[Update] Im Schulterschluss mit Assad in den Wahlkampf

Die Linke wird in der öffentlichen Wahrnehmung zu Recht immer noch als in West und Ost gespaltene Partei wahrgenommen. In nur wenigen Wochen wird sie dies bei der Bundestagswahl wieder unter Beweis stellen. Während sie im Osten immer noch als Volkspartei Ergebnisse jenseits der 20% wird vorweisen können, dümpelt sie im Westen der Republik zwischen 2 bis bestenfalls 6%. Geschuldet ist dies vor allem einem Personal, das nicht müde wird den Beweis zu führen, dass man die Genossen aus guten Gründen noch nicht einmal in die Nähe von (Mit)Regierungsverantwortung lassen sollte. Aktueller Anlass zur Zeit ist die Haltung der selbst erklärten Friedenspartei zum Bürgerkrieg in Syrien.

Wolfgang Gehrcke, der als Friedenspolitiker der Fraktion gilt und auf dem zweiten Platz der hessischen Landesliste wieder in den Bundestag einziehen will, hat schon in der Vergangenheit bewiesen, dass sein Friedenskampf an der Seite der Unterdrückten gegen den Westen, den Imperialismus, die USA und besonders auch Israel geführt wird. Am Samstag wird Gehrcke auf einer Demonstration in Frankfurt diesen Kampf um die Lufthoheit in der Friedensbewegung wieder einmal führen können.

Auf der Veranstaltung mit dem Titel „NATO, Golfmonarchien, Israel: Hände weg von Syrien!“ dürfte man neben den zahlreichen Assad-Porträts und Fahnen eine differenzierte Sicht auf den Konflikt vermutlich vergebens suchen. Die Schuldigen für das Leid der Bevölkerung sind, wie auch schon in Libyen, dem Irak, Palästina und anderen Orts, bereits ausgemacht. Gehrcke wird hier also durchaus ein Heimspiel unter den Verehrern einer blutigen Diktatur haben.

Dass natürlich Israel, als langjähriger Hauptfeind der linken, westdeutschen Friedensfreunde in der Partei Die Linke, wieder sein besonders Fett abbekommt, dürfte nicht weiter verwundern. Die Organisatoren selber fassen die Lage in Syrien daher auch wie folgt zusammen: „Nach dem Gesetz des Dschungels bombardiert die israelische Luftwaffe Syrien entgegen jedem internationalen Recht – und droht mit der militärischen Zerstörung, sollte Syrien es wagen, sich zu wehren“. Dass Assad mit allen Mitteln seiner hochgerüsteten Armee gegen Teile der eigenen Bevölkerung vorgeht, ist noch nicht einmal eine Randnotiz wert.

Gehrcke führt damit aber ohnehin nur das fort, was er und seine westdeutschen Fraktions- und Parteigenossen seit Jahren umtreibt. Das Ausleben ihrer mittlerweile pathologischen Obsession eines abgrundtiefen Hasses auf die USA, die westliche Wertegemeinschaft und im Fahrwasser dessen das Bedienen latent antisemitischer Ressentiments der linksextremen westlinken Resterampe. Wenige Wochen vor den Wahlen dürften solche Friedensgesten von Teilen der Linken allerdings für mehr Unmut sorgen als üblich.

Ein militärisches Eingreifen in Syrien wird von allen anderen Parteien, egal ob SPD oder CDU, momentan nur als letztes Mittel überhaupt angesehen. Selbst die Kanzlerin fordert alle diplomatischen Optionen zu prüfen und präferiert Verhandlungen statt Bomben. Die Linke kann sich in dieser friedlichen Einstimmigkeit der demokratischen Parteien, die die Stimmung in der Bevölkerung spiegelt, tatsächlich nicht weiter profilieren und über den Syrienkonflikt weiteres Wählerpotential mobilisieren.

Dies mag gerade für die Westlinke angesichts ihrer elektoralen Schwäche bedauerlich sein. Der Sache, nämlich dem Umgang mit der Frage wie sich die Bundesrepublik in diesem Konflikt positioniert, dürfte es gut tun, dass dieser nicht als Wahlkampfmittel missbraucht werden kann. Dass Die Linke, viel mehr ihre westdeutschen Protagonisten, hier keinen elektoralen Nektar saugen kann, dürfte zumindest in der Berliner Zentrale klar sein. Nur, gebremst werden Gehrcke und seine Friedensfreude, wie so oft, leider nicht.

