Freiheit, Demokratie, Mitbestimmung. Zum Reboot der Piratenpartei

Wir sind in der Krise. Unsere Partei hat sich zwar thematisch erweitert, hat dadurch aber den Kernbereich den Bürgerrechte und der ursprünglich nahezu anarchistischen (und daher hochgradig sympathischen) staatskritischen Freiheitspartei vernachlässigt und ist zu einer ökopazifistisch-staatsfixierten Beliebigkeitspartei geworden. Davon gibt es aber schon mindestens drei Stück. Der Wählerstamm ging dabei fast verloren, ebenso wie viele aktive Mitglieder der ersten Stunde. Wir bekommen nun die Quittung dafür. Soweit so schlecht. Aber wie kommen wir wieder raus?

Aufklärung
„Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Muthes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen.“ (Immanuel Kant)

Vom Kollektivismus zum Individualismus
Als allererstes: Weg von kollektivistischem Denken, hin zur Verteidigung des Individuums! Kollektivistisches Denken fragt als erstes nach der Gruppenzugehörigkeit eines Menschen, Freiheit geht hingegen von den unveräusserlichen Rechten jedes einzelnen Menschen aus! Unabhängig von Herkunft oder Geschlecht ist jeder Mensch als Individuum zu begreifen, das sicherlich kulturell geprägt, aber jederzeit unabhängig und eigenverantwortlich entscheiden kann. Wir müssen jeden Menschen unterstützen, der aus traditionellen Rollen repressiver Kulturstrukturen ausbrechen will.

Kommunal beginnen
Politik beginnt und endet in der Stadt oder dem Dorf. Bevor man Landtage erklimmt, sollte die eigene Kommune analysiert, und Verbesserungsvorschläge eingebracht werden. das wäre zum Beispiel:

  • mehr Mitbestimmung für die Einwohner (die Bürgerkommune und der Bürgerhaushalt als Prinzip partizipatorischer Demokratie)
  • Open Source in öffentlichen Dienststellen
  • Open Access
  • Informationsfreiheitssatzungen
  • Abgeordnetenwatch auch auf kommunaler Ebene
  • Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung gegenüber Land und Bund

Freiheit in der Informationsgesellschaft
„Daß der bei weitem größte Teil der Menschen den Schritt zur Mündigkeit, außer dem daß er beschwerlich ist, auch für sehr gefährlich halte: dafür sorgen schon jene Vormünder, die die Oberaufsicht über sie gütigst auf sich genommen haben.“ — Immanuel Kant

Fast das wichtigste Freiheitsthema: Die Unabhängigkeit der Presse. Während die privaten Medien sich am Bedürfnis der Bevölkerung messen lassen müssen, sichert die Haushaltsabgabe den staatsnahen Rundfunk. Dieser wiederum wird zu Beute der jeweilig herrschenden Politikerkaste. In den Augen vieler „Volkserzieher“ eine wertvolle Beute. Das elitäre Gedünkel, mit dem Arte und 3Sat über Dschungelcamp und DSDS gestellt wird, zeigt dabei deutlich die Verachtung der schwarzrotgrünen Nannys für „das Volk, den großen Lümmel.“ Von journalistischer Unabhängigkeit ist damit kaum zu sprechen, wie die diversen Skandale der letzten Jahre zeigen. Aus dem Weg mit dem Staatsfernsehen und Staatsrundfunk. Weg mit dem GEZ-Moloch! Unterstützung für Bürgerjounalisten und die lokalen sowie überregionalen Blogger!

Ersatzdiskussionen vermeiden
Mit Frauenquoten in Vorständen werden Upperclassprobleme gepusht, während die Niedriglohnverdienerin im tarifgebundenen equal pay das Nachsehen hat.. Mit der Diskussion um die Frauenquote in der Piratenpartei wird zum xten Mal ein rostiger Schraubenschlüssel auf eine Klebeverbindung angesetzt. Die Aussenwirkung ist noch desaströser als die Innenwirkung. Ganz zu schweigen von den vielen SelbstdarstellerInnen, die mit dem x-ten Sexismusframe mediale Aufmerksamkeit erhaschen und damit doch nur ihr persönliches soziales Versagen kaschieren wollen.

Konsequente Trennung von Staat und Religion
Befreien wir die Integrationsdebatte von der unsäglichen Islamisierung. Menschen werden staatlicherseits zu Muslimen gelabelt, nur weil sie aus mehrheitlich muslimischen Staaten kommen. Auch noch so viele neue Moscheen mit und ohne Minarette werden die Probleme nicht lösen, sondern dienen nur dem Herrschaftsanspruch sowie der Diskurshoheit der islamischen Geistlichkeit. Eine Tendenz, die die heimische christliche Geistlichkeit als Trittbrettfahrer im Kampf gegen die Säkularisation nur zu gern unterstützt. Wir erleben zur Zeit eine äusserst gefährliche Religiosierung des öffentlichen Lebens, von der Einführung neuer, trennenderer Religionsunterichte bis zu universitären Religions-Lehrstühlen, auf die die Religionsfunktionäre Zugriff haben. Lasst uns daher für die konsequente Trennung von Staat und Religion eintreten! Strikter Laizismus ist die einzig sinnvolle Lösung einer multikulturellen Gesellschaft.

