Nach der Meldung, dass einige Abgeordnete der Linksfraktion die Genossenschaft „Fairwohnen“ zur Übernahme des TLG-Bestandes gegründet und ein entsprechendes Angebot abgegeben haben, ist es erstaunlich still um diesen „Coup“ der Linken geworden. Weitere Details zu Finanzierung, Planungen, aber auch der Struktur der Genossenschaft sind weder im Netz zu finden, noch auf Nachfrage von der Aufsichtsratsvorsitzenden Bluhm zu erhalten. Im heutigen Newsletter der Partei wurde aber auf eine kurze Mitteilung auf der eigenen Webpräsenz von Heidrun Bluhm verwiesen.
Hier sind zumindest die Satzung, eine Beitrittserklärung und ein Begleitbrief des Angebotes an Bundesfinanzminister Schäuble einsehbar. Laut diesem Brief hat die Genossenschaft ihren Sitz im Haus des Neuen Deutschland am Franz-Mehring-Platz 1. Der für vier Jahre von der Mitgliederversammlung am 13.4., zu der nach unseren Informationen keine Einladung in der Öffentlichkeit oder zumindest den betroffenen Mietern und zukünftigen Genossen der TLG-Wohnungen bekannt war, gewählte Aufsichtsrat besteht aus Heidrun Bluhm (MdB, Mecklenburg-Vorpommern), Dr. Barbara Höll (MdB, Sachsen) und Katrin Kunert (MdB, Sachsen-Anhalt). Der vom Aufsichtsrat für zwei Jahre bestellte, nach Satzung ehrenamtlich mit möglicher Aufwandsentschädigung, aber auch vergütet anstellbare, Vorstand besteht aus Halina Wawzyniak (MdB, Berlin) und Dr. Joachim Kadler, einem wissenschaftlichen Mitarbeiter im Bundestagsbüro der Heidrun Bluhm.
Die auf dem Briefpapier angegebene Internetadresse www.tlg-fairwohnen.de ist zum Zeitpunkt dieses Artikels noch nicht erreichbar. Registriert ist sie allerdings auf die Grundstücksgesellschaft Franz-Mehring-Platz 1 GmbH und ihren Geschäftsführer Dr. Matthias Schindler. Die Grundstücksgesellschaft Franz-Mehring-Platz 1 GmbH ist Eigentümerin des ND-Gebäudes und befindet sich mehrheitlich im Besitz der Neues Deutschland Druckerei und Verlags GmbH, die wiederrum zum Parteivermögen der Linken gehört. Daneben ist Dr. Schindler auch noch im Vorstand der Wohnungsgenossenschaft Mollstraße e.G., die einen kleinen Bestand an Plattenbauten in Berlin-Mitte besitzt, die wie auch das ND-Gebäude durch die wohnwerkstatt GmbH verwaltet werden, und betreibt über die CCG Congress Consult GmbH das Tagungszentrum am Franz-Mehring-Platz.
In wie weit solche noch relativ intransparente Verhältnisse die Erfolgschancen beeinflussen und die Mieter davon überzeugen können der Genossenschaft beizutreten, wird sich zeigen. Sie unterstützen auf jeden Fall nicht den im Schreiben an Schäuble gestellten Anspruch, dass die Fairwohnen am besten geeignet sei, „eine selbstbestimmte, demokratische Selbstverwaltung der Wohnungen zu ermöglichen und die soziale Komponente der bestehenden Mietverhältnisse langfristig zu garantieren.“
Die nächsten Tage werden zeigen müssen, ob dieser Coup nur ein Schnellschuss einiger ostdeutscher Fraktionsmitglieder war oder ob es sich tatsächlich um eine nachhaltige und tragfähige Idee handelt, die den Genossenschaftsgedanken neu beleben und für, dringend nötige, positive Berichterstattung über die konkrete Realpolitik der Linken sorgen wird.
(mb)
Update
Die Webseiten der Genossenschaft sind jetzt unter www.tlg-fairwohnen.de abrufbar, liefern aber auch noch keine weiteren Informationen.
Auf den Seiten der Linksfraktion erklärt Halina Wawzyniak das Modell einer Genossenschaft: „Kein großer Anreiz für feindliche Übernahmen“. Zusätzliche Einzelheiten sind in einem Kommentar von ihr auf dem Blog Lafontaines Linke zu finden.
Dr. Matthias Schindler tauchte bei so vielen Firmen (deren Wege alle nach ROM führen, wenn sich dort das KLH befindet) auf, dass sich auch hier die Frage nach dem Zeitmanagement einstellt.
ja, von dieser „zeit“ habe ich gehört. trotzdem halte zumindest ich es für angebracht zu diesem projekt, mit immerhin >500 mio €, weitergehende fragen zu stellen und dabei auch gerade weil es sich nicht nur um ein immobilien- sondern auch ein politisches projekt handelt, etwas schärfer auf transparenz zu achten. ich gehe nicht davon aus, dass das finanzministerium hier so etwas wie welpenschutz oder einen amateurbonus einrechnet. wenn die linke meint mit dieser idee mit den „grossen“ mitspielen zu können. wenn man über die wohnsituation von 30.000 bürgern befinden will, dann sollte dieses projekt auch professionell aufgezogen sein. ansonsten ist es „nur“ ein wahlkampfgag oder eine medienkampagne, die übrigens wohl nicht auf fruchtbaren boden fällt.
@ Linda
Entweder sind Sie blind für einen realpolitisch-linken Ansatz, oder Sie sind ideologisch durch den Neoliberalismus o.ä. geblendet, wovon ich nicht ausgehe, da Sie sonst nicht auf dieser Internetseite hier wären.
@ mb
Sie sind ja wirklich ein Scherzkeks! Haben Sie schon ein Mal etwas von der so genannten „Zeit“ gehört? Erwarten Sie wirklich, dass ein paar Politiker neben ihrer alltäglichen Arbeit im Parlament und im Wahlkreis mal so eben in einer Woche eine Genossenschaft aus dem Boden stampfen, die eine Gesamtinvestitionssumme von 500 Mio € bedarf und dann noch ganz locker eine perfekte Internetpräsenz und Informationspolitik nebenher mit hochziehen. Na klar, wir reden hier ja schließlich auch von einer Bank mit 2000 Angestellten im operativen Geschäft, die den ganzen Tag nichts anderes macht…
Hm, der Kommentar erscheint mir zu nett für die gegebene Sachlage, die schwer nach Arbeitsplatzsicherung und schwammingen Selbstdarstellungen stinkt.