Schon fordert das Leib- und Magenblatt der Westlinken die Aufgabe der Zurückhaltung der Linken. Und lässt Werner Pirker die Stossrichtung des zu entfachenden Friedenskampfes vorgeben:

Der Krieg gegen Syrien wird keine Massenproteste auslösen. Auch das Gros der Linken dürfte sich vornehm zurückhalten. Auch deshalb, weil viele zwischen Revolution und Konterrevolution in der arabischen Welt nicht zu unterscheiden wissen und deshalb Sympathien für die Aufständischen empfinden, obwohl die im engen Bündnis mit Imperialisten, Zionisten und arabischer Reaktion agieren.

Zumindest Gehrcke lässt sich mit seinem geplanten Auftritt am Samstag darauf ein. Es ist zu befürchten, dass andere Genossen wie Höger, Jelpke, Dagdelen oder Hunko es sich nicht nehmen lassen werden auch in diesem Schmierentheater mitzumischen.

Die Strategie der Parteiführung, die sich SPD und Grünen mehr oder weniger geschickt als Mehrheitsbeschaffer andienen will, dürften die Genossen damit auch gleich wieder in die Tonne treten. Sind es doch gerade diese Ausfälle der Westlinken, die eine Rot-Rot-Grüne Machtoption auf Dauer zu einem rechnerischen Phantasiegebilde degradieren. Der Spitzenkandidatin der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, ist in diesem Sinne nur zuzustimmen, wenn sie feststellt: „Würden wir mit den Linken regieren, wären wir in der Außen- und Europapolitik isoliert“.

Attestiert sie richtigerweise, dass Teile der Linken einen Europa-Kurs fahren, „der schon als national-chauvinistisch bezeichnet werden kann“, muss man mit Blick auf die linke Friedenspolitik westlich der Elbe feststellen, dass diese immer wieder Gefahr läuft, sich in einem Antiamerikanismus und Antizionismus zu verheddern, der die Unterschiede zwischen links und rechts verschwimmen lässt. Genossen wie der Bundestagsabgeordnete Gehrcke dürften daran zumindest nicht ganz schuldig sein. Dass er sich nicht auch noch an dem von Jürgen Elsässer ausgelobten Preis für den Abschuss des ersten US-amerikanischen Bombers beteiligt, sorgt da nur kurzfristig für Erleichterung. Die Quittung aber wird in wenigen Wochen serviert. In Hessen, Bayern und dem westlichen Bundesgebiet dürfte sie nicht erfreulich ausfallen.
(mb)

[Update]
Wie erwartet, sammelt sich nun der Rest der friedensbewegten Westlinken, um „Widerstand gegen einen neuen imperialistischen Krieg im Nahen Osten“ zu leisten. Mit einem Aufruf unter dem Titel „NEIN zum Syrienkrieg!“ wenden sich Dagdelen, Dehm, Gehrcke, Wagenknecht, Lafontaine und weitere Spitzengenossen gegen die „offenen Kriegsdrohungen der USA, Großbritanniens, Frankreichs und der Golfdiktaturen“. In einem zehnteiligen Forderungskatalog wird von der Einstellung der Waffenlieferungen an Israel bis zum Austritt aus der NATO ziemlich alles gefordert, was dem linken Friedensfreund unter den blutroten Nägeln brennt. Wer die Forderung danach vermisst, dass das Assad-Regime das Töten der eigenen Bevölkerung einstellen soll, hat sich nicht verlesen. Solch eine Forderung würde dem Freundeskreis von Assad in der Linken nie einfallen. Warum auch.

12 Kommentare

  1. Joerg Prelle, danke für den Hinweis auf den Beginn des Aufstandes, hatte ich längst nicht mehr auf den Schirm.

  2. Wohnig, Sie haben`s auf den Punkt gebracht.
    Wenn ich in die diversen Blogs schaut, in denen sich unsere Friedensapostel austoben, kann ich mich manchmal des Eindrucks nicht erwehren, dass einige dieser Friedenskämpfer nichts sehnlicher wünschen, als einen Militärschlag der USA u.a. wünschen.Damit sie recht behalten, ihr altes und seit Jahrzehnten unverändertes Feind- und Freundbild nicht ändern müssen.
    Als vor Ostern die nordkoreanische Atombombendrohung im Raum stand, war dies dem PDL- Bundestagskandidaten für den Wahlkreis Gütersloh, in seinem „Aufruf“ zum Ostermarsch keine Silbe wert.
    Kein Wort jetzt zur Drohung des Iran im Falle eines Militärschlages, Tel Aviv mit einem Hagel von Raketen zu überziehen.