Den ökologischen Umbau und die sogenannte Energiewende kritisch hinterfragen
Der sogenannte ökologische Umbau der Gesellschaft ist das anti-sozialste Projekt seit der Agenda 2010. Leidtragende und Melkkühe der Kapitaleigner sind abhängig Beschäftigte, Grundrentner, Arbeitslose, damit die Masse der Gesellschaft. Und vorangetrieben wird dieser Prozess von der Elite gutverdienender LOHAS. Gut erkennbar auch am Fetisch der Nahrungsmittel. Wer sich kein Biofleisch kaufen kann, soll halt dann gar keins essen. In einigen SF-Romanen wird die Bevölkerung ja mit Sojaburgern und Algenproteinen ernährt, während sich nur die Elite „echtes“ Fleisch genehmigen kann. Die künstliche Verknappung von Grund-Lebensmitteln wie Strom und Wasser mit moralischen Argumenten offenbart eine zivilisationsfeindliche Ethik, die den angeblichen „Naturzustand“ als Ideal stilisiert. Wird der nächste Schritt die Abschaffung der „Apparatemedizin“ sein, zu Gunsten „naturheilkundlicher“ Kräuter.- und Biowellenschamanen?

Freiheit für alle!
Freihandel und Niederlassungsfreiheit für alle Menschen

Die afrikanischen und asiatischen Anrainer Europas müssen die Möglichkeit haben, ihre Produkte zu fairen Preisen bei uns anbieten zu können. Nur dann können sie eine funktionierende Wirtschaft aufbauen. Dem steht entgegen, dass unsere Märkte weitgehend abgeschottet und insbesondere die Landwirtschaft mit hunderten Milliarden Euro Subventionen massiv wettbewerbsverzerrt wird. Zu Lasten der dritten Welt.
Daher: Weg mit den Subventionen, freier Handel für alle Menschen.

Die unmenschliche Behandlung von Asylbewerbern ist nicht länger annehmbar. Abschiebung ist oft tödlich für die Betroffenen, teilweise begehen sie schon in Deutschland Suizid. Das ist für uns Piraten unannehmbar. Wir müssen uns für ein uneingeschränktes Einwanderungs.- und Arbeitsrecht für alle Menschen einsetzen. Wer kommen will, darf auch bleiben. Millionen Menschen könnten ihre Lebenssituation verbessern, wenn sie nach einem Aufenthalt bei uns beispielsweise gut ausgebildet in ihre Herkunftsländer zurückkehren.

Die Piratenpartei hat dem Mut, alte Zöpfe des Protektionismus und Nationalismus abzuschneiden und die „German Angst“ nicht länger zu bedienen. Setzen wir uns für die Freiheit des Individuums, gegen den Gruppenzwang ein. Seien wir zukunftsfreudig, technik- und technologiefreundlich und setzen auf Optimismus! Repression, Fortschrittsfeindlichkeit, und Protektionismus konstruierter Gruppenidenditäten kann durch uns bekämpft werden. Wir sind die Partei der Aufklärung und der Freiheit! Mitglieder und Wähler mögen teilweise zu anderen Parteien abwandern, das ist normal. Dafür gewinnen wir (wieder) andere, die bisher keine Stimme in der Mainstreampolitik haben. Entscheidend für uns muss die Integration der Nichtwähler sein. Wir sind ursprünglich angetreten, eine radikal andere, offenere Mitmach-Politik zu machen.Wenn wir jetzt Stimmen an die Nichtwähler verlieren, haben wir versagt.

Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! sei also der Wahlspruch der Piratenpartei!

Liebe Mitpiraten: Wartet nicht auf Bundesparteitage oder Personalveränderungen in Führungsgremien. Fangt jetzt an, in eurer Stadt, in eurem Landkreis. Macht Infoveranstaltungen statt Shitstorm und Flameware. Verteilt Mitgliedsanträge statt Creepercards. Bezahlt eure Mitgliedsbeiträge. Stellt euch für Plakatierungen und Infostände zu Verfügung. Wir sind die Mitmachpartei!

Der Autor Frank Heinze ist Vorsitzender der Kreisverbandes Erlangen und Erlangen-Höchstadt sowie Stadtrat in Erlangen. Kontakt: http://piraten-erlangen.de

gastautor
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6 Kommentare

  1. Ich entschuldige mich allerherzlichst wenn Ihnen mein Bemühen um konstruktive Problembenennung sie in ihren radikalen Umsturzplänen stört ,aber meiner Meinung ist die Gesellschaft noch nicht bereit für sowas und zweitens würde es den Feinden derLinken zu gute kommen

  2. „Als richtiger Linker „….

    und was das ist bestimmt wer? du? göbbels?

    „Diese Subventionen sind zusammen mit der Lebensmittelspekulation eines der Grundübel der agrarwirtschaftlich geprägten Dritte-Welt-Länder“.

