 2011. Die CDU muss sich mit ihrer Spitzenkandidatin Julia Klöckner mit 31,8% mit dem zweiten Platz zufrieden geben. Auch in Rheinland-Pfalz konnte die AfD mit 12,6% aus dem Stand ein zweistelliges Wahlergebnis einfahren. Die FDP kann mit 6,2% nach einer Legislatur wieder in den Mainzer Landtag einziehen. Möglicherweise könnte sie als Teil einer Ampelkoalition zur Verfügung stehen und Malu Dreyer die Fortsetzung der Regierungstätigkeit ermöglichen. Die Linke scheitert, wie schon in den vergangenen Jahren, mit deutlich 2,8% an der Fünfprozent-Hürde. Das sozialistische Spitzenduo zur Wahl, Jochen Bülow und Dr. Kathrin Meß, und mit ihnen die Partei in Rheinland-Pfalz dürften damit wieder in den üblichen Dornröschenschlaf fallen und bis zur Bundestagswahl 2017 schlummern.

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Baden-Württemberg hat gewählt

Das einstige Stammland der CDU dürfte mit dieser Wahl zum Stammland der konservativen Grünen geworden sein. Der seit 2011 regierende erste grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann konnte mit seiner Partei ein historisches Wahlergebnis erreichen. Mit 30,3% sind die Grünen stärkste politische Kraft im Südwesten. Die CDU verliert damit zum ersten Mal seit Bestehen der Bundesrepublik diese Stellung und wird mit 27% nur zweitstärkste Partei. Die bislang mitregierende SPD erleidet mit nur noch 12,7% eine deutliche Niederlage und steht so für die Fortsetzung der bisherigen ausschliesslich Grün-Roten Koalition nicht mehr zur Verfügung. Rechnerisch möglich wären damit eine Koalition aus Grünen und CDU, ein Dreierbündnis von Grünen, SPD und FDP oder aber eine Regierung unter Führung der CDU zusammen mit SPD und FDP. Eine Koalition mit der AfD, die aus dem Stand mit 15,1% in den Landtag einziehen und an der SPD vorbei ziehen konnte, schließen aber alle Parteien aus. Kretschmann hat bereits erklärt, dass er den Auftrag zur Regierungsbildung bei den Grünen sieht und die bestehenden Möglichkeiten ab Montag sondieren will. Die Linke mit ihrem Spitzenkandidaten Bernd Riexinger, der sich in wenigen Wochen als Bundesvorsitzender seiner Partei bestätigen lassen will, hat mit 2,9% den Einzug in den Landtag wie bei jeder der letzten Landtagswahlen im Südwesten nicht geschafft.

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Hat die LINKE eine Zukunft? Teil II – Linke Hegemonie?

robert_misik

Zu den Erkenntnissen, die heute aus dem Marxismus erhalten blieben sind, gehört die von Gramsci einer kulturellen Hegemonie, die man zumindest neutralisieren, besser noch: selbst ausüben muss. Denn der bürgerliche Staat ist das Produkt aus Zwangsapparatur und Hegemonie (in der Zivilgesellschaft). Mit einem anderen Gramsci-Zitat hat Misik sich an seine Analyse gemacht: „Der Alltagsverstand verändert sich fortwährend, indem er sich mit in das Alltagsleben übergegangenen wissenschaftlichen Begriffe und philosophischen Meinungen anreichert.“ (Robert Misik, Was Linke denken, 12). Wir haben es in Deutschland (und Österreich, woher M. stammt) mit einer Hegemonie der kulturalistischen Linken zu tun, was in den letzten Jahren vor allem von rechts beklagt wurde, oft verschwörungstheoretisch unterlegt. (Presse, Staatsfernsehen, veröffentlichte Meinung, Politische Parteien-Einfalt). Eine ZEIT- Diskussion, begonnen durch den Literaturredakteur Ijoma Mangold, bringt das überspitzt zur Sprache, hier die Linke Zeit_Geist, dort die dumpfe rechte Gewalt, weitgehend durch Sprachlosigkeit bemerkbar.1 Mangold: „Auf der einen Seite stehen jene, die die überkommenen Geschlechterrollen als heteronormativ infrage stellen, eurozentrische Sichtweisen kritisieren, ethnisch-kulturelle Diversität predigen und mit Blick auf Tierrechte den Speziesismus geißeln. … Auf der anderen Seite stehen – meistens ziemlich sprachlos, das mag auch ein Teil des Konflikts sein – jene, die sich von den neuen Redeformen gegängelt fühlen, die darin ein großes Umerziehungsprogramm wittern.

