In Nordrhein-Westfalen waren die rund 13,2 Millionen Wahlberechtigten dazu aufgerufen, über die Nachfolge der bisherigen Rot-Grünen Minderheitsregierung unter Hannelore Kraft zu entscheiden. Mit 59,6% lag die Wahlbeteiligung knapp über dem Niveau von 2010. Neuwahlen waren notwendig geworden, nachdem die Linke den eingebrachten Haushaltsentwurf nicht unterstützen wollte. Damit beendete sie die, auch aus ihrer Sicht, erfolgreiche Tolerierung einer SPD-geführten Minderheitsregierung durch eine linke Opposition im Landtag eines westdeutschen Bundeslandes.
Die Wahlen im bevölkerungsreichsten Bundesland gelten traditionell als Testwahlen für das Bundesgebiet. Hier wurden die Weichen für die Sozialliberale Koalition am Ende der 1960er- und die Rot-Grüne Regierung der 1990er-Jahre gestellt. Das Ergebnis der Wahl gilt für alle Parteien als wichtige Richtungsentscheidung vor der Bundestagswahl 2013 und könnte in der geplanten Urwahl des SPD-Spitzenkandidaten sogar zu einer Kandidatin Kraft führen. Für die Linke dürfte der innerparteiliche Streit zwischen den Flügeln um den in knapp 3 Wochen zu wählenden Parteivorstand und den künftigen Kurs der Partei zwischen Mitregierung und Fundamentalopposition neu aufbrechen. Der Spiegel berichtet angesichts einer erwarteten Kandidatur des saarländischen Fraktionsvorsitzenden Oskar Lafontaine bereits davon, dass die ostdeutschen Landesverbände sein wochenlanges Zögern als einen der Hauptgründe für das Scheitern bei den letzten Wahlen sehen und eine Kandidatur, zu der er laut dem Nachrichtenmagazin schon ein Personaltableau erarbeitet und weitere Bedingungen gestellt haben soll, zu einer Zerreissprobe für die Partei werden könnte.
Die erste Prognose von Infratest-dimap für die ARD sieht die SPD mit 39% als klaren Gewinner der Wahl, die CDU verliert stark und kommt nur noch auf 26%, die Grünen erreichen 12%, die FDP setzt mit 8,5% ihren Wiederaufstieg fort und die Piraten ziehen mit 7,5% in den vierten Landtag in Folge ein. Die Linke, die bei den bisherigen Umfragen noch bei 4% lag, kommt nach dieser Prognose nur noch auf 2,5% und wird nicht mehr im Landtag vertreten sein. Die Forschungsgruppe Wahlen kommt in ihrer Prognose für das ZDF auf folgende Werte: SPD 38%, CDU 25,5%, Grüne 12%, FDP 8,5%, Piraten 8% und Linke 3%.
Damit kann Hannelore Kraft ihre Rot-Grüne Regierung mit einem bequemen Stimmenvorsprung fortsetzen. Auch FDP und Piraten sind Gewinner dieser Wahl. Die Linke setzt ihren Abwärtstrend im Westen fort und wird aus dem zweiten Landtag in Folge abgewählt.
(mb)
2012 Wahlbeteiligung: 59,6% | 2010 Wahlbeteiligung: 59,3% | |||||
Partei | %-Stimmen | Absolut-Stimmen | Sitze | %-Stimmen | Absolut-Stimmen | Sitze |
CDU | 26,3% | 2.050.633 | 67 | 34,6% | 2.681.700 | 67 |
SPD | 39,1% | 3.050.160 | 99 | 34,5% | 2.675.818 | 67 |
Grüne | 11,3% | 884.136 | 29 | 12,1% | 941.162 | 23 |
FDP | 8,6% | 669.971 | 22 | 6,7% | 522.229 | 13 |
Linke | 2,5% | 194.539 | 0 | 5,6% | 435.627 | 11 |
Piraten | 7,8% | 608.957 | 20 | 1,6% | 121.046 | 0 |
Historische Ergebnisse der Linken bzw der Vorgängerparteien im Wahlgebiet | |||
Wahl | Wahlbeteiligung | %-Stimmen | Absolut-Stimmen |
Landtagswahl 2010 | 59,3% | 5,6% | 435.627 |
Bundestagswahl 2009 | 71,4% | 8,4% | 789.814 |
Europawahl 2009 | 41,8% | 4,6% | 252.438 |
Kommunalwahl 2009 | 52,4% | 3,3% | 241.646 |
Bundestagswahl 2005 | 78,3% | 5,2% | 529.967 |
Landtagswahl 2005 | 63,0% | 0,9% (PDS) 2,2% (WASG) | 72.989 (PDS) 181.988 (WASG) |
Europawahl 2004 | 41,1% | 2,1% | 112.571 |
Kommunalwahl 2004 | 54,4% | 1,1% | 81.991 |
Bundestagswahl 2002 | 80,3% | 1,2% | 125.446 |
Landtagswahl 2000 | 56,7% | 1,1% | 79.934 |
Europawahl 1999 | 43,8% | 1,3% | 76.689 |
Kommunalwahl 1999 | 55,1% | 0,7% | 50.967 |