    Ja schlimm auch! Diese Subventionen halten hier die Scheisse zusammen – bis auf weiteres. Die Lebensmittelspekulation sind Teil des Zockerspiels. Sich etwas aus dem Dreckssystem in der Krise heraus zu picken und böse, böse sagen ist auch böse. Es geht darum dass dies alles aufhört und durch was besseres ersetzt wird wo alle besser und sicherer leben können. Im Gegensatz zu solchen Pseudoradikalen wie Wagenknecht und anderen bin ich sehr dafür mal wieder radikal zu werden. Also an die Wurzel zu gehen. Das erreicht man nicht durch pseudoradikales Geschwätz von Hühner-KZs.

  3. Als richtiger Linker muss man einfach zumindest gegen die Subvention der Agrarindustrie in der EU sein sonst könnte man gleich bei der CDU mitmachen .Diese Subventionen sind zusammen mit der Lebensmittelspekulation eines der Grundübel der agrarwirtschaftlich geprägten Dritte-Welt-Länder Zum Beispiel war das jetzt bürgerkriegsgeplagte Mali früher eine Region wo die beste Baumwolle der Welt angebaut wurde ,heute wird dort keine mehr produziert weil in der USA die Baumwollproduktion so gesponsert wird das in Mali die kleinen Bauern nicht mithalten konnten.Die in Hühner-KZs in der EU produzierten Hühnerteile überfluten die Märkte Westafrikas wo sie mit grossen Energieaufwand unökologisch und hochsubventoniert die afrikanische Wirtschaft vernichten.Die grössten Profiteure sind Nestle ,Monsanto, Wiesenhof

  4. Mir ist schon klar, dass das nicht von heute auf morgen getan werden kann. Ebensowenig, wie die Subventionen auf 2014 Null zu führen. Die wirtschaftlichen wie sozialen Folgen wären erheblich negativ. Aber man kann einen Plan erstellen.

    Anfangs wäre zB. eine Legalisierung der schon hier lebenden Aliens sowie ein Abschiebestop nötig. Und eine sofortige Aufhebung des Arbeitsverbotes und der Residenzpflicht. Dann eine Änderung des Staatsbürgerschaftsrechtes nach US-Vorbild. Alle im Lande geborenen bekommen automatisch die deutsche Staatsbürgerschaft.

    Ausgehend von den Erfahrungen dieses Prozesses könnte man großzügig Greencards verteilen, deren Menge nach und nach ausgeweitet wird. Ganz sicher wird es viele, viele fleißige Migranten geben, die die Wirtschaftskraft Deutschlands in die Höhe treiben. Und ebenso ihre Herkunftsländer fördern werden. Ebenso sicher wird es enormen Druck auf den Dienstleistungssektor und die gering qualifizierten Tätigkeiten geben. Da wird wohl nur eine Form des BGE eine humanistisch angelegte Grundversorgung gewährleisten. Ich denke aber, das ist dann finanzierbar.

    Alles andere ist Protektionismus Europas und seiner Märkte. Das kann man so wollen, man muss es dann aber auch klar sagen: Ihr und eure Waren, ihr kommt hier nicht rein! Dann ist jegliches Gerede von Internationalismus das, was Lafontaine mit seiner Fremdarbeiterrede und seinen Lagern in Afrika schon vor langer Zeit forderte: nationaler Sozialismus!

  5. Die Piraten sind auch nicht besser – auch da geht es nur darum an die Töpfe zu kommen. Das Prinzip der Töpfe muss allgemein verändert werden. Es muss die Frage gestellt werden wie man weltweit sicherstellt dass die Menschen gut leben – und nicht nur in Deutschland!

    Ein vollkommenes Unverständnis – auf den Niveau einer Wagenknecht – über die kapitalistische Weltordnung bricht dann aus diesem Blödsinn hervor:

    „Die afrikanischen und asiatischen Anrainer Europas müssen die Möglichkeit haben, ihre Produkte zu fairen Preisen bei uns anbieten zu können.“

    Faire Preise? Sowas gibt es NIE.

    „Nur dann können sie eine funktionierende Wirtschaft aufbauen.“

    „Dem steht entgegen, dass unsere Märkte weitgehend abgeschottet und insbesondere die Landwirtschaft mit hunderten Milliarden Euro Subventionen massiv wettbewerbsverzerrt wird.“

    Tolle Alternative! Weg mit den Subventionen = totaler Zusammenbruch der Wirtschaft im Westen. Echt verantwortungsvoll und attraktiv!

    „Daher: Weg mit den Subventionen, freier Handel für alle Menschen.“

    Ja! Lasst uns unsere Arbeitskraft direkt mit Bangladesh vergleichen! Hurra! Da wird weltweit alles besser.

    Wie kann man nur so einen Quark zu Papier bringen?

  6. Anstatt „staatsfixierte“ Bildungs- und Sozialsysteme in Frage zu stellen, sollte man vielleicht eher einige netzwerk-basierte Dienste in Frage stellen, da dort vielfach nur „geistiger Müll“ (content) entsteht (oder transportiert wird).
    Dafür braucht man auch kein Urheberrecht. Vom fb-Daumen ganz zu schweigen.

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