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Hat die LINKE eine Zukunft? Teil I

Zum Jahresbeginn möchte ich von der Lektüre einiger Bücher Kunde geben, die die Zukunft der Linken sowie der Partei DIE LINKE behandeln.

Bei von Luckes „Die schwarze Republik“ ist die Ausgangsfrage angenehm einfach und elementar: Warum gibt es weder nach der letzten wie der vorletzten Bundestagswahl eine Rot-rot-grüne Koalition, die numerisch beide Male möglich gewesen wäre, sondern eine Schwarze Republik? Der Sammelband zu Rot-Rot-Grün in Thüringen, die kauzig r2g geheißen, zeigt ein Gegenmodell: Wie die auf Bundesebene kaum denkbare Koalition in der Provinz funktioniert. Misik verbreitet für die Linke (kleingeschrieben) Optimismus, nach den klassischen Gramsci-Kriterien einer kulturellen Hegemonie hat die Linke bereits die massenmediale und politische Führungsrolle der Diskurse in unserem Lande inne. Schließlich hat Zizek die neueste Stimmung des Westens eingefangen: Die Willkommenskultur als verdrängter Klassenkampf oder der Pyrrhussieg der LINKEN.

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Rot? Braun? Scheiss egal! Hauptsache Bundestag.

11149479_831981266883279_6210912325971774986_nSchritt für Schritt nähert sich Die Linke in Westdeutschland dem an, was sie im Grunde schon immer war. Einem zwar politisch für die Menschen unbedeutenden, aber zumindest auf der Ebene des Bundes für ihre Mandatsträger noch funktionierenden Wahlverein. Dass man es dabei in Kauf nimmt (nehmen muss?) sich in der unappetitlichen Querfront zwischen „Lechts und Rinks“ zu verlaufen, mag man bedauern, aus der Sicht der Treiber und Nutzniesser dieser Entwicklung ist es schlichtweg egal. Politisch gejagt wird dort, wo es noch Wählerstimmen abzugreifen gibt. Auch wenn man dazu eben noch mehr „Fuck Israel“ in der Partei braucht, um sich den latenten Antisemitismus des deutschen Volkskörpers nutzbar zu machen.

In Niedersachen scheint man dem Umbau der Partei in diesem Sinne nun fast abgeschlossen zu haben. Nach dem Verlust der Fraktion im Landtag ist der Landesvorstand komplett nach den Plänen des eigentlichen Richtungsgebers der Westlinken, Diether Dehm, umgebaut worden. Der einstige Hoffnungsträger Manfred Sohn hat die Partei schon verlassen. Stattdessen organisiert mit Herbert Behrens nun ein getreuer Fraktionskollege die Politik im Verband. Die kommunale Unterfütterung zur Absicherung der Hegemonie der Nutzniesser und Treiber dieser Entwicklung hat sich mit der gestrigen Wahl des neuen Kreisvorstandes in Hannover auch ihrer Vollendung genähert. Weiterlesen „Rot? Braun? Scheiss egal! Hauptsache Bundestag.“

Kurz notiert: Verjüngung allein ist kein politisches Kriterium

In Bezug auf die Kandidaturen zum Kreisvorstand der Partei Die Linke in Hannover und die dazu erfolgte Pressemitteilung der örtlichen Basisorganisation Linden-Limmer hat das Forum demokratischer Sozialismus (fds) in Niedersachsen am 2.4.2015 folgende Stellungnahme veröffentlicht:

