Die Parteivorsitzende der Partei Die Linke, Katja Kipping, hat am heutigen Dienstag, gemeinsam mit Bundesgeschäftsführer Matthias Höhn und Ursula Schwartz, im Beisein zahlreicher Vertreter von Partei und der deutschen Linken eine am Karl-Liebknecht-Haus angebrachte Gedenktafel für die Opfer des Stalinismus enthüllt. Mit der Widmung: „Ehrendes Gedenken an Tausende deutsche Kommunistinnen und Kommunisten, Antifaschistinnen und Antifaschisten, die in der Sowjetunion zwischen den 1930er und 1950er Jahren willkürlich verfolgt, entrechtet, in Straflager deportiert, auf Jahrzehnte verbannt und ermordet wurden.“, soll an die erinnert werden, die dem stalinistischen Terror in der Sowjetunion zum Opfer fielen. Dieser Erinnerung soll auch eine vorerst dauerhafte Ausstellung im Karl-Liebknecht-Haus dienen, die ebenfalls heute eröffnet wurde.
Dem heutigen Tag waren in den letzten Monaten heftige Debatten über Text und Ort der vom Parteivorstand beschlossenen Gedenktafel vorausgegangen. Obwohl bereits im März beschlossen, wurde die Anbringung verschoben, um noch einmal darüber zu diskutieren, ob nicht doch die Gedenkstätte der Sozialisten in Berlin-Friedrichsfelde der passendere Ort für dieses Gedenken sei. Erst nach der Bundestagswahl fiel dann im Oktober im Parteivorstand die mehrheitliche und endgültige Entscheidung für den jetzigen Ort.
Noch vor wenigen Tagen meldete sich in der „Jungen Welt“, dem einstigen Zentralorgan der FDJ, der frühere Ministerpräsident der DDR und Vorsitzende des Ältestenrats der Partei Die Linke, Hans Modrow, mit einer deutlichen Kritik zu Wort. Modrow, der 1953 als junger Student in Moskau an Stalins Bahre vorbeimaschierte, verteidigt in dem Interview seine Auffassung, „daß der Ort so falsch ist wie auch dieser Text.“ Auch die heutige Enthüllung wurde von lautstarken Protesten einiger „Linker“ begleitet, die die Anbringung der Tafel als Teil einer revisionistischen Gedenkpolitik begreifen.
(mb)
Diese Kontroverse verstehe ich nicht. Einmal ist es unstrittig, dass diese Verbrechen und Massenmorde im Rahmen des Stalinschen Regimes geschehen sind. Zum anderen dürfte unstrittig sein, dass es eine Traditionslinie zwischen der 1925ff. bolschewisierten KPD, der SED und der PDS gibt, wenn diese auch durch Brüche und Revisionen des kommunistischen Selbstverständnisses gekennzeichnet ist. Nach wie vor steht auch Die Linke als Partei in dieser Tradition und deshalb kann sie nicht so tun, als hätte diese Geschichte nicht stattgefunden. Die eigentlich spannende Frage wird durch diese Kontroverse eher verdeckt: es ist die Frage, ob die Deformation des Sozialismus bereits mit der Oktoberrevolution 1917 oder erst mit der Machtübernahme und dem beginnenden Terror ab 1928 durch Stalin beginnt. Wenn die Oktoberrevolution bereits die historische Sackgasse eröffnet hat, greift die Verurteilung der Stalinschen Verbrechen zu kurz. Vielleicht ist es dann geschickter, sich mit solchen Fragen nicht zu beschäftigen und das Feld des Gedenkens auf einen Friedhof zu verlegen.
Es gibt nun mal verschiedene Ausprägungen des Antikommunismus, aber Modrow holtim Fachblatt für korrekte Geschichtsschreibung den großen Hammer raus, das Totschlagargument. Er begreift nicht, dass die Kommunisten die Quelle des linken Antikommunismus sind. Damit steht er nicht alleine, wie man nicht nur in der PDL besichtigen kann.
Wie kann man Kommunisten, die im Gulag oder in Bautzen oder Hohenschönhausen zu Antikommunisten geworden sind, mit antikommunistischen Rechten und Bürgerlichen in einen Topf werfen? Oder auch nur jene, die auf Grund ihrer Erfahrungen mit Kommunisten in den KPs sich verabschiedet haben. Die die abrupten Wendungen der offiziellen KP-Politik nicht verstanden und/oder nicht mitmachen wollten.
Sie wollen sich den dunklen Seiten der kommunistischen Geschichte nicht stellen, sie handeln und argumentieren so wie die, die sich der Nazivergangenheit nicht stellen wollen und wollten. Querfront halt.