In der heutigen Ausgabe der Saarbrücker Zeitung plädiert der Vorsitzende der Linskfraktion im Saarländischen Landtag, Oskar Lafontaine, dafür, den Euro als Gemeinschaftswährung aufzugeben. Konkret zitiert wird er auf die Frage, ob DIE LINKE einen Anti-Euro-Wahlkampf betreiben wolle, mit den Worten: „Jetzt sollten wir zum früheren europäischen Währungssystem zurückkehren. […] Neben dem EURO müssen dazu wieder nationale Währungen eingeführt werden.“
Nachdem bereits vor einer Woche Fabio de Masi diese Debatte im Onlinenangebot der Tageszeitung „neues deutschland“ begonnen hatte, zog gestern die stellvertretende Fraktions- und Parteivorsitzende, Sahra Wagenknecht, nach und stellte Überschneidungen in der EURO(pa)POLITIK zwischen rechtspopulistischer AfD und der Partei DIE LINKE fest. Nun folgt das nächste Interview zu diesem Thema. Ich finde die Art und Weise des Vorgehens unsäglich und habe einen Vorschlag:
Oskar Lafontaine soll sich dran machen und Änderungsanträge zum Wahlprogramm der LINKEN für die Bundestagswahlen schreiben und stellen.
Zum Beispiel zu diesem Satz aus dem Leitantrag des Parteivorstandes für ein Wahlprogramm:
„Auch wenn die Europäische Währungsunion große Konstruktionsfehler enthält, tritt DIE LINKE nicht für ein Ende des Euro ein. Ganz im Gegenteil, die Währungsunion muss vom Kopf auf die Füße gestellt und neu ausgerichtet werden, damit sie nicht die Spaltungen vertieft, sondern die Ungleichheiten überbrücken hilft und eine friedliche und fruchtbare Zusammenarbeit in Europa befördert.“ [Seite 53]
Anträge an den Parteivorstand, der dreimal über entsprechende Textentwürfe debattierte, stellte das saarländsiche Parteimitglied nicht. Auch Landtagsfraktion oder Landesverband nicht. Eine entsprechende Diskussionsanregung für die sieben (!) zum Programmentwurf durchgeführten Regionalkonferenzen lag ebenfalls nicht vor. Nun aber wird das ganze über die Presse ausgetragen, in einem Moment der solidarischen Ruhe in der Partei und der gemeinsamen Vorbereitung auf die kommenden politischen Auseinandersetzungen im Wahlkampf.
Ich finde die Forderung von Oskar Lafontaine falsch und gefährlich.
Zum einen kann heute niemand mit Bestimmtheit sagen, was die konkreten Folgen des Ausscheidens Portugals, Spaniens, Zyperns und Griechenlands aus der Eurozone wären. Der Euro ist in der globalisierten Finanzwelt zu einem Spekulationsobjekt – allen voran für China – geworden. Einige vermuten daher, dass bereits der Austritt von einem Drittel der Euroländer zu einer Schwächung der Währung insgesamt führen würde. Ein Schneeballeffekt könnte die Folge sein. Und dann? Zurück zur D-Mark?
Zum zweiten ist zu hinterfragen, ob Länder die zu ihren Währungen zurückkehren überhaupt stark genug wären, um in Verhandlungen über Wechselkurse u.ä. bestehen zu können. Womit sollen sie denn argumentieren? Ihrer Rezession? Dem Schuldstand? Der galoppierenden Arbeitslosigkeit? Verhandlungspartner hierüber wären im Übrigen in jedem Fall dieselben, die es heute auch schon an die Wand fahren.
