Niedersachsen hat gewählt

Statt wie geplant im Januar 2018 durften die knapp 6,1 Millionen Wahlberechtigten in Niedersachsen nun schon wenige Wochen nach der Bundestagswahl über die künftige Zusammensetzung des Landtages im Leineschloss entscheiden. Die vorgezogene Wahl war notwendig geworden, nachdem die Rot-Grüne Landesregierung unter Stephan Weil im August ihre Ein-Stimmen-Mehrheit durch den Übertritt einer Abgeordneten der Grünen zur CDU verloren hatte. Angesichts des Absturzes der SPD bei der Bundestagswahl und dem Erstarken der AfD kommt dem Ergebnis dieser Landtagswahl durchaus bundespolitische Bedeutung zu. In den bisherigen Umfragen lagen SPD und CDU relativ gleichauf. Offen blieb in den Umfragen bisher, ob Die Linke, die 2013 nach nur einer Legislatur schon wieder aus dem Landtag abgewählt worden war und jetzt bei der Bundestagswahl auf 6,9% in Niedersachsen gekommen ist, den Wiedereinzug schaffen kann.

Die SPD unter dem amtierenden und vermutlich zukünftigen Ministerpräsidenten Stephan Weil ist mit 36,9% die stärkste Kraft geworden und reklamiert den Wahlsieg und damit den Regierungsauftrag klar für sich. Zuletzt konnten die Sozialdemokraten 1998 die CDU auf den zweiten Platz in der Wählergunst verweisen. Der Zuwachs von 4,3 Prozentpunkten im Vergleich zu 2013 dürfte vor allem der landespolitischen Kompetenz der niedersächsischen SPD geschuldet sein. Die bisherige Rot-Grüne Koalition hat aber ihre Mehrheit verloren. Mithin dürfte die Umsetzung des Regierungsauftrages durch die SPD umfangreiche Verhandlungen mit möglichen weiteren Koalitionspartnern erfordern.

Mit 33,6% ist die CDU unter ihrem Spitzenkandidaten Althusmann hinter ihr letztes Wahlergebnis zurückgefallen. Noch im August lagen die Christdemokraten in Umfragen mehr als deutlich vor der SPD. Mit diesem Ergebnis setzt die niedersächsische CDU ihren Niedergang bei Landtagswahlen mit dem schlechtesten Ergebnis seit über 50 Jahren weiter fort.Bei der Wahl in 2009 war sie mit 42,5% die mit Abstand stärkste Kraft im ländlich geprägten Flächenland zwischen Harz und Nordsee. Möglicherweise könnte sie allerdings jetzt im Rahmen einer Grossen Koalition mitregieren.

Die bislang mitregierenden Grünen haben mit rund 5 Prozentpunkten Verlust im Vergleich zu 2013 nur noch 8,7% erreicht. Viele Wähler der Grünen sind zur SPD oder anderen Parteien gewechselt. Mit ein Grund hierfür dürfte sein, dass der Übertritt einer Grünen-Politikerin zur CDU den Verlust der knappen Rot-Grünen Mehrheit im Parlament und damit vorzeitige Neuwahlen brachte. Eine mögliche sogenannte Jamaika-Koalition, wie sie gerade auf Bundesebene sondiert wird, wird von den niedersächsischen Grünen ausgeschlossen.

Nach ihrem durchaus beachtenswerten Ergebnis von 9,9% in 2013 ist die FDP auf aktuell 7,5% gefallen. Noch am Wahlabend hat die FDP eine mögliche Koalition mit SPD und Grünen („Ampel“) ausgeschlossen. Da die Grünen ihrerseits eine Koalition mit CDU und FDP ausschliessen, wird die FDP bei der Regierungsbildung aller Voraussicht nach wohl keine Rolle spielen.

Die rechtspopulistische AfD konnte in den 14. Landtag in Folge einziehen. Künftig wird sie mit einem Ergebnis von 6,2% durch 9 Abgeordnete im Leineschloss vertreten sein. Dieses Ergebnis ist allerdings weit entfernt von den eigenen Erwartungen der Partei und zeigt, wie auch andere Wahlergebnisse auf Landes- und Bundesebene, dass die AfD, zumindest in Westdeutschland, ein deutliches Nord-Süd Gefälle in der Wählergunst aufzuweisen hat.

Auch in den nächsten fünf Jahren wird Die Linke in der ausserparlamentarischen Opposition arbeiten müssen. Mit 4,6% haben die Sozialisten den Einzug knapp verpasst. Im Vergleich zu 2013 ist dies aber immerhin ein Gewinn von 1,5 Prozentpunkten. Mit ihren weitgehend unbekannten Kandidaten war es der Partei nicht möglich im Land ein ähnliches Ergebnis wie vor drei Wochen bei der Bundestagswahl zu erreichen, bei der 6,9% der niedersächsischen Wähler für sie gestimmt haben. Auf Landesebene dürfte die niedersächsische Linke damit Gefahr laufen die jahrzehntelange parlamentarische Erfolglosigkeit ihrer Vorgängerpartei PDS wieder aufleben zu lassen.

Wahlergebnis mit Vergleich zur vorherigen Wahl
2017
Wahlbeteiligung: 63,1%
2013
Wahlbeteiligung: 59,4%
ParteiProzentZweitstimmenSitzeProzentZweitstimmenSitze
SPD36,9%1.413.6305532,6%1.165.53849
CDU33,6%1.287.4305036,0%1.287.73054
Grüne8,7%334.1191213,7%489.57220
FDP7,5%287.923119,9%354.97114
AfD6,2%235.8409--0
Linke4,6%177.10703,1%112.2150

Historische Ergebnisse der Partei Die Linke im Wahlgebiet
WahlProzentZweitstimmen
Landtagswahl 20174,6%177.107
Bundestagswahl 20176,9%322.820
Europawahl 20144,0%118.385
Landtagswahl 20133,1%112.215
Bundestagswahl 20135,0%223.788
Bundestagswahl 20098,6%380.373
Europawahl 20094,0%97.328
Landtagswahl 20087,1%243.361
Bundestagswahl 20054,3%205.200
Landtagswahl 20030,5%21.560
Bundestagwahl 20021.0%50.380

(mb)

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