Noch am vergangenen Wochenende schipperten Lafontaine und Gysi an Bord der „Maria Croon“ durch die Saarschleife, um öffentlichkeitswirksam zu bekunden, dass ihr zuletzt auf dem Göttinger Parteitag lautstark ausgetragener Zwist einem neuen harmonischen Miteinander Platz gemacht hat. Zwischen die beiden „alten Herren“ passt, so der Tenor der Inszenierung an geschichtsträchtigem Ort, kein Blatt Papier und schon gar kein Streit über Weg und Ziel der gemeinsamen Linken.

Selbst die kurzzeitige Irritation über die Verantwortung des frisch gewählten Bundesgeschäftsführers für den kommenden Bundestagswahlkampf war nicht in der Lage, das aufgefrischte Band der Freundschaft der Genossen zu zerschneiden. Allerdings könnte die politische Zukunftsplanung der frischgebackenen Saarländerin und Lebensgefährtin des 68-jährigen Lafontaine, Sahra Wagenknecht, die Männerfreundschaft auf eine harte Probe stellen.

Der Spiegel weiss aus wie immer gut informierten Parteikreisen zu berichten, dass Gysi die Nominierung von Wagenknecht als Spitzenkandidatin für die entscheidende Bundestagswahl 2013 ablehnt. „Für Gysi kommt eine Spitzenkandidatur von Sahra Wagenknecht nicht in Frage“, wird „eine führende Linke“ vom Spiegel zitiert und man will dort wissen, dass Gysi sich in der Sache festgelegt habe und nicht mit sich reden lasse. Der 64-jährige Gysi selber möchte die Partei auch in 2013 wieder als Spitzenkandidat in den Bundestag führen. Lafontaine hingegen soll angedeutet haben, dass bei einer Ablehnung der Kandidatur Wagenknechts, er die Linke in den Bundestagswahlkampf führen will.

Wer auch immer die Partei als Spitzenkandidat in den Bundestag führt, wird später als Fraktionsvorsitzender eine gerade in der Linken wichtige machtpolitische Position besetzen oder über die Besetzung entscheiden. Gysi soll bereits erklärt haben, dass er nicht die gesamte Legislatur den Vorsitz übernehmen wird, sondern diesen Posten abgeben will. Sein Favorit dafür sei, so der Spiegel weiter, der in Göttingen um den Parteivorsitz unterlegene und derzeitige Fraktionsvize Dietmar Bartsch, der als wichtige Spitze des ostdeutschen Reformflügels der Partei gilt. Dass Lafontaine und auch Wagenknecht mit ihrem jetzt schon angemeldeten Anspruch auf die Spitzenkandidatur eine solche Aufwertung von Bartsch verhindern müssen, liegt auf der Hand. Angesichts der zu erwartenden Wahlergebnisse und der daraus resultierenden Zusammensetzung der neuen Bundestagsfraktion werden die ostdeutschen Abgeordneten dort in der Mehrheit sein und im Zweifel einen Fraktionsvorsitzenden Bartsch wählen, wenn dieser von einem erfolgreichen Spitzenkandidaten Gysi vorgeschlagen wird.
(mb)

Ein Kommentar

  1. Eine „führende Linke“ hat es dem Spiegel also gesagt… Man muss schon mit dem Klammerbeutel gepudert sein, um die dahinter steckende Absicht nicht zu erkennen…

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