Stellungnahme des Landesvorstandes des fds – Niedersachsen zur Pressemitteilung Linken.Linden in Hannover
Die Pressemitteilung suggeriert, mit der Kandidatur Jessica Kaußen und Johannes Drücker würde ein pluralistisches Team aufgestellt sein. Dem widersprechen wir auf das schärfste. Jessica Kaußen hat kein Votum durch das forum demokratischer sozialismus-Hannover und ist deshalb keine offizielle Kandidatin des gleichen. Im Gegenteil: Auf der letzten Sitzung des fds in Hannover wurde Jessica Kaußen gegenüber offen von einem großen Teil der Mitglieder das Misstrauen in ihrer Funktion als Sprecherin des fds- Hannover ausgesprochen. Für das fds-niedersachsen steht fest, dass es keine Zusammenarbeit mit Personen geben kann, die wie Johannes Drücker Israelhass als politische Position verstehen. Jessica Kaußen teilt diese Auffassung des fds-Niedersachsen offenbar nicht.
Dazu Enrico Junghänel, fds-Landessprecher in Niedersachsen: „Für uns und viele andere Mitglieder, als einen linken Teil der demokratischen Zivilgesellschaft Niedersachsens, ist es unmöglich eine solche Kandidatur zu unterstützen. Uns fällt es sehr schwer mit einem Genossen zusammen in einer Partei zu sein, welcher sich nicht klar und deutlich hinter die Beschlusslage der Partei zum Thema Israel stellt. Für uns gilt das Existenzrecht Israels als unantastbar.“

Feministische Pluralität

Quelle: Transcript Verlag
Quelle: Transcript Verlag

Feministinnen stehen im öffentlichen Diskurs regelmäßig in der Kritik – Borniertheit, Zerrissenheit und ihre angebliche Überflüssigkeit werden ihnen vorgeworfen. Gegen ein solche Kritik steht der Sammelband Feminismen heute. Positionen in Theorie und Praxis, der mit einer Reihe an Herausgeberinnen (nämlich Yvonne Franke, Kati Mozygemba, Kathleen Pöge, Betina Ritter und Dagmar Vernohr) nahezu die ganze Bandbreite des linken Feminismus abdecken möchte.

Der Sammelband entstand während des Workshops Wissenschaftlerinnenwerkstatt der Hans-Böckler-Stiftung. Thematischer Ausgangspunkt des Buches sind innerfeminsitische Diskussionen, um gegen die Rhetorik des homophoben Antifeminismus vorzugehen. Basis des Ganzen ist ein kaleidoskopischer Blick auf die Pluralität und Heterogenität der Bewegung Feminismus. Genau deswegen entschieden sich die Autorinnen den Terminus Feminismen zu verwenden, also die Pluralform, da es den idealtypischen Feminismus nach zahlreichen Generationswechseln und Ausdifferenzierungen nicht mehr gäbe. Als Gemeinsamkeit gelten hier die Rechte von Frauen, die Emanzipationsbestrebungen und die feministische Solidarität.

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Immer weniger Genossen

Noch im März des letzten Jahres hatte der Bundesgeschäftsführer der Partei Die Linke verkündet, dass nun endlich der stetige Mitgliederverlust gestoppt werden konnte. Und die Sozialisten, das erste Mal seit ihrer Gründung im Jahre 2007, einen realen Mitgliederzuwachs zu verzeichnen hätten. Zumindest für die ersten drei Monate des letzten Jahres mag dies auch richtig gewesen sein. Nach den nun veröffentlichen Mitgliederzahlen zum Stichtag 31.12. war dies wohl nur ein statistisches Strohfeuer. Auch 2014 hat die Partei wieder rund 5% der Mitgliedschaft eingebüsst.

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Manfred Sohn beendet seinen Ausflug in Die Linke

Bis vor Kurzem noch war er der Landesvorsitzende der Partei; Im Jahr 2013 führte er als Spitzenkandidat die Fraktion, deren Vorsitzender er war, aus dem Landtag. Nun hat Manfred Sohn Konsequenzen aus dem verlorenen Machtkampf innerhalb des niedersächsischen Landesverbandes gezogen. Mit einer kurzen und knappen Erklärung teilte er seinen Austritt aus der Partei mit. Als Begründung musste ein Artikel der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung herhalten. Diese hatte den niedersächsischen Bundestagsabgeordneten Diether Dehm mit den den Worten zitiert, dass der alte Landesvorstand um Sohn in letzter Zeit nur noch mit theoretischen Fragen beschäftigt gewesen sei.

