Im Kreise der Gleichen. RLS stellt Bericht 2011 vor

Wie jede andere Partei in der Bundesrepublik verfügt auch Die Linke über eine parteinahe Stiftung, um durch politische Bildungsarbeit im In- und Ausland den Bürgern „Werte und Orientierungsrahmen anzubieten, Grundlagenwissen über politische Themen, über Entscheidungsverläufe aber auch politisches Rüstzeug zu vermitteln und sie vor allem zur Übernahme von gesellschaftspolitischer Verantwortung zu befähigen und zu ermutigen.“ Die Rosa-Luxemburg-Stiftung hat nun ihren Jahresbericht 2011 vorgestellt, in dem sie ausführlich die Erfolge politischer Bildungsarbeit von links darstellt.

Aufgrund der Wahlergebnisse der Partei Die Linke in der Vergangenheit und der gleichzeitig erfolgten „Gleichstellung der Rosa-Luxemburg-Stiftung mit den Stiftungen der anderen Parteien, was die öffentlichen Zuwendungen betrifft“, konnte die RLS allein im Jahr 2011 staatliche Zuwendungen von 42,5 Millionen Euro als Einnahmen verbuchen. Mit diesen Mitteln ist es gelungen, die Anzahl der hauptamtlichen Mitarbeiter in der Stiftung von 126 im Jahre 2009 auf jetzt bereits 169 zu steigern. In Ägypten, der Türkei, Tansania und den USA sind, zusätzlich zu den bereits bestehenden Büros in anderen Ländern, neue Auslandsniederlassungen in Planung oder stehen kurz vor der Eröffnung. Im Inland konnten, so die Selbstdarstellung der RLS, fast 100.000 Menschen an dem Angebot von 2.500 Veranstaltungen partizipieren und sich schwerpunktmässig mit „geschichts- und erinnerungspolitischen Fragen“ und dem „Feld des historisch-biografischen Lernens“ beschäftigen.

Damit ist die Rosa-Luxemburg-Stiftung nach eigener Auffassung endlich in finanzieller und politischer Hinsicht gleichgestellt mit den Stiftungen der anderen im Bundestag vertretenen Parteien. In der einleitenden Erklärung von Heinz Vietze zum Jahresbericht liest sich dies dann so:

Die Rosa-Luxemburg-Stiftung fühlt sich als parteinahe Stiftung der LINKEN gleichzeitig einer pluralen und demokratischen, einer «Mosaiklinken» verpflichtet. Darüber hinaus ist sie mittlerweile uneingeschränkt gleichberechtigte Partnerin im Kreise aller parteinahen Stiftungen. Dies findet auch in gemeinsamen Positionierungen der Politischen Stiftungen zu Fragen der Bildungsarbeit im Inland wie der internationalen Aktivitäten ihren Ausdruck. Die Arbeit aller deutschen Politischen Stiftungen – öffentlich gefördert, gemeinsamen Spielregeln verpflichtet, öffentlich hinsichtlich der Mittelverwendung kontrolliert, aber politisch unabhängig sowohl von Regierungs- als auch Parteihandeln – bleibt durchaus modellhaft für eine plurale Demokratie, die existierende politische Gegensätze nicht verkleistert, die Diskussion über sie aber mit Mitteln von Bildung und Analyse versachlicht und gleichberechtigt Meinungen im demokratischen Spektrum zu Wort kommen lässt.

Angesichts der von den parteinahen Stiftungen gemeinsam jährlich zu verbuchenden Steuermillionen, ist eine solche Beschwörung der Zusammenarbeit nur zu verständlich und sicher der zukünftigen Finanzplanung zuträglich. Unter dem Gesichtspunkt linker, fortschrittlicher Politikentwicklung im Inland und auch besonders im Ausland, kann diese „plurale Demokratie, die existierende politische Gegensätze nicht verkleistert“ doch verwundern. Erinnert man sich zum Beispiel an die selbst von der eigenen Schwesterpartei heftig kritisierte Kumpanei der Hanns-Seidel-Stiftung mit der mordenden Diktatur Pinochets in Chile oder die – nicht nur von der Linken – verurteilte Unterstützung des rechtsgerichteten Putsches in Honduras durch die Friedrich-Naumann-Stiftung der FDP.

Vergleicht man allerdings die staatlichen Zuwendungen an die Stiftung, von denen über 50% aus den Mitteln des FDP-geführten Entwicklungshilfeministeriums und noch über 20% aus dem Säckel des gerne von Linken als Wegbereiter eines rechten „Law-and-Order“ Staates bezeichneten Innenministers Friedrich (CSU) stammen, mit den Geldern, die Die Linke als Partei erhält, wird deutlich, dass die führenden Funktionäre aus Stiftung und Partei ein vitales Interesse daran haben müssen, ihre Stiftung in diesem „Kreis der Gleichen“ als angekommen und gleichberechtigt darzustellen, auch um den Preis, dass berechtige Kritik von Links am Klüngel der etablierten Parteien und ihrer oft fragwürdigen Stiftungsaktivitäten im Ausland nicht mehr opportun erscheint. Die Bundespartei, die jährlich nur rund 10 Millionen an staatlicher Unterstützung erhält, hat schon allein aus finanziellen Gründen ein handfestes Interesse daran, dass die RLS als verlässlicher Bestandteil des bundesdeutschen Politstiftungsklüngels anerkannt bleibt.

