Seit Samstag darf man in der „Jungen Welt“ und in sozialen Netzwerken bewundern, wie spielerisch Die Linke an ihrer Selbstdemontage arbeitet. Nicht etwa die unbedachte Äusserung eines Hauptamtlichen auf seiner privaten Facebook-Seite ist hier das eigentlich Kritikwürdige, sondern das genüssliche Breittreten dieses Sätzleins in der Öffentlichkeit. Statt, wie man es eigentlich erwarten könnte, zum Telefonhörer zu greifen und die Unstimmigkeit auf dem kurzen Dienstwege zu regeln, nutzt der niedersächsische Spitzenkandidat und Wahlkampfleiter die ihm geneigte Presse, um eine Breitseite gegen den gesamten Reformblock abzufeuern. Man lässt auf einen Mitarbeiter, der ohnehin auf der Abschussliste der JW ganz oben steht, einschlagen und meint damit alle Genossen zu treffen, die nicht auf der eigenen linksreaktionären Linie sind.
Dass man dabei auch noch ein Versatzstück aus einer Mail der Parteivorsitzenden nutzt, um der journalistischen Auftragsarbeit mehr offizielles Gewicht zu verleihen, ist lediglich das Sahnetüpfchen. Angesichts der erwartbaren Aufregung in den verfeindeten Lagern, lässt man nun nachlegen. Genüsslich wird da aus Kommentaren der Fraktionskollegen zitiert, die sich – ob schlau oder unklug – in die hitzigen Debatten eingemischt haben. Wie man mit diesen Kollegen unter solchen Umständen weiterhin im Bundestag arbeiten will und mit welcher Stimmung man so zusammen einen Bundestagswahlkampf bestreiten kann, scheint zumindest Dehm und seinen Fans relativ egal.
Angesichts der prekären elektoralen Lage der Partei in Niedersachsen ist es wohlmöglich auch egal. Ob nun mit oder ohne Hilfe aus dem KL-Haus oder den Ostverbänden. Mehr als übersichtliche drei Prozent werden ohnehin nicht zu schaffen sein. Und dies dürfte zumindest für den Spitzenkandidaten zum Wiedereinzug in den Bundestag reichen. Für den Rest des Schlamassels sind dann die Schuldigen schon ausgemacht: Die grillenden Reformer aus dem Osten. Und die schlechte Aussendarstellung. Dass man es aber selber war, der aus dieser Winzigkeit einen Sturm im linken Wasserglas gemacht hat, übersieht man geflissentlich. Eine solche Strategie in Zeiten des Wahlkampfes dürfte durchaus mit einem beginnenden „Morbus Bahlsen“ erklärbar sein.
(mb)
Endlich ist es passiert:
Mark Seibert wurde heute fristlos gekündigt.
Blöd nur, daß er weit über 10.000 Beiträge von viereinhalbtausend eingetragenen Benutzern von linksaktiv in den Orkus geschickt hat. (Wobei ich sicher bin, daß noch (eine) Sicherungskopie(en) existieren, – es wäre vermutlich ratsam, sich als Partei diese zu sichern, notfalls durch Maßnahmen bis hin zu Hausdurchsuchungen. Neben der Verachtung für ihre Basis, die aus der Löschung spricht, fand nämlich kein Eigentumsübergang der geistigen Erzeugnisse statt, so daß Klagen auf Herausgabe dieser Erzeugnisse von sachlichem bzw. rechtlich-finanziellem Erfolg gekrönt sein dürften.)
Aber es besteht nun die Gefahr, daß die PdL erneut einen Propf in ihren Zerebralarterien installiert.
Danke. 🙂 Dann bin ich auch offen. Ich hatte und habe keinen realistischen Einblick in die Selbstdarstellungen Diethers in Niedersachsen. Wie er sich da quasi selbst in Szene gesetzt hat und eventuell noch tut, kann ich nicht objektiv einschätzen. Aber der große „Linksreaktionär durch und durch“ ist er nicht wirklich. Dass er HIER gerne so verkauft wird, stört mich einfach massiv, da es so einfach nicht der Wahrheit entspricht. Um nichts anderes geht es mir. Da wird jemand falsch und in gewisser Weise auch überbewertet.
