Wer wie Bodo Ramelow gehofft hat, dass der gestrige Beschluss der Fraktion einen Punkt hinter eine – noch nicht ernsthaft geführte – Debatte setzt, hat sich fundamental geirrt. Nicht nur in der parteinahen und parteifernen Presse sind Beschluss und die Umstände Thema, auch die durch Zustimmung oder Abwesenheit beteiligten Abgeordneten der Partei können noch lange nicht zur politischen Tagesordnung übergehen.
Ein gutes Beispiel liefert hier der Aachener MdB Andrej Hunko, der auf Facebook weit vernetzt seinen Unmut über Beschluss, Umstände und die Führung der Fraktion verbreitet. Er vermutet, dass interessierte Kreise die Fraktion „auf SPD-Grüne-Linie schießen“ wollen, um 2013 eine „Regierungsbeteiligung um jeden Preis“ durchzusetzen. Hierbei seien Mittel Recht, die auf „undemokratische“ Weise an „SED-Zeiten“ erinnern. Ein Grossteil der Fraktion hat nach Hunkos Sicht diesen Beschluss nicht fassen wollen und letztlich konnte der Beschluss nur durch eine „Drohkulisse“ durchgedrückt werden, die ein Gysi aufgebaut hat, dem – so Hunko – „der Arsch auf Grundeis“ geht wegen eines „rechten Flügels, der offen mit Spaltung der Partei droht“.
Wie er angesichts der tendenziösen und offensichtlich in der Quantität der gefühlten Abstimmungsverweigerer („über die Hälfte“) nicht ganz realitätsnahen Berichterstattung der Jungen Welt darauf kommt, dass „Die Medienkampagnen [..] von diesem rechten Flügel initiiert“ werden, bleibt vorerst sein Geheimnis. Angehörige der Fraktion, die sich in dieser Weise öffentlich gegen Beschlüsse und die Führung der Fraktion stellen, lassen vermuten, dass die Debatte eben gerade nicht im Sinne Ramelows beendet ist, sondern neu befeuert einem weiteren Höhepunkt zustrebt. Und es bleibt abzuwarten, ob alle Teile der Partei den Willen und die Kraft haben diese Debatte bis zum Ende zu führen.
(mb)