  3. Um Wohnig zu bestätigen und zu präzisieren: Der Anfang des Krieges in Syrien hat einen Ort und einen Zeitpunkt:
    Die Miltitäraktion des Assadregimes gegen die Bevölkerung von Dar’aa am 25. April 2011. Dies müsste folglich auch jeder Erklärung zu Syrien gerade der LINKEN vorangehen („Maß unserer Politik ist der Mensch“). Dies nicht zu tun ist eben besagte „Lüge, mit der jeder Krieg anfängt“. In diesem Fall ‚unsere‘ Lüge.

  4. Jeder Krieg beginnt mit einer Lüge, mit einem Lügenkonstrukt. Für letzte Beispiele sind wir alle Zeitzeugen.
    Genauso wie ich Assads Krieg gegen die eigene Bevölkerung, den Giftgaseinsatz in diesem Krieg, egal von welcher Seite, die Bombendrohung von Amerika für abscheulich halte, ist die 10 Punkte- Erklärung einiger Linken- Abgeordneter unerträglich. Als Punkt 1 hätte die Verurteilung von Assad vorangestellt werden müssen, unschwer kann man aus der Sematik auch eine Unterstützung von Assad heraus lesen. Wieder ist es der gleiche Kreis der bereits vor geraumer Zeit einen Aufruf verfasste und dies dann als Missverständnis relativierte. Dies alles geschieht immer im Namen der Linken, das ist und die sind NICHT meine Partei – ich widerspreche ausdrücklich diesem Aufruf. Noch einmal: Diese kakophonischen Linken sollten endlich die Partei verlassen, sich eine andere Spielweise suchen und sich den Relikten der verbliebenen Splitter- Ultras anschließen. Im Übrigen schreiben wir die Jahreszahl 2013.

  5. Es ist meines Erachtens mitnichten eine „instrumentelle Mobilisierung alter Reflexe“, wenn festzustellen ist, dass trotz der seit über zwei Jahren andauernden innersyrischen Konflikte, dieser humanitären Katastrophe mit mehr als 100 000 Toten, mehr als einer Million aus dem Land Geflohenen und mehr als vier Millionen innerhalb Syriens auf der Flucht befindlichen Zivilisten, der Friedensnobelpreisträger und Oberbefehlshaber der amerikanischen Streitkräfte Mubarak Obama, mit der Parole Bestrafen mit Waffen bzw. Frieden schaffen mit Waffen, sich erst vor einem Jahr mit seinem berühmt-berüchtigten „rote Linien-Überschreitungsverbot“ in Szene setzte und nach einem weiteren Jahr – mit einem ausschließlich vom amerikanischen Geheimdienst als belastbar nachgewiesen behaupteten Giftgas-Anschlag des Assad-Regimes – einen Raketenangriff auf das syrische Volk optioniert, obwohl dieser völkerrechtlich überhaupt nicht legitimiert wäre und auch nicht von der NATO legalisierbar ist, wie es die Bundeskanzlerin Merkel irreführend zu verkaufen versucht.

    Wer wie die USA, die Welt in den Irak-Krieg hineingelogen hat, dem kann man in einer vergleichbaren Situation wie derzeit in Syrien nicht glauben, zumal der Bericht der Uno-Beobachter erst in 14 Tagen bis drei Wochen wohl objektiver als der US-Geheimdienst bestätigen oder dementieren können wird, wie intensiv der Giftgasanschlag geführt wurde und wer die Attacke gegen die Menschlichkeit ausgeführt hat.

    Übrigens äußert Carla del Ponte, die ehemalige Chefanklägerin des Internationalen UN-Jugoslawien-Tribunals, die mitnichten als Assads Gschpusi verdächtigt werden kann, den fast schon verschwörungstheoretisch anmutenden Verdacht geäußert, das Nervengas Sarin sei vom Paramilitär der unversöhnlichen Opposition angewendet worden.

