Nachtrag zu: „Flügelübergreifend lächerlich!“

Immer noch beschäftigt der Vorgang Dehm vs. Hein die Parteigemüter. Dies obwohl sich die beiden Kontrahenten und Genossen im Parteivorstand angeblich auf eine gemeinsame Erklärung geeinigt haben sollen, die allerdings unveröffentlicht bleiben soll. Umso merkwürdiger sind nun Rücktrittsforderungen ostdeutscher Landespolitiker gegen Dehm . Allein der Umstand, dass Dehm mit juristischen Mitteln gegen Hein vorgegangen ist, dürfte nämlich kaum einen Rücktrittsgrund darstellen. Denn Dehm ist nicht erst seit diesem Fall dafür bekannt, dass er die Mittel besitzt den bürgerlichen Rechtsstaat gezielt für sich in Bewegung zu setzen. Inkonsequent mutet es daher an, wenn dieses Vorgehen im Falle Heins zu Rücktrittsforderungen führt, ähnliches Vorgehen gegen „normale“ Genossen aber keine Solidarität hervorrufen würde. Um also Rücktrittsforderungen an Dehm heranzutragen, wäre es notwendig klarzustellen, in welchen weiteren Fällen Dehm Mitglieder der Partei gegebenenfalls mit Anwalt und Gericht gedroht hat. Schlussendlich taugt nämlich dieser Fall kaum zur Zuspitzung der Frage was Dehm in der Partei so treibt. Wenn Hein sich ihrer Sache sicher gewesen wäre, warum hat sie dann ein weiteres juristisches Vorgehen für nicht erfolgreich gehalten? Eine solche (durchaus auch gegen Hein sprechende) Ausgangslage für eine Rücktrittsforderung zu nutzen, zeigt das wenig koordinierte Vorgehen der Reformkräfte in der „Causa Dehm“. Denn es stimmt nicht, dass Hein um ihre wirtschaftliche Existenz fürchten musste. Bislang war der Vorgang wohl erst in einem juristischen Vorstadium angelangt. Und natürlich hätte ein vermeintliches Zwangsgeld keine 250.000 Euro betragen, wie hier und da kolportiert wird. Wenn sie also den Rechtsstreit gescheut hat, wird sie ihre Gründe haben.

Interessanter ist das instrumentelle Verhältnis, das hier zu innerparteilichen Verhaltensregeln aufgezeigt wird. In der Satzung wird angemahnt, dass Mitglieder sich in internen Streitfragen zunächst an die zuständigen Schiedsgerichte wenden sollen (dies ist allerdings fakultativ zu verstehen). Und auch der (soweit bekannt) von Diether Dehm mit unterschriebene Fair-Play Aufruf fordert die Beilegung politischer und persönlicher Konflikte im Rahmen solidarischer (also nicht gerichtlicher) Lösungsstrategien. Auf diesen Verhaltenskodex wollte oder konnte sich Dehm nicht einlassen. Und all das zeigt bereits, was solche Floskeln im parteiinternen Meinungsstreit wirklich wert sind.

Hein aber hat, durch ihr „Einknicken“ in der juristischen Auseinandersetzung den Stab über jede Strategie zerbrochen, Dehms Verhalten mit Rücktrittsforderungen zu sanktionieren. Schlussendlich steht es nur der Mitgliedschaft und den Delegierten zu, eine Entscheidung darüber zu treffen, ob sie „Nicht-ohne-meinen-Anwalt-Dehm“ wieder in höchste Parteiämter wählen. Es bleibt also der Parteibasis überlassen festzustellen, ob Menschen wie Dehm zu politischen Auslaufmodellen gehören, wenn sie öffentlich das Wasser der Solidarität predigen und heimlich den Wein der besserverdienenden Jurisprudenz saufen. Für all die Mitglieder und Wähler, die im Leben gemerkt haben, dass in der Bundesrepublik Recht haben und Recht bekommen durchaus auch vom Geldbeutel abhängen kann, sollte da die Entscheidung eigentlich klar sein. Es sei denn, dass in der Partei die Lebensweisheit, dass nur die dümmsten Kälber, ihre Schlächter selber wählen, nicht weit verbreitet ist. Kann sich Dehm aber mit seinen „Markenzeichen“ der Gunst der Basis sicher sein, würde das viel mehr über die Partei verraten als allen lieb sein kann.

