Westpakete für Nešković

Auch im brandenburgischen Wahlkreis Cottbus/Spree-Neiße geht der Bundestagswahlkampf in seine heisse Phase über. Bemerkenswert ist hier, dass die offizielle Kandidatin der Linken, die Landtagsabgeordnete Birgit Wöllert, sich einem Konkurrenten gegenüber sieht, der noch bis vor wenigen Monaten Mitglied der Linksfraktion im Bundestag war. Ex-Bundesrichter Wolfgang Nešković, der im Dezember letzten Jahres im Streit aus der Linksfraktion ausgetreten ist, möchte wieder, wie 2009, das Direktmandat erringen. Nur diesmal ohne die Unterstützung der Partei, deren ostdeutschen und reformbereiten Flügel er in der Vergangenheit immer aufs Schärfste „von links“ kritisiert hat.

Als Einzelkämpfer um ein Mandat im Bundestag muss sich der aus Lübeck stammende Nešković enorm strecken. So rechnet er mit Kosten von 100.000 Euro für seinen Wahlkampf und baut auf prominente Unterstützer. Dazu zählt beispielsweise das CSU-Mitglied Hermann Graf von Pückler, mit dem Nešković die Kritik am Braunkohleabbau und der Politik der Rot-Roten Landesregierung in Brandenburg teilt. Aber Nešković kann zusätzlich auf prominente Wahlkampfhilfe aus den Reihen der Linken bauen.

Am 2. September diskutiert er mit Sahra Wagenknecht, der stellvertretenden Vorsitzenden von Partei und Fraktion und Spitzenkandidatin der NRW-Linken, und mit Peter Gauweiler über die Möglichkeit oder Unmöglickeit der Rettung des Euros. Ein Thema, das Wagenknecht schon erfolglos zusammen mit ihrem Lebensgefährten Lafontaine in den Mittelpunkt der Wahlkampagne ihrer eigenen Partei stellen wollte.

Nur eine Woche später trifft sich die Spitzenkandidatin der hessischen Linken, Sabine Leidig, mit Nešković, um in Spremberg über den Klimawandel und die schädlichen Auswirkungen fossiler Energie zu sprechen. Zum vorläufigen Höhepunkt reist dann noch der ehemalige Bundesvorsitzende Klaus Ernst zur Wahlkampfhilfe nach Cottbus, um am 11. September unter dem Motto „100% Sozial!“ – übrigens der Wahlslogan der Partei Die Linke – über Arm und Reich und die Wiederherstellung sozialer Gerechtigkeit zu parlieren.

Bei solch prominenter Unterstützung aus der Partei seiner direkten Konkurrentin, dürfte Nešković zumindest die Chance haben, der Linken und ihrer Kandidatin die Stimmen abspenstig zu machen, die für die Verteidigung des Wahlkreises nötig sein werden. Damit dürfte sich auch das erfüllen, was sich die anreisenden Westlinken erhoffen. Nämlich eine Schwächung der aus ihrer Sicht in der neuen Fraktion – und der Partei überhaupt – zu starken ostdeutschen Pragmatiker.

Und Sahra Wagenknecht und Klaus Ernst, die im „SpitzenachterDie Linke im Wahlkampf anführen, dürften sich anrechnen lassen, eine Novität in einem bundesdeutschen Wahlkampf eingeführt zu haben: Die direkte Unterstützung eines fremden Kandidaten durch Auftritte in seiner Kampagne. Veranstaltungen mit der Kandidatin ihrer eigenen Partei sind zumindest von Wageknecht, Leidig und Ernst nicht geplant. Nicht verwunderlich, stand Nešković ihnen doch ohnehin immer näher, als die eigenen Genossen aus den ostdeutschen Bundesländern.
(mb)

2 Kommentare

  1. … es ist immer wieder interessant festzustellen “ wie abwegig man sein kann“.. und wie sich dadurch Dinge ordnen…

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