Über Details lässt sich streiten – aber manche stilistische Übertreibung HIER geht zu weit.
Aber: „There’s no business like show business …“ 😉
Ich glaube wir diskutieren aneinander vorbei. Sicher ist es kein „linksreaktionärer“ Akt aus diesem oder jenen Kalkül einer politisch etwas näherstehenden Partei seine Stimme zu geben um damit beispielsweise eine Unionsmehrheit zu verhindern. Das habe ich 2002 auch gemacht, Das aber nicht nur aus dem Grund. Die PDS war für mich schon aufgrund des Bildes was sie 2001 bis 2003 abgab nicht mehr wählbar. Allerdings sind im Falle Dr. Dehm schon Fragen erlaubt. Schon deswegen weil er anscheinend Positionen die er 2002 durchaus noch für richtig hielt heute verketzert und mit allen Mitteln bekämpft. Ein ich nenne es mal pragmatisches Wahlverhalten gibts nicht nur bei den „Parteirechten“. Als in Rostock 2005 als Ablösung für Arno Pöker ein neuer OB gewählt wurde gaben nicht wenige „Parteilinke“ dem Populisten Roland Methling ihre Stimme. Irgendwie waren sie der Meinung der „alte“ Genosse(bis 1989) würde sich schon in „ihre“ Richtung bewegen. Man kannte sich ja schließlich. „Unsere“ Genossin Ida Schillen „hätte ja eh keine Chance “ . Heute möchte das am liebsten keiner von denen mehr wissen. 🙂
Wehrter Hans-Georg,
von dem in Ihrem Kommentar geschriebenen steht bei mir a) nichts und b) habe ich die Quelle angegeben und erläutert. Bitte genau lesen.
Es ist allgemein auch in (von der jW u. a.) sogannten „parteirechten“ Kreisen der LINKEN Usus in Rot-Rot-Grünen „Block-Perspektiven“ zu denken. Nach dem bisherigen Wahlrecht gab es nachvollziehbare wahlstrategische Überlegungen vieler wahlberechtigter Mitglieder und Sympathisant_innen der Partei und auch schon ihrer Vorgängerin, die Zweitstimme der Partei zu geben und mit der Erststimme Überhangmandate der SPD zu stützen oder zu helfen CDU-Überhangmandate zu verhindern. Das kann mensch vernünftig finden und auch wahlweise Verständnis für diese Haltung äußern – beides wäre kein „linksreaktionärer“ Akt.
Zuweilen setzen politisch aktive Menschen sich auch zu Beratungen in öffentlichen (Gast-)Räumen zusammen und diskutieren und positionieren sich. Quelle können dann im Regelfall nur Berichte der Augen- und Ohrenzeugen sein. Hier ist eine solche Original-Quelle vorliegend. 🙂
„… ihre Stimme gegeben.“
Im Jahre 2002 haben viele potentielle PDS-Wähler (und Mitglieder) in Anbetracht des Säbelrasselns der USA in Richtung Irak und der Unterstützung durch Unionskandidaten Stoiber und Frau Merkel der SPD oder den Grünen die sich seinerzeit gegen einen Irak-Krieg ausprachen gewählt. An einen Aufruf des damaligen stellvertretenden Parteivorsitzenden Dehm SPD zu wählen kann ich mich nicht erinnern. Erinnern kann ich mich nur daran daß die Partei unter anderem wegen der „Wachbuchaffäre“ in die Dr. Dehm direkt verwickelt war, des Gysi-Rücktritts in Berlin sowie des Parteiaustritts seiner Frau Andrea wegen des „Linksrucks“ der PDS unter Zimmer /Dehm in ziemlich unruhiges Fahrwasser geriet. Die Verantwortung für das Wahldesaster 2002 wurde dem damaligen Wahlkampfmanager Dietmar Bartsch zugeschrieben. Ich würde es auch begrüßen wenn für die Dehm-Äußerungen Quellenhinweise vorgelegt werden könnten.