DIE LINKE hat die Eurorettungspakete im Bundestag nicht wegen des Euro, sondern wegen der primären Rettung der Spekulationsgewinner und Banken abgelehnt. Wir haben diese Pakete abgelehnt, weil sie Maßnahmen enthalten, die zu Arbeitslosigkeit, Armut, Sozial(system)abbau und Dumpinglöhnen führen. Dies ist ein tiefer, programmatischer Unterschied. Deshalb heißt es auch im Programmentwurf:
„Wenn die Menschen in Europa arm werden, wenn Löhne und Gehälter überall sinken, droht auch in Deutschland die Rezession, wirtschaftlicher Abschwung.“ [Seite 7]
Oskar Lafontaine sieht den Euro unter anderem dadurch gescheitert, dass die “Löhne und Ausgaben in Südeuropa zu stark gewachsen” seien. Dem Ossi erklärt man auch seit 20 Jahren, trotz gemeinsamer Währung, vereinigtem Land und vergleichbaren Lebenskosten, dass Löhne und Renten noch nicht angeglichen werden könnten…
Mit freundlicher Genehmigung von Dominic Heilig, Mitglied im Parteivorstand der Partei Die Linke
Zuerst erschienen am 30. April 2013 auf http://dominic.linkeblogs.de/pv2012/2013/04/30/oskar-lafontaine-soll-einen-anderungsantrag-stellen/
wo lebst du denn? für oskar, gregor oder bisky galt: wann immer sie was wie lang und wo auch immer sagen wollten: sie durften es jederzeit, ohne beschluss und egal was die geschäftsordnung sagt. allein dies sagt genug aus zu dieser partei der garantierten ungleichheit.
das selbe recht nimmt sich jetzt wagenknecht heraus. Und?
kannst gerne das schiedsgericht anrufen – lol.
Hans-Georg sagt aber auch (zu Recht), dass China und Russland ebenfalls nichts zu verschenken haben. Na, vielleicht kann ja Lafontaines alter Kumpel Gerd helfen, zumindest was Deals mit den Russen betrifft.
Und wie Sie („Herr“) auch sagen: Jedes Land kann für sich selbst entscheiden, was es macht (zumindest theoretisch). Was also schlagen Sie vor, soll Deutschland machen (falls das „ihr“ Land ist)?
Sie sagen es, Russland oder China. Es gibt durchaus Alternativen für ein Griechenland außerhalb der reaktionären EU. Deswegen alle Euro/Eu-Befürworter sind Lakaien des deutschen bzw. us-ameriakanischen Imperalismus.
Wessen Herren dienen Sie denn ? Daß die so vielgelobte D-Mark auch nicht mehr das Gelbe vom Ei war und im Laufe der Jahre immer mehr an Kaufkraft verlor konnte man gerade als ostdeutscher Normalkäufer allein in den Jahren 1990-2001 feststellen. Während man vom Begrüßungs-„Hunni“ noch einen vollen Einkaufswagen mit Berg nach Hause schleppen konnte hatte sich das im letzten Jahr der DM bereits auf die Hälfte reduziert. Der Euro hat die Verteuerung der Lebenshaltungskosten fortgesetzt,er war nicht dessen Ursache. Größter Fehler des Euro war seine Einführung in Staaten mit schwacher eigener Währung und geringer Wirtschaftskraft. Der starke Euro verteuerte deren Exporte in andere Staaten und gab ihrer Konkurrenzfähigkeit den letzten Rest. Sowie es in der exDDR nach Einführung der DM auch passierte. Der Euro ist den betroffenen Ländern nicht aufgezwungen worden,einige Regierungen haben sich den Euro-Beitritt mit kriminell zu bezeichnenden Tricksereien erschlichen. Länder wie Griechenland haben nur noch die Wahl zwischen Pest und Cholera. Wenn sie ihre eigene Währung wieder einführen bräuchten sie trotzdem ausländische Geldgeber und Investoren sowie Märkte für ihre Produkte. Was die Geldgeber angeht : Chinesen und Russen als Alternative zur EU haben auch nichts zu verschenken. Sie würden auch Gegenleistungen und Zugeständnisse fordern.
Sie malen doch den Teufel an die Wand.
„dass ein Euro-Ausstieg alles andere als eine Lösung für ihre Probleme ist?“
Sicher gibt es eine Alternative zum Euro. Zudem kann das jedes Land für sich selbst entscheiden. Da müssen nicht Linke aus einem Land das scheinbar vom Euro profitiert ein alternativloses Szenario beschreiben. Da sieht man wessen Herren sie wirklich dienen.