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Die Empörten und der Kapitalismus

Quelle: Neuer ISP Verlag
Quelle: Neuer ISP Verlag

Empörung und politischer Zorn könnten zur Änderung der sozioökonomischen und politischen Verhältnisse beitragen. Das wusste auch die Empörtenbewegung, die seit diesem Jahrzehnt in Europa und Amerika die herrschenden, hegemonialen Verhältnisse kritisiert und im Besonderen den Kapitalismus. Bislang gab es aber zu dieser noch jungen Bewegung wenig substantielle Literatur, eher tendenziöse Medienartikel. Die spanischen Soziologen Joseph Maria Antentas und Ester Vivas wollen dies ändern und haben das Buch Planeta indignado – Die Welt der Empörten. Ursachen und Perspektiven einer Rebellion vorgelegt; nur leider ist dieses Sachbuch ebenso tendenziös und nur wenig aufschlussreich.

Der Fokus des Buches liegt bei der spanischen Empörtenbewegung, den Indignad@s, wobei das @ zwei Buchstaben, das maskulinen O und das femininen A, symbolisieren soll – und damit beide Geschlechter umfassen will, als emanzipierte Neuerung der spanischen, patriarchalen Sprache. Auch die Bewegung des 15. Mai wird beleuchtet, aber es gibt auch immer wieder Rekurse auf die amerikanische Occupy-Bewegung und das deutsche Pendant Blockupy.

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Lyrik und Barbarei

Über den Holocaust aus literarischer Perspektive zu schreiben ist schwer, obgleich zahlreiche Werke der deutschen Nachkriegsliteratur genau das versuchten. War dieses Ereignis doch viel schlimmer als ein tragisches Schauspiel, bei dem die Leidtragenden selbst Akteure gewesen wären, und philosophisch oder episch gesehen kein metaphysisches Ereignis, da den Durchführenden des Holocaust jene klassische Fähigkeit des Denkens abhanden kam – wie es auch Hannah Arendt anhand von Adolf Eichmann belegte -, sodass es auch zu keiner Katharsis oder einem intelligent-moralischen Unterhaltungswert kommen kann. Aus der Sicht des Zuschauers lässt sich dies literarisch ohnehin nicht verarbeiten. Ließe sich dann nicht wenigstens mit dem literarischen Genre der Lyrik darüber schreiben?

Theodor W. Adorno hat dies in seinem Buch Kulturkritik und Gesellschaft verneint, denn in einer totalen kapitalistischen Gesellschaft der Massenkultur und Kulturindustrie sei der Geist absolut verdinglicht. Die weltberühmte, zahlreich zitierte und rezipierte Stelle aus diesem Werk lautet:

„Kulturkritik findet sich der letzten Stufe der Dialektik von Kultur und Barbarei gegenüber: nach Auschwitz ein Gedicht zu schreiben, ist barbarisch, und das frisst auch die Erkenntnis an, die ausspricht, warum es unmöglich ist, heute ein Gedicht zu schreiben.“

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In eigener Sache: Zum Tode von Karl-Anton Plass

Die Redaktion unseres Internetblogs trauert um Karl-Anton Plass. Karl-Anton war nicht nur ein kritisch solidarischer Begleiter unseres Projekts, sondern steuerte auch eigene Beiträge zu POTEMKIN bei. In diesen Artikeln spiegelte sich seine Hoffnung, dass eine aufgeklärte und bessere Welt möglich ist. Die gesellschaftliche Linke sah er als Mittel und Möglichkeit diese Gesellschaft der Zukunft, diese Anwartschaft auf ein solidarisches Miteinander, zu gestalten.

Seine weitere Leidenschaft galt der Astronomie. Ein Blick in den Nachthimmel erfüllt die, die dies zu schätzen wissen, mit einer wissenden Demut. Diese Demut, aber auch der Stolz am Dasein teilzunehmen, zeichneten Karl-Anton auch in dem Lebensabschnitt aus, der von schwerer Krankheit gezeichnet war.
Karl-Antons ausgleichendes Wesen, sein subtiler Humor und seine uneingeschränkte Solidarität zu Projekten und Menschen, die es nicht darauf anlegen von „Mächtigen“ geliebt zu werden, werden in unserer Redaktion unvergessen bleiben. Wir verlieren nicht nur einen Genossen, sondern auch einen Freund.

Ciao lieber Karl-Anton!