    Obama will aus nicht erklärten Gründen den Uno-Bericht nicht abwarten, sondern den Aufschub der geplanten Kriegshandlung gegen die syrische Bevölkerung lediglich noch von der Abstimmung des cohabitanten amerikanischen Kongresses abhängig machen, obwohl er dank des semipräsidialen amerikanischen Präsidialsystems weder das Plazet des demokratisch beherrschten Senats, noch die Zustimmung des von den Republikanern dominierten Abgeordnetenhauses für einen Angriffsbefehl bräuchte.

    Die Kritik am imperialen Habitus Obamas, der ohne die treueste aller Vasallinnen, der abgehalfterten ehemaligen Kolonialmacht Großbritannien, aber mit dem gewaltigen Kapital von Saudi-Arabien und Katar als „instrumentelle Mobilisierung alter Reflexe“ zu diffamieren, finde ich ziemlich verwegen, aber durchaus archetypisch für transatlantische Bündnisjubelperser, die sich trotz der schleppnetzartig abgefischten Daten der von Amerika als drittklassig eingeschätzten Freunde, total masochistisch, identitätslos aber gerne selbstbeweihräuchernd als realpolitisch, bündnispartnerisch und international verlässliche Genossen in den siebten Himmel des Sozialismus heben..

    Der amerikanische Präsident gibt immerhin ehrlich und unumwunden zu, dass er sich von nichts anderem, als den Interessen Amerikas leiten lässt, er daher auch völkerrechtswidrig ohne UN-Mandat und im Alleingang einen Angriffskrieg für die speziell amerikanische Lesart der Humanität führen will, wie der Napalmangriff in Vietnam mit der Verbrennung der Zivilisten bei lebendigem Leibe ja auch ein Akt der tief empfundenen Menschenwürde seitens der US-Streitkräfte gegenüber Menschen mit anderen, als amerikanischen Lebensentwürfen war.

    Pardon, schon wieder dieses „alten Reflexe“-Reaktivieren, bei dem angeblich ganz neuen Hut Obamas.

    Wie wär’s denn, wenn man mal den Syrienkonflikt nicht, wie es allerorten geschieht, auf das giftige Sarin-Gas, den vermeintlichen Satan Assad und den angeblichen Engel Obama eindampft, um den es der, die meisten natürlichen Ressourcen verbrauchenden, Weltmacht USA meiner Meinung nach überhaupt nicht geht, sondern sich fragt, ob das Land Syrien nicht vielmehr als Transitland für den Rohstofftransport aus der „strategischen Ellipse“ nach Europa eine tragende Rolle spielt – dem Gebiet, in dem sich zwei Drittel der weltweit bekannten natürlichen Erdgas- und Erölvorkommen befinden, die sich momentan wirtschaftlich fördern lassen, als da sind: Iran, Saudi-Arabien, Russland, Vereinte Arabische Emirate, Quatar, Irak, Kuweit und Kasachstan.

    Mit “kein Blut für Öl” wird’s für mich also diesmal keineswegs schwieriger. Da bin ich geschmeidig und schicke das kleine Scherzle voraus, dass das Davidle Linkspartei Frankfurt auf Augenhöhe mit dem Doppel-Goliath Syrien und Iran sei: Außer der Handvoll, der in der Frankfurter Partei DIE LINKE politisch herrschenden entristischen DKP-Kadern ist die islamische Republik Iran, die über das zweitgrößte Erdgasvorkommen und drittgrößten Erölreserven der Welt verfügt wohl das einzige Land, das ohne wenn und aber hinter dem syrischen Assad-Regime steht, das mit hochkarätigen Kommunisten, Kurden und Juden ganz gewiss nicht zimperlich umgeht und auch von daher vom Iran ausgiebig gesponsert wird und zudem die Zusicherung hat, dass der Iran einen Machtwechsel in Damaskus, initiiert und finanziert von Saudi-Arabien, Quatar und der Türkei, nicht zulassen wird.

