Parteivorstand lehnt Mitgliederentscheid ab

Der geschäftsführende Parteivorstand ist heute in Berlin zusammengetroffen, um über die vorliegenden Anträge zur Durchführung einer Mitgliederbefragung über die nächsten zu wählenden Parteivorsitzenden zu entscheiden. Grundlage der Entscheidung war neben den Begründungen der Anträge aus Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein, Thüringen, einigen Kreisverbänden der Partei (und unterstützenden Beschlüssen zB der Landesverbände Sachsen-Anhalt und Sachsen) vor allem das vom Vorstand in Auftrag gegebene Gutachten des Parteirechtlers Morlok. Morlok sieht in seinem Gutachten, wie auch der MdB Neskovic, eine Unvereinbarkeit zwischen einer Mitgliederentscheidung bzw -befragung und dem durch das Parteiengesetz dem Parteitag vorbehaltenen Recht der Wahl des Parteivorstandes. Hierzu lag eine Gegenposition aus dem Parteivorstand der MdB Wawzyniak vor, die auch federführend an der Ausarbeitung der aktuellen Satzung der Linken beteiligt war.

Das Gremium, dem 12 Mitglieder angehören, hat sich mehrheitlich mit 6 Stimmen, zu denen mit Klaus Ernst der eigentliche Ideengeber einer Mitgliederentscheidung gehört, bei 4 Gegenstimmen und einer Enthaltung durch die amtierende Vorsitzende Gesine Lötzsch, die einen Mitgliederentscheid unterstützt hat, dafür ausgesprochen, den Standpunkt des Morlok Gutachtens zu übernehmen und die Durchführung eines Mitgliederentscheid als unzulässig abzulehnen. Damit konnten sich die Positionen durchsetzen, die wie Lafontaine, Gysi, Maurer und eine Mehrheit der Funktions- und Mandatsträger der westlichen Landesverbände die Entscheidung ausschliesslich durch den (neu zu wählenden) Delegiertenkörper des kommenden Parteitages in Göttingen herbeigeführt sehen wollen. Vermutlich schon in nächster Zeit wird Gysi somit das Ergebnis der Personalfindung „gewisser Kreise“ vorstellen können oder müssen und dann wird sich zeigen, ob das Tableau einer „kooperativen Führung“ die Möglichkeit bietet bis zum Parteitag das von Maurer beklagte „Gequatsche“ zu beenden, den von Lafontaine gegenüber dem derzeitigen Vorstand geforderten Respekt zu gewährleisten und die Talfahrt der Umfragewerte zumindest zu bremsen.

Ob Bartsch, als Kandidat für den Parteivorsitz und Unterstützer eines Mitgliederentscheids der eigentliche „Auslöser“ der aktuellen Personaldebatte, auch zu Gysis und Lafontaines Personalvorschlag gehören wird und vor allem, wie sich die mit ihren Anträgen unterlegenen Landesverbände nun positionieren und zumindest in ihren Ländern die Basis wenigstens informell an der Personalfindung teilhaben lassen, wird darüber entscheiden, ob der Wunsch nach mehr innerparteilicher Demokratie nur ein rein taktisches Manöver der Reformkräfte war oder tatsächlich eine begrüssenswerte Weiterentwicklung und Konkretisierung moderner linker Politik darstellt.
(mb)


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Offizielle Pressemitteilung des Parteivorstandes zur Entscheidung