Sahra an die Spitze und ein nachträglicher Erfolg für Die Linke

Bei der Bundestagswahl 2009 konnte die Partei Die Linke in Nordrhein-Westfalen noch 11 Abgeordnete in den Bundestag entsenden. Darunter auf Platz 5 auch die ehemalige Frontfrau der Kommunistischen Plattform und jetzige Lebensgefährtin von Oskar Lafontaine, Sahra Wagenknecht. Ausgehend von den derzeitigen Umfragen dürften 2013 nur noch die ersten fünf oder sechs Listenplätze als sichere Tickets für den Bundestag gelten. Wagenknecht, der auch Ambitionen auf den Fraktionsvorsitz in Berlin nachgesagt werden, soll daher schon vorab als Spitzenkandidatin in NRW bestimmt werden und lässt den Spitzenplatz in ihrer saarländischen Wahlheimat damit für Oskar Lafontaine frei.

Dem am Donnerstag in Herne tagenden Landesrat der Partei liegt ein entsprechender Antrag unter dem Titel „Sahra an die Spitze“ zur Abstimmung vor. Weit vor der eigentlichen Listenaufstellung, die erst auf einer Versammlung Anfang kommenden Jahres stattfinden soll, wird Wagenknecht damit als „perfekte Reaktion auf die Ausrufung des neoliberalen Einpeitschers Peer Steinbrück zum (Vize)Kanzlerkandidaten“ in Stellung gebracht. Neben einer ganzen Reihe von Kreisverbänden und dem Landesvorsitzenden Rüdiger Sagel unterstützen auch die aktuellen Bundestagsabgeordneten Matthias Birkwald, Sevim Dagdelen und Andrej Hunko diesen Antrag, mit dessen Verabschiedung gerechnet wird. Letztere dürften sich selber damit für die Aufstellung der Landesliste positionieren wollen und aufgrund der frühzeitigen Festlegung auf Wagenknecht, die im Antrag als „die richtige personelle Antwort auf die drängenden Fragen der Zeit“ bezeichnet wird, mit einem Bonus für die Festlegung der Reihenfolge rechnen.

Einen besonderen Erfolg konnte die ehemalige Linksfraktion im Düsseldorfer Landtag feiern. Das Landesverfassungsgerichts NRW hat aufgrund einer Klage der Linkssfration entschieden, dass die ehemalige Rot-Grüne Minderheitsregierung gegen das Budgetrecht des Landtages verstoßen hat, als sie Ende letzten Jahres den Haushalt für 2012 verspätet einbrachte. Am 14. März 2012 hatte sich der Landtag aufgelöst, nachdem SPD und Grüne bei der zweiten Lesung des Haushaltsgesetzes über keine Mehrheit im Landtag verfügten. Die darauf folgende Neuwahl brachte eine deutliche parlamentarische Mehrheit für Ministerpräsidentin Kraft und ihre Rot-Grüne Koalition.

Die Linke kann von diesem Sieg allerdings nicht mehr profitieren, sie wurde im Mai mit 2,5% aus dem Landtag abgewählt. Der Haushalt 2012 soll erst im November nachträglich im Parlament abgestimmt werden. SPD und Grüne haben in Reaktion auf das Urteil versprochen, dass zukünftig das Budgetrecht des Parlaments geachtet wird. „Wir bedauern, dass es der Landesregierung beim Haushalt 2012 nicht möglich war, eine frühzeitigere Einbringung sicherzustellen“, so Martin Börschel, der finanzpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, zum Urteil.
(mb)