Was soll die Frage? Gesagtes ist nie belegbar sondern nur hörbar. Wie ich schrieb zum einen eigenes Erleben (live) und zum anderen Erlebtes einer absolut integeren Persönlichkeit, die keine wirtschaftlichen Privatinteressen mit Parteipolitik verbunden hat und diese leider schon vor der Fusion verließ und damit sicherere Quelle als bekanntlich „geduldiges“ Papier ist, Frau/Herr jpsb. 🙂
Können Sie die Aussagen des letzten Absatzes belegen? Dann wäre eine Beantwortung der Frage sicher angebracht…
Selten so gelacht … und geweint. Bin eher entsetzt, da ich dem (m)obus (b)ahlsen doch eine überdurchschnittliche Prise „Hirn“ zubillige.
„nutzt der niedersächsische Spitzenkandidat und Wahlkampfleiter die ihm geneigte Presse, um eine Breitseite gegen den gesamten Reformblock abzufeuern.“ – Ich sehe da keinen Block angesprochen. Die Teile dieses imaginären Blocks sind selbst schuld, wenn sie sich so definieren wollen und entsprechend reagieren.
„Man lässt auf einen Mitarbeiter, der ohnehin auf der Abschussliste der JW ganz oben steht, einschlagen und meint damit alle Genossen zu treffen, die nicht auf der eigenen linksreaktionären Linie sind.“ – Wo wurde da „geschlagen“ und versuchsweise gar „abgeschossen“? Außerdem sollte ein_e mit „Hirn“ ausgestattete_r linksreformistisch agierender Pragmatiker_in in der Lage sein, die Rudimente eines ehemaligen HJ- und späteren FDJ-Organs in Bezug auf geschichtliche Entwicklung und heutigem Zustand maßvoll einzuschätzen. 🙂 Als einfaches rein ehrenamtlich wirkendes Mitglied der LINKEN und speziell des fds (!) muss ich doch sehr bitten.
Den Genossen/Herrn Autor möchte doch mal fragen, was an jemandem der im öffentlichen Raum als unternehmerisch aktiver stellv. Bundesvorsitzender einer anderen Partei für die Stimmabgabe zu Gunsten der Kandidat_innen der SPD aufgerufen hat (!) und nach glaubwürdiger Versicherung Dritter innerhalb einer Friedenspartei für die perspektivische Schaffung einer starken Europäischen Interventionsarmee (auch gegenüber der USA!) eingetreten sein soll, so wahnsinnig „LINKS“-reaktionär sein soll…
.. aber dich… oder ?
Hans-Georg
Lafontaine hat mit dieser Hetze und der Verharmlosung nichts zu tun. Ihr werdet einen anderen Anlaß finden.
Personen wie z.B. Wawzyniak, Bockhahn oder Sharma sollten wir nicht weiter ernst nehmen. Diese Art der Verharmlosung ist mehr als peinlich.
Der Osten wird es alleine auch nicht mehr schaffen. Solche Vorgänge werden auch in den neuen Länder stark kritisiert. Sind Sie der Chef, der bestimmt ob man schreiben darf oder nicht?
Sie machen sich komplett lächerlich Menzel. Was hat hat Lafontaine(bei aller Kritik meinerseits an seiner Person) mit der Auseinandersetzung zwischen Seibert und Dehm zu tun ? Warum bleiben Sie mit ihren Verschwörungsphantasien nicht einfach bei Facebook. Da kann ich Ihnen eine „feine“ Gruppe empfehlen bei der Sie sicher ein dankbares Publikum finden dürften . 😉
Wer sich ein bisschen in deutscher Geschichte und auch bei Stalin und Co. auskennt, dem kommt dieser Sprachgebrauch „Ausräuchern“ des politischen Gegners doch sehr bekannt vor.
Das – konkrete – Ausräuchern von Feinden beschrieb schon der griechische Historiker Polibios. Während der punischen Krieges setzten sich die Bewohner einer von den Römern belagerten Stadt so zur Wehr: Die Römer trieben unterirdische Gänge vor um die Mauern zum Einsturz zu bringen, die Belagerten ihrerseits gruben Gegengänge. Trafen diese auf den gegnerischen Gang wurde am Schachtanfang eines Gangs Feuer gelegt und der beissende Qalm mittels Blasebalg so in den Gang der Römer gepumpt..
da muss ich bronstein schomma recht geben.