    Nebenbei erscheint es doch bemerkendwert zu erwähnen, dass die geschäftstüchtige Frankfurter DIE LINKE, mehrheitlich DKP-Glaubensselige, der Iran, mehrheitlich frömmste Schiiten und Syrien, mehrheitlich tugendreine Sunniten, weder durch religiöse, noch kulturelle und schon gar nicht durch unmittelbare politische Gemeinsamkeiten verbandelt sind, sondern durch ihre extrem autoritäre Strukturiertheit, unappetitliche, atavistische Ergüsse und durch den gemeinsamen Feind USA.

    Da kann man mal sehen, wie eine in diesem Fall zwar prekäre, aber doch immerhin fest gefügte Solidarität eine erstaunliche politische Gestaltungsfähigkeit trotz fehlender durchgängiger, politischer Schnittmengen entfalten kann.

    Wer die amerikanischen Haushalsdebatten verfolgt hat, muss bedauernd schlau kriegen, dass die USA nicht als die stolzen Seeadler-, sondern als Bankrupt-USA und eher als Marionette des Clubs der Erdöl-Billiardäre agieren, denn als Konsequenzler, Bestrafer, Anführer der „Willigen“ und „Achse des Bösen“-Bekämpfer, die vergeblich nachzuholen versuchen, was die bewaffneten strategisch und wirtschaftlich orientierten Kreuzritter GmbH’s schon anno Tobak nicht auf die Reihe im wahrsten Sinne des Wortes krieg ten.

    Wer also wiederholt eine Intervention der Kleinmacht USA fordert, kann sich ja Katja Kippings und Jan Van Akens Aufruf „Syrien: Freiheit braucht Beistand“ anschließen, dann ist er ganz bei den Kriegspropagandisten der Grünen, wie beispielsweise Micha Brumlik, der als Erziehungswissenschaftler! ein Szenario entwickelt, in dem US-amerikanische Drohnen und Marschflugkörper idealerweise zunächst die Stellungen der syrischen Regierungstruppen zerstören und dann die Hauptstadt Damaskus in heftigen Straßenkämpfen einnehmen, um das von der UN neu zu etablierende Protektorat Syrien zu übernehmen, das zum kammschwellenden Ärger des gallischen Hähnchens mit dem holländischen Nachnamen 1946 schmachvoll von den Franzosen an das nationalistisch- panarabische syrische Volk zurückgeben werden und Frankreich hilflos mit ansehen musste, wie die Syrier eine freie Republik gründeten.

    Die Behauptung ethisch-moralisch fragwürdiger Begründungen wie beispielsweise denen des Sozialisten Hollande, seine tief drinnen schlummernden, weißen, kolonialistischen Rassedünkel, kann man gerne als „instrumentelle Mobilisierung alter Reflexe“ abtun.

    Mir scheint es aber eher, dass die USA nach der Auflösung der Sowjetunion auch über Syrien vehement versuchen, ihre internationale Vorherrschaft mit militärischen Mitteln zu sichern und zu verhindern suchen, dass sich eine andere Nation zu einem gleich- oder gar höherwertigen Rivalen entwickeln und die USA potenziell von den Gas- und Erdölreserven fernhalten könnten.

    Die Region der „strategischen Ellipse“ dürfte für Geostrategen wohl unbestritten als Schlüssel zur Kontrolle Zentralasiens gelten, das auch für China und Russland von höchster strategischer Bedeutung ist.

    Don Obama und seinem fahnenflüchtigen Sancho Cameron ist wohl das Dilemma klar geworden, dass auch im Fall Syrien rechtsstaatlich zu verfahren eigentlich unbestreitbar bedeutet, dass für die Ahndung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit internationale Gerichte zuständig sind und nicht selbsternannte, waffenstarrende Friedensengel ohne UN-Mandat.

    Ein wirklich entschlossener Verhandlungsanstoß in der Syrienfrage, der die gesamte Region berücksichtigte, stünde nicht nur dem nach US–amerikanischer Definition drittklassigen Europa zu Gesicht, sondern auch den nach Eigeneinschätzung erstklassigen USA.

    Noch gibt sich der amerikanische Präsident aber ziemlich zickig, obschon das G-20-Treffen in Petersburg ja wohl der geeignete Ort für die beiden lupenreinen Demokraten Putin und Obama wäre, ihre Glaubwürdigkeit wenigstens ein stückweit unter Beweis zu stellen, indem das historische Fenster aufmachen, die Welt nicht kriegerisch, sondern mit einem multilateral kooperativen System friedlich neu zu ordnen.