Kritik der marktkonformen Demokratie

Quelle: Unrast Verlag
Quelle: Unrast Verlag

„Das ist eine parlamentarische Demokratie. Deshalb ist das Budgetrecht ein Kernrecht des Parlaments. Insofern werden wir Wege finden, die parlamentarische Mitbestimmung so zu gestalten, dass sie trotzdem auch marktkonform ist, also dass sich auf den Märkten die entsprechenden Signale ergeben“. Dieses Ausspruch von Bundeskanzlerin Angela Merkel im September 2011 hat heftige Diskussionen ausgelöst, aber trifft einen wunden Punkt, aufgrund der unverhofften Offenheit, mit der sie ausnahmsweise einmal sprach: Unser politisches System entscheidet eher im Sinne des kapitalistischen Marktes als im Sinne des Wählers. Mit dieser Problematik beschäftigt sich auch das von Wolfgang Kastrup und Helmut Kellershohn herausgegebene Buch „Kapitalismus und/oder Demokratie? Beiträge zur Kritik „marktkonformer“ Demokratieverhältnisse.

Ausgangsposition des Bandes ist, dass die Hegemonie des Neoliberalismus prinzipiell sozialstaatliche Demokratien zur Disposition stelle, sich also Demokratie und Kapitalismus voneinander entkoppeln würden, unter Beibehaltung der formalen politischen Funktionsmechanismen. Der Soziologe Colin Crouch nannte dies Postdemokratie und der Philosoph Domenico Losurdo verwendete den Terminus Soft-Bonapartismus. Davon ausgehend wird sowohl auf die steigende soziale Ungleichheit, als auch auf linkssoziale Protestbewegungen sowie rechtpopulistische Reaktionen eingegangen.

Weiterlesen „Kritik der marktkonformen Demokratie“

Kurz notiert: Keine Neuwahl in Hannover

Die Bundesschiedskommission der Partei Die Linke hat auf Antrag des niedersächsischen Bundestagsabgeordneten Dehm das kürzlich ergangene Urteil der Landesschiedskommission kassiert. Damit müssen nun am 5.Februar in Hannover doch keine neuen Delegierten des grössten niedersächsischen Kreisverbandes gewählt werden. Mit den ursprünglich im Dezember bestimmten Delegierten dürfte die Wahl des Bundestagsabgeordneten Herbert Behrens zum Nachfolger des glücklosen Ex-Fraktionsvorsitzenden Manfred Sohn als wahrscheinlich gelten. Behrens wird parteiintern als Wunschkandidat seines Fraktionskollegen Dehm für den am 7.Februar neu zu bestimmenden Vorsitz der Sozialisten in Niedersachsen gehandelt.
(mb)

Das Ende der freien Liebe?

Quelle: Rotbuch Verlag
Quelle: Rotbuch Verlag

Was wurde nicht alles über die 68er geschrieben, besonders über deren vermeintliche sexuelle Revolution, doch bislang fehlte ein vollständiges Geschichtswerk des 68er-Sexes und ihrer Wirkung bis in die Gegenwart. Jetzt hat die Schriftstellerin und Journalistin Ulrike Heider endlich ein solches langersehntes Buch geschrieben, nämlich Vögeln ist schön. Die Sexrevolte von 1968 und was von ihr bleibt. Leider ist dieses Buch der Alt-68erin in vielen Teilen ziemlich verfehlt und von zweifelhafter Seriosität.

Ihr Werk ist eine Mixtur aus Autobiographie und historisch-sozialer Analyse der Sexrevolte: Sehr viel Persönliches und Subjektives, eigene Lebenserfahrungen in den 68ern, wie sie etwa die freie Liebe lebte und mit ihren eigentlich aufgeschlossenen Eltern über vorehelichen Sex stritt, vereinen sich mit Analysen von Filmen, wie von Oswald Kolle, über philosophische Werke von Herbert Marcuse, Michel Foucault oder Judith Butler bis hin zu gelebten Versuchen des freien, nicht von Prüderie oder Unterdrückung gekennzeichneten Sexes in der Kommune I. Leider ist ihre Auswahl an besprochenen Phänomenen ebenfalls sehr subjektiv und keinesfalls erschöpfend. So lässt sich nur schwer nachvollziehen, nach welchen Kriterien sie etwa so wenig über Simone de Beauvoir oder Ulrike Meinhof schreibt oder anderes ganz verschweigt, diesbezüglich bleibt sie intransparent und arbeitet hier ohne stringente Methodik.

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