Es geht um jeden Preis nur um D. Dehm. Wann ist Lafontaine wieder an der Reihe? Die Absicht ist klar erkennbar.
Gewisse Kraftausdrücke erinnern an das 3. Reich. Das hört man auch in den neuen Ländern. Die Verharmlosung ist unglaublich, egal wie man zu D. Dehm steht.
“ … auf der Abschussliste der JW ganz oben … “
wo Mark Seibert ganz gewiß hingehört, – nur hat die jW den Dehm leider nicht ebenfalls dahingehend nominiert.
wieso?
Herr Böhm behält sich natürlich Zensur vor.
Blödsinn ! Hier wird keine Sprachwahl verteidigt. Es geht darum daß Dr. Dehm aus einer niveaulosen Flapsigkeit welche im persönlichen Gespräch oder über Parteigremien zu regeln gewesen wäre aus politischem Kalkül eine Staatsaffäre macht. Im übrigen zeichnen sich Dr. Dehm und seine politischen Freunde auch nicht gerade durch eine gepflegte Sprachwahl aus.
Mittlerweile gehört es aber zum „normalen“ Umgangston unter linken Funktionären ihre Differenzen über diverse Medien oder Gerichte auszutragen. Es gab Zeiten da wurde sowas „unter Männern“ geklärt und gut wars.
http://www.brauchwiki.de/Ausr%C3%A4uchern_(Silvester)
nicht immer von den eigenen gewaltphantasien auf andere schliessen 😉
WAS HAT DER WOCHENSCHAUSPRECH („ausräuchern“/ siehe auch „Der Kessel von Briansk usw. wird ausgeräuchert“) von diesem Seibert mit einer emanzipatorischen, kritischen Linken zu tun? Und wieso wird so eine Sprachwahl hier verteidigt und der Benutzer so einer Sprache auch noch zum Opfer einer herbeihalluzionierten Verschwörung erklärt?
Herr Menzel,wenn ich die Ihrigen lese weiß ich warum ich mir die Zeit von vor 2005 zurückwünsche. Schon um nicht mehr mit Ihnen in der selben Partei zu sein. 😉
Hans Georg
Dein Kommentar ist nur noch eine grenzenlose Eierei. Völlig daneben.
@ Wolfgang Menzel Diese „unbedachten Äußerungen“ lassen sich auf drei Arten verarbeiten. Erstens : Der Angegriffene sucht das klärende Gespräch mit Mark Seibert. Zweitens: Bringt das nichts oder Mark Seibert verweigert sich einem Gespräch gibt es entsprechende Gremien in der Partei. Drittens: Man macht aus einer Mücke einen Elefanten. Sprich man bringt die Sache an die „Junge Welt “ und gleichzeitig seine Wadenbeißer in diversen sozialen Netzwerken in Stellung.
Der Weg des Dr. Dehm zeigt daß er nicht auf Klärung sondern nur auf billige Stimmungsmache aus ist. Daß er damit letztlich die Fronten zwischen Ost-und Westlinken weiter verhärtet interessiert ihn nicht. Hauptsache er hat seinen großen Auftritt.
Lothar Bisky ist vor einigen Monaten von „Parteilinken“ in wesentlich menschenverachtenderer Weise angegriffen worden ohne daß in der Partei mit einer derartigen Aufregung reagiert wurde.
Keine Sorge, Wolfgang Menzel, dies kann und wird nicht passieren! Egal, welches miese Wahlergebnis die niedersächsischen Linken auch einfahren: der Osten wirds schon richten, daß Doktor Diether Dehm-Dubois weitere vier Jahre Bundestagstantiemen beziehen wird.
Drecksblatt, ausräuchern und grillen sind offensichtlich unbedachte Äußerungen oder Winzigkeiten, einfach unglaublich.
Ich habe insgesamt die Sorge, dass Mark Seibert nur etwas ausgesprochen hat, was maßgebliche „Vertreter“ aus den ostdeutschen Landesverbände sich insgeheim (?) wünschen und gegebenenfalls anstreben, in der nächsten Fraktion „unter sich“ zu sein. Dies kann und wird nicht passieren. Denn wir können nur gemeinsam gewinnen oder werden gespaltet verlieren.