Wer sich über Dehm wirklich aufregen und sich mit ihm politisch auseinandersetzen will, der sollte dieser Tage lieber die Begriffskombination Dehm und Hamas auf Internetsuchmaschinen eingeben. Dort gebe es dann Gründe sich wirklich mit Rücktrittsforderungen zu befassen. Dass dieses Verständnis und die Kenntnisse bei den Urhebern der Rücktrittsforderungen fehlt, zeigt einmal mehr, dass die Instrumentalisierung von Verhaltensformeln (oder –floskeln) auf allen Seiten fröhliche Urstände feiert. Und zwar auf Kosten einer inhaltlichen Profilierung der Vertreter der Seiten.
(mb)

Update vom 6.7.2011
Heute hat sich Diether Dehm zu diesem Vorgang über den Landesverteiler Niedersachsen wie folgt geäussert:

Liebe Genossinnen und Genossen,

„Ende Mai war von Rosemarie Hein ein Satz als Zitat aus der PV-Sitzung vom 22. Mai öffentlich verbreitet worden, von dem sie behauptete, ich hätte ihn so gesagt, hätte damit einer Minderheit im Parteivorstand „gedroht“ und zwar mit besonderer Inkenntnissetzung der Delegierten in Niedersachsen.

Der mir unterstellte Satz selbst aber widerspricht meinem Denken und Sprechen komplett und ich forderte sie mehrfach schriftlich auf, dies zu korrigieren, bat schließlich die Schiedskommission, einzuschreiten. Dies ging über mehrere Wochen. Als der Satz dann immer noch in der Homepage des FDS zu lesen war, erwirkte ich eine einstweilige Verfügung. Dann wurde der Satz aus dem Netz genommen.

Auf Initiative von Gesine Lötzsch und Klaus Ernst trafen sich Rosemarie Hein und ich am 3.7.2011 und unterschrieben beiliegende Einigung. Wir haben uns im Parteivorstand die Hand gegeben. Da allerdings jetzt ein höherer Parteifunktionär aus Mecklenburg, der gelegentlich den alten Parteivorstand mit Oskar und den neuen mit Gesine und Klaus Ernst wegen angeblich zu harter Bedingungen bei Regierungsbeteiligungen angegriffen hatte, sich nun trotz unserer Einigung noch meint, presseöffentlich äußern zu müssen, wollte ich diese Zeilen an Euch schreiben und Euch von der Einigung in Kenntnis setzen. In der Presse habe ich mich nicht geäußert und ich werde auch jetzt nichts entgegnen.

Beste Grüße und einen intensiven Urlaub zum Krafttanken für einen umso intensiveren Wahlkampf!
Euer Diether Dehm

PS: Unser von der niedersächsischen Partei geforderter Flyer über unsere sechsköpfige Bundestagsgruppe aus Niedersachsen ist pünktlich zum Wahlkampf fertig und versandfertig!

Dr. Diether Dehm, MdB
Europapolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE.
Mittelstandspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE.

Platz der Republik 1
11011 Berlin
Tel.: +49 30 227 73085
Fax: +49 30 227 76087
www.diether-dehm.de

Da Dehm hier erklärt, dass er die Schiedsgerichtsbarkeit der Partei bemüht hat, haben wir unseren gestrigen Artikel im Bezug darauf angepasst. Im Anhang seiner Erklärung findet sich auch die mit Hein abgeschlossene Vereinbarung, die wir hier dokumentieren.

7 Kommentare

  1. Eine bemerkenswert faire Darstellung des Vorganges. Ich kann jedoch nicht erkennen, dass Dehm das Recht nicht zusteht, sich so -gegen offensichtliche falsche Behauptung – zu wehren.

  2. Muss dem (bewusst ohne „h“) Diet(h)er fairerweise in meinem Kommentar noch „h“s nachreichen, nachdem ich kein gutes „h“ an ihm gelassen habe!

  3. Muss natürlich heißen: da will ich uneingeschränkt Rolf Köhne zustimmen.

  4. Ja, ja, der Dieter Dehm! Meiner Einschätzung nach benutzt dieser Mensch seit jeher die linke Bewegung nicht um deren Ideale, sondern um seiner selbst willen. Ich halte Dieter Dehm für einen maßlos arroganten Karrieristen, immer vorne mitschwimmend, aber nie ganz vorne, immer im Windschatten der Spitze. Wenn ich das Degenhardt-Lied „Bodo, genannt der Rote“ höre, muss ich unweigerlich an Dieter Dehm denken (schöne Alliteration!). Es drängen sich aber wirklich einige Parallelen auf. Im Allgemeinen bin ich um eine kritische Betrachtung der Dinge bemüht, ohne ein Anhänger jedweder Verschwörungstheorien zu sein. Es ist hinlänglich bekannt, dass „Die Linke“ unter Beobachtung des Verfassungsschutzes steht. Die logische Konsequenz: Es wird wohl oder übel Informanten unter den Genossinnen/Genossen geben. Wer wohl in ein solches Raster hineinpassen würde? Themenwechsel? Einem Dieter Dehm trau` ich nicht von hier nach da!

  5. Es ist enttäuschend, dass die Genossin Hein nicht noch viel mehr Solidarität erfährt!
    Wenn sich so wenige der verantwortlichen Parteiführung aus der Deckung trauen, haben diese „Schisshasen“ auch kein Vertrauen mehr verdient!

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