9 Kommentare

  1. Es trägt schon etwas subtile Ironie mit sich, wenn ausgerechnet die bekennende Ordoliberale Wagenknecht als passende Antwort auf den „neoliberalen Einpeitscher“ Steinbrück empfohlen wird: konservativer, aber als links missverstandener Neoliberalismus gegenüber einem neusozialdemokratischen Neoliberalismus. Dazu passt, dass heute – 4.2.2013 – der neue Chefredakteur des Handelsblatts, Hans-Jürgen Jakobs, seinen ideologischen Einstand in seinem neuen Blatt feiert: ebenfalls mit einer Verehrungsadresse an Ludwig Erhard. Dabei weiß er, dass er die selbe Ikone anhimmelt, wie Wagenknecht, was ihm etwas unheimlich erscheint, deshalb auch: „Ludwig Erhard paradox“. Die Paradoxie liegt aber nicht an Erhard, sondern an einer Partei, die ihre eigenen Ikonen so anhimmelt, da sie noch jeden Schmarrn, den sie früher als Neoliberalismus verdammt hätte, bei der Ikone selbst plötzlich gut finden muss. Sie muss den Kakao, durch den sie gezogen wird, auch selbst noch schlürfen und dabei Genuss heucheln.

  2. Stimmt – da war ich schludrig. Aber dann ist die Empfehlung noch unnötiger – dann hätte man gleich eine Aufstellunsgversammlung machen können.

  3. es sei angemerkt, dass der landesrat nrw ein gremium mit deutlich über 100 delegierten ist. mithin eine art kleiner parteitag zwischen den parteitagen. die aufstellung der landesliste ist aber ohnehin aufgabe der landesvertreterversammlung, nicht eines parteitages.

  4. Die LINKE wird durch solche Dinge immer unwählbarer. Die WählerInnen haben das längst durchschaut, dass vielen in der LINKEN alle Mittel recht sind, wenn es darum geht an die, in der Regel, bezahlte Spitze (sprich Sitze, oder auch Stellen) zu kommen. Die drohende eigene Situation auf dem Arbeitsmarkt ist die dunkle Seite der ganzen Partei- und Stiftungsapparatur, die aber höchst selten erwähnt wird.

  5. Ich halt nicht viel von Empfehlungen durch Vorstände – das ist halt immer ein Versuch die Aufstellungsversammlungen zu entmündigen. Hab in meinem eigenen Landesverband das einmal zu verhindern geholfen und einmal vergebens versucht. Es ist keine Aufgabe von Vorständen Wahlempfehlungen abzugeben (sieht die Satzung nicht als Aufgabe von Vorständen). Ich fand das schon immer schwierig unabhängig von den konkreten Personen.
    Zur konkreten Personalie: Wagenknecht passt zum LV NRW und wäre ja wohl so oder so auf den führenden Listenplatz gewählt worden durch die Aufstellungsversammlung. Insofern war der EMpfehlungakt für sie nciht notwendig (tendenziell eher sgar kontraproduktiv, weil sie jetzt nciht mehr sagen kann, sie hätte es allein aus eigener Kraft geschafft). Sinn des ANtrags war ja offensichtlich auch keien Unterstützung von Wagenknecht, sondern dass andere in ihrem Windschatten mitsurfen sollen (Matthias Birkwald, Sevim Dagdelen und Andrej Hunko ) – zufälligerweise ergibt die Gesamtzahl dann fünf Kandiderende, sie sich sozusagen gegenseitig selebr empfehlen; genau die Zahl der eher sicheren Mandate für NRW (nach derzeitigen Stand der Dinge werden es wohl zwischen 6 und 8 – aber 5 können als sicher angenommen werden) . Es ging also nicht um Wagenknecht – die hätte das Manöver sicher nciht gebraucht, sondern um politische Trittbrettfahrerei. Noch so ein Grund warum ich Empfehlungen durch Gremien nciht ausstehen kann. Es wäre doch ehrlicher gewesen, die vier anderen hätten sich jeweils individuell für Wagenknecht ausgesprochen und nciht als Team und abgesegnet durch ein Gremium, dass dafür gar nicht zuständig ist.

  6. Eigentlich ist dieses Verfahren um Wagenknecht eine weiter Offenbarung über die tatsächlichen Zustände in der Linkspartei. Es ist beschähmend wie der Grundsatz der Gleichbehandlung schon wieder missachtet wird.

    Negativer Nebeneffekt: die Partei der Eitlen funktioniert wie ein Familienbetrieb: So wird jeder Nachwuchs verprellt und nach dem Abgang von Gysi und Lafo fällt die Partei ins Bodenlose. Danke für soviel Egoismus. Zum Schaden der Linken.

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