„… irgendwie plausibel erscheint und zugleich eine bestimmte Dynamik hat, einerseits raus aus der gegenwärtigen Währung, aber einerseits drin bleiben in einem Währungsverbund. “
Jaja, wobei ich das ganze weniger als ‚Dynamik‘ bezeichnen würde, denn als Schwammigkeit, – oder als Regression auf die Euro Verhältnisse vor endgültiger Festlegung der Paritäten (1,9 nochwas für DM/Euro). Letzeres muß nicht falsch sein, nur weil es ‚Retro‘ ist, – Fortschritte sind zuweilen Springprozessionen. Aber man braucht mindestens das BEWUSSTSEIN für die Transitorik solcher (Rück-) Schritte. Das sehe ich nicht, habe aber auch nicht jeden Pups verfolgt.
Olaf u. Co. sind da in der Bringschuld.
„Wenn ich die letzten 30 Jahre bilanziere, so war er für die politische Linke ein ziemlicher Rohrkrepierer. Er wird sich auch nicht mehr ändern.“
Dem kann man nur beipflichten, – bei aller aller berechtigten Würdigung war der Preis für das ‚Gute‘ an ihm vermutlich zu hoch. Je länger ich von der Couch aus ‚mitarbeite‘ so gut es geht, bzw. man zulässt, desto dichter werden die Anzeichen dafür, dass Oskar & Co. zur Entdemokratisierung der PDS massiv beigetragen evtl. sogar getriggert haben. Im Westen war man’s ja von SPD, DKP, K-Gruppen und zuletzt den Grünen gewohnt, diesen ‚Führungsstil‘, wo ‚Stallgeruch‘ meilenweit vor Kompetenz ging, – selbst wenn haarsträubende Mängel ÜBER JAHRE Leute schon längst disqualifiziert hatten. (-> Kretinismus(?))
Vergl. auch aktuelle Korrespondenz in der WIPO-BAG.
(Am nächsten Sonntag, bin ich aller Voraussicht nach auf der Nürnberger Burg zur ü.reg- Europa-Konf. der RLS, mit etwas Glück auch die beiden Tage vorher. Wem Bloggen/Kommentieren nicht reicht …) Hat aufgrund Behinderungen SELTENHEITSWERT für mich.
Für die Linke ist diese Kontroverse über die Auflösung der Währungsunion in eine Währungsgemeinschaft mit nationalen Währungen und einer Bandbreits von Auf- und Abwertungen in diesem Währungsverbund doch eine Chance, um endlich einmal inhaltlich mit Lafontaine zu streiten. Oskar hat zwar im Unterschied zu den meisten etablierten Politikern einige makroökonomische Zusammenhänge, wie z:B. die Bedeutung der Wechselkurse verstanden, aber im Vergleich zu richtigen Ökonomen wie Troost ist er doch ein „Vulgärökonom“. Ich glaube, dass ihm dieser Vorschlag von Streeck, der in eine linksradikale Rhetorik eingepackt ist, irgendwie plausibel erscheint und zugleich eine bestimmte Dynamik hat, einerseits raus aus der gegenwärtigen Währung, aber einerseits drin bleiben in einem Währungsverbund. Über die Risiken eines solchen Wegs zu diskutieren, ist sinnvoll. Meine Sicht ist aber, dass Lafontaine die anderen linken Politiker/innen nicht ernst nimmt, mit Ausnahme von Wagenknecht und vielleicht noch Gysi. Darum wird er sich von anderen auch nichts sagen lassen – das war auch das Problem in der SPD. Er hat als Finanzminister auch völlig autistisch gehandelt. Die fundamentalistischen Europagegner in der Linken, also die, die den Euro immer schon für ein imperialistisches Projekt gehalten haben und jetzt wieder Oberwasser bekommen (wie Andreas Wehr und die AKL und einige besonders bornierte aus der SL), werden ihn stützen, die anderen werden wie bereits vorher schon, ziemlich genervt sein. Man muss ihn einfach aus einer makroökonomischen Sicht heraus kritisieren. Das wird nicht passieren – Gründe dafür hat er auch schon vorher genügend geliefert -, weil die Partei ihn auch für den Wahlkampf braucht und weil er mit diesem Gerede diese ganze Reihe der Euro-Skeptiker auch anspricht. Ob die dann die Linke oder gleich die AfD wählen, werden wir dann sehen. Wenn ich die letzten 30 Jahre bilanziere, so war er für die politische Linke ein ziemlicher Rohrkrepierer. Er wird sich auch nicht mehr ändern.
