Zum Wahlausgang in Berlin
von Uwe Schwarz

Beim Thema „Wasser“ hat die Berliner Linke falsch gehandelt, weil sie es nur als eine rechtliche Frage betrachtet hat. Es war aber immer auch eine politische Frage, vom sozialen Aspekt gar nicht zu reden. So stand sie rechtlich gesehen auf der richtigen Seite und hat politisch ins Klo gegriffen. Die Grünen dachten, sie könnten das ausbeuten. Anfangs sah es auch ganz danach aus, aber dann haben sie jede Gelegenheit ergriffen, um sich unglaubwürdig zu machen, und gucken nun wütend zu den Piraten rüber, denen keiner ihre Äußerungen von 2003 oder 2006 vorhalten kann …

An unserem bescheidenen Wahlergebnis haben alle ihren Anteil, Landes- wie Bundespartei, innere wie äußere Faktoren. Gegen das traurige Bild der Gesamtpartei wäre auch eine perfekte Landespolitik schwer angekommen, aber unsere Politik war eben nicht perfekt, wenn auch besser als in der ersten Legislaturperiode. Das Thema „Mieten und Stadtentwicklung“ wurde verschlafen, zumindest aber nicht zur Profilierung gegen eine zuständige Senatorin genutzt, die uns doch von Anfang an als Fehlbesetzung galt … Die Zustimmung zum Polizeiaufgabengesetz und zum Medienstaatsvertrag „trotz aller Bauchschmerzen“ hat zwar unsere Stammwähler nicht interessiert, aber für böses Blut in den neuen Milieus gesorgt, die die Linke für sich erschließen muß (schließlich fallen unsere überkommenen Hochburgen der Demographie zum Opfer). Dort haben jetzt die Piraten triumphiert. Und so weiter. Jede ernsthafte Analyse des Berliner Wahlergebnisses wird diese Punkte einschließen müssen.

Auch die SPD-Anhänger hatten Grund zur Unzufriedenheit (tatsächlich hat die SPD stärker verloren als die Linke). Aber der SPD ist es immer wieder gelungen, den Schwarzen Peter weiterzuschieben, während die Sachen, die die Linke durchsetzen konnte, oft von Mängeln überdeckt wurden, die viele dem Vorhaben selbst anlasteten. Eine Gemeinschaftsschule wird nicht als Riesenfortschritt empfunden, wenn das Schulgebäude gammlig bleibt und weiterhin viel Unterricht ausfällt. Und den ÖBS hat man der Linken zwar widerwillig belassen, ihn aber so zusammengestutzt, daß er jetzt sogar aus der eigenen Partei heraus angegriffen wird.

Auch im Wahlkampf hat die SPD die Linke ausgestochen, das muß man anerkennen. Die Plakate der Linken vor fünf Jahren waren schlecht, diesmal könnte man sie als „ganz OK“ bezeichnen – die SPD hat es aber besser gemacht. Angestachelt durch Renate Künast, hat sie ganz auf den Spitzenkandidaten gesetzt und damit einen Volltreffer gelandet: Harald Wolf wird respektiert, aber Klaus Wowereit ist beliebt.

Den Rest besorgte eine für uns ungünstige Konstellation in der Stadt, aber solche Punkte sollte man immer erst ganz am Schluß erwähnen und nie als Hauptgrund für ein unbefriedigendes Ergebnis ansehen. Trotzdem sei mir der Hinweis gestattet: Anfang 2010 lag die Linke in Berlin trotz all der angesprochenen Kritikpunkte in den Umfragen zwischen 18 und 20%, auf Augenhöhe mit CDU und Grünen, und man begann von einem „Vierparteiensystem“ zu sprechen, weil die SPD schwächelte. Die ersten Auguren frotzelten schon, der Linken könnte der Koalitionspartner abhanden kommen, und zeitweise lag Harald Wolf auf Platz 1 der Beliebtheitsskala der Berliner Politiker. Wenn es heute nur noch 11,7% sind, kann das nicht allein am Berliner Landesverband der Linken liegen.

gastautor
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