  6. @K.H.Reinelt. Wenn man sich schon die Zeit nimmt, sich wortreich zu äußern, kann man sich doch auch die Zeit nehmen, die vorhergegangenen Beiträge ernsthaft zu lesen. Dann wäre Dir nämlich aufgefallen, dass sich hier keine „Befürworter eines Miltärschlags“ geäußert haben, weder „impulsiv“ noch sonstwie.
    Eigentlich sogar im Gegenteil: Wenn überhaupt etwas impulsiv war, dann die reflexartige Reaktion auf eine amerikanische Interventionsdrohung, die glauben macht, Kriege fangen grundsätzlich damit an, dass „die westlichen Kriegstreiber“ einen Krieg entfachen (mit „kein Blut für Öl“ wirds ja diesmal etwas schwieriger). Dabei wird allerdings bewusst übersehen, dass es in Syrien seit zweieinhalb Jahren Krieg gibt und sich die Frage nach den Kriegstreibern und den Opfern etwas komplizierter darstellt.
    Die Frage für eine tatsächlich internationalistische Linke ist also jetzt eigentlich nicht, wie man einen Krieg verhindert, sondern wie man einen Krieg einstellt. Und zwar ’subito‘! Nur darüber kann es eine Diskussion geben, alles andere ist die instrumentelle Mobilisierung alter Reflexe.
    Darum ging es in den Beiträgen.

  7. Mal zu Beginn ne provokante Frage an die impulsiven Befürworter eines Militärschlags gegen das syrische Volk: Wollt ihr etwa den totalen Krieg anstelle des totalen Friedens?

    Ist denn der Regimewechsel von Assad XY zu Assad ZY oder nicht vielmehr der Wechsel von den innersyrischen, bürgerkriegsgleichen Auseinadersetzungen hin zur Befriedung der verfeindeten Volksgruppen über einen zwar komplizierten und sehr langwierigen, aber relativ gewaltfreien, politischen Weg das Ziel einer jeden sich, sozialistisch verstehenden, Partei?

    Nach den ersten Berichten über Massaker in Syrien habe ich mich auch von einer internationalen Strafaktion gegen die angeblich blutigen Diktatur Assads in Syrien beeindrucken lassen, zugegeben.

    Allerdings hat man auch eine Holschuld, soll heißen, dass es doch nicht angehen kann, dass eine linke Partei das Propagandaministerium der USA und Großbritanniens für das objektivste Medium aller Zeiten hält, obschon das Beispiel Irak zeigte, wieviel von Agit-Prop-Veranstaltungen der anglo-amerikanischen Militärindustrie zu halten ist. Man muss sich doch insofern kundig machen, als es auch Publikationen zum Thema Syrien gibt, die den Konflikt unter anderen Gesichtspunkten, als den amerikanischen geostrategischen Interessen beleuchten.

    Der optionale zwei- bis dreitägige Raketenangriff sollte meines Wissens von den im Mittelmeer stationierten amerikanischen Kriegsschiffen aus starten, um vergleichbar dem Blitzkrieg der Israelis gegen Ägypten die syrische Luftwaffe am Boden zu zerstören. Wozu die Israelis dann noch eine militärische Zerstörung Syriens androhen sollen ist mir schleierhaft, ohne Luftwaffe wäre Syrien eh nur noch ein zahnloser Tiger.

    Wie die Kanzlerin diplomatische Optionen zu prüfen und Verhandlungen zu präferieren, heißt nach meiner Einschätzung mitnichten, das Assad-Rregime zu goutieren und ihn unkritisiert und ungestört gewähren zu lassen, sondern einzig und allein, eine internationale Intervention auch international zu legitimieren, also ausschließlich in völkerrechtlichem Einklang zu starten.

    Großbritanniens Parlament und Regierung hat sich dem optionalen völkerrechtswidrigen Alleingang des Friedensnobelpreisträgers Barak Obama verweigert, der eine kriegerischen Lösung des innerstaatlichen syrischen Konflikts optioniert, obwohl sogar der amerikanische Geheimdienst eingestehen muss, nicht belastbar nachweisen zu können in welchem Maße und wenn ja, das Assad Regime den vermutlichen Giftgasanschlag auf Zivilisten zu verantworten hat.

