Riexinger im Sommerloch

Nur noch 73 Tage trennen Die Linke von der Bundestagswahl und der hessischen Landtagswahl. In 66 Tagen werden bereits die Bürger des bayerischen Freistaates zu den Wahlurnen gerufen. Linkenchef Bernd Riexinger ist daher bis zum 24. Juli auf seiner Sommertour durch Deutschland, um den Sozialisten vor Ort zu dem Schwung zu verhelfen, den sie angesichts der letzten Wahlniederlagen so dringend nötig haben. Bislang leider mit eher zweifelhaftem Erfolg.

So konnte der Stuttgarter Gewerkschafter und Vertraute von Oskar Lafontaine in Frankfurt noch nicht einmal mehr ein Dutzend Menschen versammeln, als er zusammen mit den hessischen Spitzenkandidaten Willi van Ooyen ein Großtransparent an der Hauptwache enthüllte. Da wurde selbst das kurze Gespräch mit Betriebsratsmitgliedern des nahen Karstadt zu einem wahlkämpferischen Höhepunkt. „Das war schon super, gigantisch“, soll Riexinger nach einem Bericht des „Tagesspiegel“, danach bei seinem flüssigen Mittagessen gejubelt haben. Warum allerdings in der Stadt, in der die hessische Fraktionsvorsitzende Wissler auch den Kreisverband leitet, wenige Wochen vor der entscheidenden Landtagswahl und der Bundestagswahl offensichtlich die eigene Parteibasis und die interessierten Wähler ausbleiben, hat ihn nicht zum Nachdenken angeregt.

Immerhin kämpft Die Linke in Hessen nicht nur um die Entsendung ihrer Genossen in den Bundestag, sondern vor allem auch um den Wiedereinzug in den Landtag. Bislang dürfte letztgenanntes Projekt noch zum Scheitern verurteilt sein. Die in Umfragen ermittelten 4% auf Landesebene scheinen angesichts der ausbleibenden Resonanz auf der Strasse eher noch zu hoch gegriffen. Dass man damit möglicherweise auch das Bundestagswahlergebnis nachhaltig negativ beeinflusst, scheint beim obersten Genossen noch nicht wirklich angekommen zu sein.

Und wenn die ausbleibende Zustimmung der Wähler noch nicht ausreicht, um kurz vor der Wahl für schlechte Stimmung zu sorgen, schafft die Partei dies auch ganz alleine. So sollte Riexinger vor wenigen Tagen auch im Saarland auftreten, um dort die heisse Phase des Wahlkampfes einzuläuten und wenigstens in diesem westlichen Bundesland die Chance auf ein Ergebnis über der Fünfprozent-Hürde zu sichern. Da allerdings nun schon zum zweiten und letzten Male der falsche Kandidat, nämlich Thomas Lutze, zum Spitzenkandidaten gekürt wurde, fand sich im Terminkalender ein Konflikt, der es Riexinger unmöglich machte, den „Feind“ seines „Freundes“ Lafontaine im Wahlkampf zu pushen.

Beide Anekdoten aus dem beginnenden Wahlkampf sind für sich genommen im Grunde nur Pausenfüller im politischen und journalistischen Sommerloch. Angesichts der Lage, in der sich besonders die Westverbände der Linken befinden und unter dem Eindruck der letzten massiven Niederlagen bei Landtagswahlen, dürften sie aber Teile eines Gesamtbildes sein, das für die Zukunft der Linken als gesamtdeutsche Partei nichts Gutes verheisst. Daran werden auch die nächsten Tage und Wochen der, ausschliesslich in Westdeutschland stattfindenden, Sommertour des weithin unbekannten Vorsitzenden der Sozialisten nichts ändern.
(mb)