SPD-Linke fordern Basisentscheidung und Gysi will Linke und SPD auf Koalition vorbereiten

Wie der „Spiegel“ vorab berichtet, fordern führende Vertreter des „Berliner Kreises“ der SPD-Linken, dass im Falle einer möglichen Grossen Koalition die Mitgliedschaft der SPD vor der Aufnahme von Koalitionsgesprächen befragt werden soll. Bislang hatte die SPD-Führung nur erklärt, dass am Dienstag nach der Wahl ein Parteikonvent über die Ergebnisse der Wahl beraten und eine erste Handlungsempfehlung vor der am nächsten Tag stattfindenden Fraktionssitzung abgeben solle. Die Vertreter der SPD-Linken – unter ihnen der Berliner Landesvorsitzende Stöß und die Sprecherin des Forums Demokratische Linke, Mattheis – gehen davon aus, dass die Basis Verhandlungen mit der CDU eine klare Absage erteilen würde. Sie fürchten, dass die SPD in einer Grossen Koalition noch weiter marginalisiert werden könnte.

Der Fraktionschef der Linken, Gregor Gysi, erwartet zunächst eine Grosse Koalition, die sich aber nur für eine Weile zusammenraufen werde, weiss der „Spiegel“ zu berichten. Da es in „in der SPD krachen“ werde, müsse man über „kreative Lösungen“ nachdenken. Er schlägt gemeinsame Arbeitsgruppen von SPD und Linken vor, die gleich nach der Wahl daran arbeiten sollen Kompromisslinien zu sondieren, um auf das Scheitern der Grossen Koalition vorbereitet zu sein. Für die dann mögliche Rot-Rot-Grüne Koalition fehle es aber derzeit noch an gesellschaftlicher Akzeptanz. Um diese aufzubauen sei viel mehr Psychologie als Parteipolitik nötig, so Gysi. Auch Fraktionsvize Dietmar Bartsch sieht den Zug für Rot-Rot-Grün „für dieses Mal“ abgefahren. Er sehe allenfalls „kreative Lösungen“ wird er im Magazin „Cicero“ zitiert.
(mb)

4 Kommentare

  1. Michael Wendl,…in Deinen Kernaussagen hast Du sicherlich im wesentlichen Recht, …doch lass sich mal Dinge bei den Linken und der SPD entwickeln…..denke mal, beide „Parteien“ müssen „abrüsten“ und neue (gemeinsame) Wege gehen, ohne ihre „Besonderheiten“ zu negieren, sondern sich gegenseitig akzepieren.. nur so können neue, zukunftsweisende gesellschaftliche Veränderungen erreicht werden…. (aber, mit verlaub, in der SPD, sehe ich, in den entscheidenden Gremien, auch keine „konsenzorientierte Politiker“)

  2. Das erste Problem, dass die SPD mit der Linkspartei hat, besteht darin, dass bestimmte inhaltliche Positionen, die die Linkspartei in der Frage der internationalen Beziehungen vertritt, nicht politikfähig sind, eine rot-rot-grüne Regierung sehr schnell außenpolitisch handlungsunfähig wäre, wenn sie den linken Partner hier ernst nimmt. Das zweite Problem hängt mit dem selbst angemaßten Habitus von Teilen der Linkspartei als einer politischen Avantgarde, die völlig beratungsresistent ist und sich selbst in der Rolle des Heilsbringers, des Verkünders von „Sozialismus als Religion“ sieht. Mit solchen Menschen ist es grundsätzlich schwer, zusammen zu arbeiten. Aber wie sollen Parteien mit einer Partei zusammenarbeiten, die sie in wichtigen Fragen noch nicht einmal ernst nehmen und auch nicht ernst nehmen sollen? Ich sehe das an dem sog. Gewerkschaftsflügel der Linkspartei. Dieser wird in den Gewerkschaften selbst weder ernst, noch wahr genommen, gerade weil er meint, er sei eine Art von intellektueller Avantgarde in bestimmten Gewerkschaften. Diesen Habitus muss die Linke erst noch abstreifen, bevor sie als möglicher politischer Partner akzeptiert wird.

  3. Der „Berliner Kreis“ der SPD-Linken drängt darauf, alle SPD-Mitglieder vor Aufnahme von Koalitionsverhandlungen zu einem Bündnis von Union und Sozialdemokraten zu befragen.

