Das Wünschenswerte oder das Machbare? Linke Forderungen im Grossen und im Kleinen.

Angesichts der jetzt aktuellen Debatte über die Möglichkeiten linke Politik und Positionen eventuell innerhalb einer Mitregierung mit SPD und Grünen durchsetzen zu können, sollte man darüber nachdenken, welcher Art Forderungen der LINKEN sein sollten, wenn diese noch als links wahrgenommen werden sollen. Und ob es Unterschiede geben kann, wenn man linke Politik innerhalb einer Koalition – mit den Kompromissen, die man zu ihrer Bildung eingehen muss – oder aus der Oppositionsrolle heraus formuliert. Um diese Debatte führen zu können ist eventuell ein Blick vom Grossen (Bundes- und Landespolitik) auf das Verhalten der LINKEN im Kleinen (auf kommunaler Ebene) ganz hilfreich.

Im August 2009 wurde von der Fraktion der LINKEN im Stadtrat Hannovers ein Antrag gestellt, der die Einführung eines kostenlosen Mittagessen in den Kitas der Stadt zum Inhalt hat. Eine grundlegende linke Forderung, die in den Stadtrat eingebracht werden konnte, weil es die LINKE hier in Hannover – wie auch in vielen anderen Kommunen der Republik – geschafft hat in die Räte auf allen Ebenen einzuziehen. Nachdenkenswert ist nur die weitere Ausgestaltung solch eines Antrags. Ist es tatsächlich notwendig zu fordern, dass die Verträge mit den Lieferanten eine maximale Laufzeit von 12 Monaten haben sollen und die Verwaltung der Stadt jährlich wiederkehrend auf eine Preisregulierung (eine Preissenkung) drängen kann? Setzt man hier nicht gleich eine unheilvolle Abwärtsspirale in Gang, einen Unterbietungswettlauf der einzelnen Anbieter, auf Kosten der Arbeitnehmer und der Qualität des Essens? Wäre es nicht hingegen viel sinnvoller und vor allem auch ein tatsächlich linker Standpunkt, wenn man formulieren würde, dass bei den Lieferanten auf die Einhaltung sozialer Standards im Bezug auf die Mitarbeiter geachtet werden muss (Mindestlohn, keine 1-Euro-Beschäftigten) oder man längere Vertragslaufzeiten vorschreibt, um den Lieferanten Planungssicherheit zu geben um nicht andernfalls dem möglichen Einsatz von befristet Beschäftigten und Zeitarbeitern noch unnötig Vorschub zu leisten? Ganz zu schweigen vom Fehlen einer Forderung nach der Qualität des zu liefernden Essens. Wenn man nur auf Machbarkeits- und Kostengesichtspunkte mit der Brille bürgerlicher Logik abstellt, fallen solch linke Positionen all zu leichtfertig unter den Tisch.

Es bleibt im Kleinen wie im Grossen immer die Abwägung, wie wir linke Politik formulieren wollen. Orientieren wir uns – wie im Beispiel Hannover – schon ohne Not an Positionen, die denen eines von uns umworbenen möglichen Koalitionspartners (der noch gar nicht angefragt hat) entsprechen oder formulieren wir unsere Forderungen entlang der Positionen, für die die LINKE in ihren Programmen und Wahlkämpfen eintritt und für die sie auch . wie letzten Sonntag . von den Wählern mit überwältigenden Ergebnissen gewählt wurde. Das Wünschenswerte fordern um das (derzeit) Machbare zu erreichen und die Grenze des Machbaren weiter nach links, zu unseren grundsätzlichen politischen Forderungen, zu verschieben sollte das Wesen linker Politik im Kleinen und Grossen sein. Nicht das Aufgeben von Positionen in vorauseilendem Gehorsam und Mitregierungswillen. Eine interessante Debatte, die die Partei schon lange führt und die auch noch weiter zu führen ist. Und die mit Sicherheit weder nach den Wahlen 2009 noch im Bezug auf in den Folgejahren anstehende Wahlen bereits endgültig von Oben entschieden wurde.
(mb)