Bayerische Linke streiten im Vorfeld des Parteitages

Die Partei Die Linke hat einen schweren Stand in Bayern. Zwar stellt sie derzeit sechs Abgeordnete in der Berliner Linksfraktion und konnte zur Bundestagswahl 2009 ein Landesergebnis von 6,45% erzielen, in der Landespolitik kommt sie aber seit Jahren nicht vor. Zur letzten Landtagswahl erreichte sie gerade einmal 4,4% der Wähler. In aktuellen Umfragen dümpelt der Verband des ehemaligen Bundesvorsitzenden und WASG-Mitbegründers Klaus Ernst zwischen 2 und 3%. Auch innerhalb des Verbandes, der unter stetigem Schwund leidet und nur noch 2.200 Mitglieder zählt, ist die Stimmung zwischen den Genossen seit geraumer Zeit angespannt.

Noch im Januar letzten Jahres kursierte ein Papier mit der Überschrift „Analyse der Gegenkräfte im Landesverband Bayern“. In diesem wurden Techniken beschrieben, wie man mit missliebigen Genossen umgehen sollte, um sie politisch kalt zu stellen. Bis heute ist nicht abschliessend geklärt, wer dieses Papier verfasst hat und ob es sich tatsächlich um eine Handlungsanleitung aus der Landespartei für den Umgang mit Kritikern handelt.

Aktuell sorgt der für den 20. und 21. April angesetzte Landesparteitag für Verdruss unter den bayerischen Genossen. An zwei Tagen sollen die Delegierten über das Programm für die bevorstehende Landtagswahl beraten, die Landesliste für die Bundestagswahl bestimmen und den Haushaltsplan für die Wahljahre 2013 und 2014 beschliessen. Allerdings liegt dieser Haushalt noch nicht in einer Form vor, die es den Delegierten ermöglicht, sich die notwendige Meinung zu bilden. In dem kursierenden Entwurf sei, so ist von einigen Parteimitgliedern zu hören, ein Posten von 300.000 Euro nur mit dem lapidaren Titel „sonstige Wahlkampfausgaben“ versehen.

Der konkrete Plan werde, so der Landesvorstand, den Delegierten erst als Tischvorlage auf dem Parteitag zur Kenntnis gegeben. Eine Meinungsbildung und die notwendige Rückkopplung der Delegierten mit ihren Kreisverbänden ist durch solch ein Vorgehen schlicht nicht möglich. Der Landesvorstand stellt eher darauf ab, dass der Parteitag, angesichts wichtiger politischer Debatten und des Zeitdrucks, den Haushalt ohne weitere Diskussion abnickt. Dass solch ein Vorhaben auf berechtigten Widerstand stösst, dürfte den Verantwortlichen schon im Vorfeld klar gewesen sein.

Gerade die Finanzen und der Umgang des Landesvorstandes mit den Geldern der Mitglieder und den Zuweisungen der Bundespartei und der Staatskasse sorgen schon seit geraumer Zeit für Streit zwischen einzelnen Kreisverbänden und der Landespartei. Darum verzichten einige Kreisverbände seit einiger Zeit darauf, die Beitragszahlungen ihrer Mitglieder an den Landespartei abzuführen. Der dadurch aufgebaute Druck scheint aber bislang noch nicht zu einem Umdenken im Landesvorstand und einer Revision des Finanzgebarens der verantwortlichen Funktionäre geführt zu haben.

Um kritische Diskussionen darüber auf dem Parteitag zu vermeiden und die, zumindest für die hauptamtlichen Politiker, wichtige Aufstellung der Landesliste nicht zu gefährden, greift die Landesführung auf administrative Tricksereien zurück. Schon auf der offiziellen Webseite des Landesverbandes werden kritische Mitglieder auf eine erste organisatorische Hürde hingewiesen, denn „das aktive und passive Wahlrecht ist an eine ordnungsgemäße Beitragszahlung bis einschließlich 28. Februar 2013 gebunden. Die Kontrolle der Beitragszahlung ist Teil der Mandatsprüfung und im Zweifelsfall ist die Beitragsentrichtung durch die Delegierten nachzuweisen.“

Wo sich dieses Vorgehen in der Satzung der Partei findet, bleibt verständlicherweise unerwähnt. Dass der Landesvorstand damit auf die parteiinternen Kritiker zielt und den Versuch unternimmt, den Landesparteitag von abweichenden Meinung zu säubern, dürfte klar auf der Hand liegen. In einem Scheiben an die Delegierten wird man darum auch deutlicher: „Alle VertreterInnen und Vertreter, die ihren Beitrag bei ihrem Kreisvorstand entrichten, sollten sicherstellen, dass ihr Beitrag auch an den Landesvorstand überwiesen wurde. In solchen Fällen liegt die Nachweisführung beim Mitglied.“ Schlichtweg eine Forderung, die ein einfaches Mitglied nicht wird erfüllen können, da es keinerlei Zugriff auf die Buchungen seines Kreisverbandes hat.

Statt selbstkritisch und kooperativ die Probleme anzugehen und die Konfliktfelder aufzulösen, die die politische Arbeit der Linken in Bayern seit Jahren lähmen, versuchen der Landesvorstand und die wirtschaftlichen und politischen Nutzniesser der derzeitigen Zustände, mit halbseidenen Satzungstricks den Verband zu befrieden. Ein vermutlich untauglicher Versuch. Erste Genossen, die von diesen Einschränkungen betroffen sein könnten, haben schon angekündigt, dass sie gerichtlich gegen den Parteitag vorgehen werden, falls man ihnen das Stimmrecht verweigert. Dies dürfte durchaus zum Erfolg führen. Und die bayerische Linke damit, im Vorfeld der Bundes- und Landtagswahlen, weiter ins politische Abseits befördern.
(mb)

Ein Kommentar

  1. diese satzungstricksereien scheinen angeboren, sozusagen ein geburtsfehler der linken. dennoch macht es mich fassungslos, dass diese tricksereien nach wie vor gnadenlos durchgezogen werden.
    wenn sie dann vor gericht verlieren, ist selbstverständlich die klassenjustiz bzw. bürgerliche justiz schuld.
    letztlich muss sich aber auch die führung der gesamtpartei mit in haftung nehmen lassen, wenn sie nicht mal den versuch unternimmt, der satzung geltung zu verschaffen, ob in hintertupfingen oder auf einem landes-oder bundesparteitag, sei es nur dadurch, dass man den betreffenden laut und öffentlich die satzung erklärt.

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