Am heutigen Abend um 19.10 Uhr strahlt das ZDF sein Sommerinterview mit Gregor Gysi, dem Chef der Linksfraktion, aus. Gysi, der auch Spitzenkandidat der Berliner Landesliste ist, wählte dafür das Stadion von Union Berlin in seinem Berliner Heimatbezirk. Dort in Treptow-Köpenick kämpft er derzeit auch um die Verteidigung seines Direktmandates. Angesichts der Umfragewerte, die zumindest rechnerisch, einen Regierungswechsel nur unter Beteiligung der Linken möglich sehen, war die mögliche Zusammenarbeit mit der SPD auf Bundesebene eines der Hauptthemen des Interviews.
Nachdem bereits SPD-Chef Gabriel zumindest den ostdeutschen Landesverbänden der Linken bescheinigt hat, dass er sich mit ihnen eine Koalition auch auf Bundesebene vorstellen könne, legt Gysi nun nach. Er ist dafür, dass seine Partei auf ein ernstgemeintes Angebot der SPD und der Grünen eingehen sollte. In diesem Falle „müssten wir sehr inhaltliche Gespräche führen, da müsste man sehen, was alles zusammen geht“, so Gysi. Allerdings müsse die SPD dazu wieder sozialdemokratisch werden.
Die Haltung der Linken zur Sicherheits- und Aussenpolitik definiert Gysi mit Rücksicht auf die SPD deutlich pragmatischer. Ein Auslandseinsatz sei für ihn kein Kriegseinsatz. Erst dieser wäre eine Haltelinie, die mit der Linken nicht überschritten werden dürfe. Der in seiner Partei geforderte Austritt aus der NATO oder deren Auflösung wäre derzeit ohnehin politisch nicht durchsetzbar. Er selber findet die Vorstellung eines Tages Aussenminister zu sein immer noch „Gar nicht schlecht“.
Einer möglichen Tolerierung einer SPD-geführten Minderheitsregierung steht Gysi ablehnend gegenüber. „Tolerieren ist langweilig. Entweder ist man in der Regierung oder in der Opposition. Ich will es richtig.“, macht Gysi seine Haltung gegenüber dem ZDF klar. Bereits in Berlin war Gysi in der Anfangszeit des Rot-Roten Senates an einer solchen Koalition mit der SPD beteiligt. Nach aktuellen Umfragen hätte Rot-Rot-Grün einen leichten Vorsprung von vier Prozentpunkten vor der CDU, die mit 41% gewertet wird. Die FDP könnte im September immer noch an der Fünfprozent-Hürde scheitern und damit tatsächlich die von Gysi favorisierte Koalition als möglich erscheinen lassen.
(mb)