    Es stellt sich allerdings die Frage, wie stark denn der Einfluss die SPD-Linken ist, dass aus dem Drängen eine tatsächliche Befragung wird und mit einer Art Urabstimmung die Parteibasis abschließend entscheiden kann, ob die SPD eine große Koalition eingehen soll oder nicht.

    Der „Berliner Kreis“ hatte bisher nur sichern wollen, dass in einer SPD-Regierung Vertreter des „Berliner Kreises“ ein lauschiges Plätzchen erhalten.

    Das sind demnach zwei paar „Berliner-Kreis“-Schuhe. Zum einen geht es um die eventuelle Stärkung der Basis und zum anderen um die Absicherung der linken SPD-Upper-Class.

    Dass der Parteikonvent über die Ergebnisse der Wahl beraten und eine erste Handlungsempfehlung aussprechen soll und der „Berliner Kreis“ bloß anstrebt, die Mitglieder zu befragen, ist bis jetzt lediglich Wischiwaschi-Scheindemokratie und wenn keine klare Aussage kommt, dass die Basis definitiv unmittelbar nach der Wahl abstimmt, ist der Mitbestimmungs-Heißluft-Wirbel eher als Herrschaftsinstrument der Parteioberen und perfide Mitmachfalle einzuordnen.

    Die mir bisher also nur simuliert erscheinende Mitgliederbeteiligung soll meines Erachtens nur die Akzeptanz für die eventuelle große Koalition erhöhen, die ohnehin geplant ist.

    Der angeblich neue Weg, den die SPD mit der faktisch noch gar nicht spruchreifen Mitgliederbeteiligung gehen will, wäre ein Paradigmenwechsel, den ich in der SPD mit ihrem derzeitigen Personaltableau absolut nicht erkennen kann.

    Die scheinbar neue Partizipationskultur soll lediglich das Widerstandspotential gegen eine erneute große Koalition neutralisieren und die „Demokratisierung der Sozialdemokratie“ mit ihrer Mitbestimmungsfalle entlarvt sich als Stützten und Schützen der längst im Hinterstübchen beschlossenen großen Koalition.

    Den Optimismus des Berliner Landesvorsitzenden Stöß und der Sprecherin des Forums Demokratische Linke, Mattheis, dass die Basis Verhandlungen mit der CDU eine klare Absage erteilen würde, kann ich daher nicht als belastbar begründet anerkennen.

    Die beiden fürchten allerdings zu Recht, dass die SPD in einer großen Koalition noch weiter marginalisiert werden könnte. Das ist der SPD-Führung aber völlig einerlei, wie sonst würde sie die Agenda 2010 permanent als Jahrhundertwerk der Sozialdemokratie feiern, zumal sie den Münteferingspruch, dass Opposition Scheiße sei, total verinnerlicht haben und wahrscheinlich bereits die Agenda 2020 fertig ausformuliert in der Schublade liegen haben.

    Und Nachrichten und Meinungsumfragen tun ihr Übriges: Dass die SPD trotz einer möglichen Regierungsbeteiligung erneut in die Opposition gehen wird, halten lediglich 8 Prozent der Befragten für wahrscheinlich und 65 Prozent lehnen eine Koalition aus SPD; Grünen und Linkspartei rundweg ab.

    Zumal also von der gesellschaftlich Akzeptanz für eine rot-rot-grüne Koalition bestenfalls ein lauer Spätsommerhauch zu verzeichnen ist, sehe ich den stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der Linkspartei im Bundestag bei der sicheren Einschätzung, der rot-rot-grüne Zug sei abgefahren und werde auch nicht in absehbarer Zeit in Fahrt kommen.

    Die Gysische gewagte, um nicht zu sagen irrlichternde Konstruktion, die große Koalition fliege schon bald auseinender und Rot-Rot solle schon mal vorsorglich die positiven Schnittmengen der sozialen Demokraten und der demokratischen Sozialisten bestimmen und die Kompromisslinien sondieren, um sich dann wollüstig und ohne Zeitverzug in das Abenteuer ROT-ROT-GRÜN zu stürzen, ist eher als eine Bestätigung der SPD-Behauptung zu sehen, der Linkspartei fehle die Regierungsfähigkeit, denn für einen ernstzunehmenden Motivationsschub für die stagnierende Linkspartei fehlt der gysischen Voodoo-Beschwörung die Überzeugungskraft.

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