    Nur Frankreich, das über gar keine Kriegsschiffe verfügt, von denen aus ein Raketenangriff auf Syrien gestartet werden könnte, also selbst überhaupt nicht entsprechend intervenieren kann, bläht sich noch hahnenartig in Form von Hollande zum Kriegspartner der USA auf Augenhöhe auf.

    Bei der Irakkrieg-Beteiligungsfrage hatte der SPD-Kanzler Schröder seinerzeit durch sein Nein den zeitgeistlichen Nerv punktgenau getroffen und es kann nicht geleugnet werden, dass das der SPD allemal mehr genützt, denn ihrer Reputation Abbruch getan hätte.

    So hält auch SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück heute eine militärische Intervention in Syrien für schlicht falsch, fordert, den G-20-Gipfel kommende Woche in St. Petersburg für Gespräche über Syrien zu nutzen und drängt zudem darauf, dass keine Interventionen ohne UN-Mandat stattfinden.

    Den möglichen elektoralen Nektar zum Maßstab allen Agierens einer Linken Partei zu machen widerspricht allerdings möglichenfalls deren Gestaltungsbegehren, wie das Beispiel der „Alle soll so bleiben wie es ist, weil es gut ist“-Kanzlerin Merkel wohl negativ vor Augen führt. Gestaltung braucht Überzeugung, kein spätes Nachlaufen eines vorhandenen Trens.

    Fazit: Ein völkerrechtliches Eingreifen im innersyrischen Konflikt als eine Schulterschluss mit Assad zu bezeichnen halte ich für sehr problematisch, denn in Umkehrschluss hieße das ja, dass sozialistische Parteien, so sie denn regierungskompatibel sein wollen, Kriegshandlungen ohne UN-Mandat gutheißen , also des Platzes an der wohlgefüllten parlamentarischen Krippe wegen zum Krieg aufrufen müssen.

    Da steige ich aus, das ist nicht mein Ding, tut mir leid.

  8. Es gibt in der LINKEN noch eine Reihe von Leuten, die nach wie vor in den alten antiimperialistischen Klischees aus der Zeit des Kalten Kriegs und der Konfrontation der Blöcke denken. Wenn die USA eine militärische Intervention erwägen, melden sich automatisch diese alten, längst überholten Reflexe. Wenn man weiß, wo das Böse sitzt, findet man sofort das Gute. Lafontaine muss einen besonderen neueren Anti-USA-Komplex haben, um hier mitzumachen, da er früher nicht zu dieser Heilsgewißheit neigte. Die Partei wird darunter noch lange leiden, weil die Anhänger dieses überholten Antiimperialismus fest davon überzeugt sind, dass sie allen anderen die Einsicht in die Bedingungen und den Gang der proletarischen Bewegung voraus haben. Wir verstehen das nicht, weil uns dieser Erleuchtung fehlt und wir uns auch nicht erleuchten oder bekehren lassen wollen.

  9. Gerade wenn es Einem wichtig ist, in einer Partei zu sein, die sich glaubwürdig für eine friedliche Regelung internationaler Konflikte einsetzt, dann müsste man eigentlich besonders sensibel gegen die politische Instrumentalisierung von ‚Friedenspolitik‘ sein.
    Diese wird insbesondere dann zu einer ärgerlichen Farce und degeneriert zu purem ‚Friedensgetue‘, wenn sie überdies auch noch als Instrument innerparteilicher, fraktioneller Profilierung eingesetzt wird: wie eben im Aufruf von Gehrcke, Leidig, Wagenknecht (update).
    Erklärungen der Partei-Vorsitzenden reichten scheinbar nicht. Es musste noch ein fraktioneller Aufruf geschrieben werden, damit sich die unterschreibenden GenossInnen noch mal gesondert als Friedensgaranten gegenüber dem Rest der Partei inszenieren konnten. Und wenn man die UnterzeichnerInnen namentlich durchgeht, dann sind die jetzt besonders empörten GenossInnen gerade diejenigen, von deren Empörung man aber auch rein gar nichts vernommen hat, als der „Krieg“ in Syrien vor zwei Jahren begonnen hatte – auf syrischen Straßen gegen Demonstrationen.

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