„Wer wagt es, Lafontaines (und Wagenknechts) Hegemonie in ökonomischen Fragen endlich auf den Prüfstand zu stellen?“
Die, die das wag(t)en
sind nicht mehr drin –
oder haben ’nichts zu sagen …‘
Im übrigen kann jeder, auch ein LaFo, ob funktionell für die PdL oder nicht, anderer Meinung als ein WProgramm WERDEN, – wenn das in den so wichtigen Fragen der FMärkte, Währungen usw. entscheidend weiterführte. Davon ist aber nichts, bzw. zuwenig zu sehen.
Lafontaines hat jetzt eine neue Idee. Diese ist u.a. bekräftigt worden durch die Argumentation von Wolfgang Streeck („Gekaufte Zeit“ Suhrkamp 2013).. Dessen Vorschlag, der auch von Fritz Scharpf entwickelt worden ist, greift Lafontaine zustimmend auf. Dass die Partei eine andere Beschlusslage hat, hat Lafontaine noch nie gekümmert, das kenne ich noch aus seiner Zeit bei der SPD. Auch bereits in der Debatte der späten 1980er Jahre (Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich) war Scharpf der Stichwortgeber und die SPD hatte damals eine andere Beschlusslage. Deshalb ist es ein wenig rührend, wenn Dominic Heilig Lafontaine darauf verweist, einen Änderungsantrag zu stellen. das hat Lafontaine noch nie getan. Ich finde aber etwas anderes interessant: Lafontaine kehrt mit der Übernahme von Positionen, die Streeck und Scharpf entwickelt haben, in diesen auf der Angebotsseite neoklassisch fundierten Bastardkeynesianismus zurück, der schon in dieser Zeit von Ende der 1980er jahre an sein ökonomietheoretisches Markenzeichen war. Die Jahre danach mit seinen Ökonomielehrer Heiner Flassbeck, der ihm makroökonomische Saldenmechanik beibrachte, sind vergessen. Eine gescheiterte Investition in Humankapital also. Jetzt beglückt er damit die Linkspartei. Ich frage mich, wann die wenigen Ökonomen in dieser Partei endlich den Mut haben, seinen Status als selbst ernannter Starökonom in Zweifel zu ziehen. Hegemonie ist, wenn die Herrschaft im Konsens mit den Beherrschten ausgeübt wird. Wer wagt es, Lafontaines (und Wagenknechts) Hegemonie in ökonomischen Fragen endlich auf den Prüfstand zu stellen?
..denke mal, dass für Oscar auch die Regularien der Partei gelten, oder steht er außerhalb jeglicher „Bindungen“ und kann machen was er will ?.., selbst wenn er Dinge kontrakarriert hat es für ihn keine „Auswirkungen“ … Sputnik eben…
Nö, will er nicht. Die AfD, Lafontaine und Sie aber offensichtlich schon. Was genau will denn das „griechische, spanische und portugisische Volk“? Gibt es in diesen Ländern Mehrheiten für einen Euro-Ausstieg? Oder ist den Menschen dort, so schlecht es ihnen ggw. auch geht, möglicherweise klar, dass ein Euro-Ausstieg alles andere als eine Lösung für ihre Probleme ist?
Was Herr Heilig tatsächlich fordert: Dass Oskar Lafontaine & Co. doch bitte offiziell Änderungsanträge stellen sollen, wenn sie mit dem derzeitigen Entwurf für das Wahlprogramm nicht einverstanden sind. Oder eben, wenn es dafür keine Mehrheit gibt, gleich zur AfD wechseln sollten, wenn sie sich dort besser aufgehoben fühlen.
Herr Heilig will also dem griechischen, spanischen und portugisischen Volk vorschreiben was es zu tun hat. Für wen arbeitet dieser Mann?