Nur so wird es auch in Zukunft möglich sein, dass in der Partei nicht mehr tragfähige oder mangels Wahlerfolgen nicht mehr beschäftigbare Genossen im Apparat der Stiftung untergebracht werden können, um sie als hauptamtliche Funktionäre für den Politbetrieb zu „parken“ oder aus den einen oder anderen Gründen unter Beibehaltung von Bezahlung aus der Tagespolitik zu entfernen. Hier erinnert man sich daran, dass noch vor Monaten darüber spekuliert wurde, ob man die damalige Vorsitzende Lötzsch aus strömungspolitischen Gründen in die RLS abschiebt oder wie nach der Wahlniederlage in Schleswig-Holstein die erfolglose Landesvorsitzende Menger-Hamilton mit einem Posten in der Stiftung in Berlin versorgt. Die nicht unerheblichen finanziellen Mittel der Stiftung (über 160 Millionen in einer Legislatur) stellen sicher auch einen Grund dafür dar, dass seit Göttingen und angesichts einer möglichen Wahlpleite zu Bundestagswahl 2013 zumindest in den Führungsetagen der Linken ein strömungsübergreifendes „Gruppenkuscheln“ bei Rotwein und Grillabenden angesagt ist. Denn nichts eint flügelübergreifend von Rechts bis Links – egal ob in der Linken oder zwischen den Parteien – so sehr wie der gemeinsame Zugriff auf leicht verfügbare Steuermillionen.
(mb)


StiftungParteiZuwendungen (Jahr)Mitarbeiter
Friedrich-EbertSPD141 Mio620
Konrad-AdenauerCDU126 Mio563
Friedrich-NaumannFDP49 Mio190
Heinrich-BöllGrüne44 Mio182
Hanns-SeidelCSU44 Mio278
Rosa-LuxemburgLinke42,5 Mio169
Übersicht der Stiftungen; Zahlen: 2010/2011

3 Kommentare

  1. @all Präzisierung:
    Ich schrieb „… spendierte “der Bund” (der Parteien offenbar) Geld für die “Förderung” unterpriveligierter Stipendiaten …“

    Aber: Das Bundes-Geld sollte sich an Stipendiaten ohne akademischen Hintergrund im Elternhaus richten. D. h. die wirtschaftliche Situation/Einkommens-Schicht wird nicht 1:1 reflektiert

    Zu den eigentlich wichtigen Sozialquoten sagt der Bericht nur wolkig, der Anteil der Unterpriveligierten (o.s.ä.) „konnte erhöht werden“.

    @leser:
    18 „echte“ Leute wären eine Erhöhung um immerhin ca. 3 %.
    I. d. R. werden allerdings bei der Beantragung in solchen Programmen die Dinge oft in Richtung der Anforderungen gedreht.

  2. die RLS stellte zwei Leute ein, druckte Postkarten um dieses oben genannte extra stipendien programm (lux like studium) breit zu bewerben. dann wurden exakt 18 stipendien darüber vergeben, für ganz deutschland. voll absurd.

  3. Ach ja, die RLS!
    Da geht’s mit einer Doppelbödigkeit zu, wie in den „besten“ DDR-Zeiten!
    Die materiellen Abhängigkeiten lassen halt viele die Klappe halten, wenn wieder so ein Kaliber wie Frau Dr. Antonella Muzzupappa oder ähnlichem, z. B. zwei Frischdiplomierten die Bresche in Kreise schlägt, wo sie selbst nie aktiv auftauchte, die BAG WiPo, damit die dort staunenswert dummes und völlig überflüssiges Zeug als „Argumentationshilfe“ unter die Leute bringen dürfen.
    Aber da die WiPo-Arbeit eh nicht demokratisch-partizipativ erfolgt, ist das ja wohl auch egal.

    Erwähnenswert wäre noch, daß ca. 2009 eine vergleichende Untersuchung o. g. Stiftungen plus Hans-Böckler zur Stipendien-Vergabe hinsichtlich von 5 Einkommensklassen und Bildungs-„Stand“ der Eltern ergab, daß man als Nachkomme aus dem obersten Einkommens- u. Bildungsfünftel der BRD-Bevölkerung, sich zuerst an die RLS wenden sollte, denn diese fördert bevorzugtgenau jene Nachkommenschaft, noch weit vor anderen Stiftungen:
    Am ehesten bei der Hans-Böckler-Stiftung haben Kinder aus unter- u. mittelprivilegierten Schichten eine Chance auf Stipendium, dann bei der CSU-Stiftung (Seidel), der Rest ist mir entfallen.
    Quelle: DIE ZEIT, Archiv
    Selbstredend blieben Memos dazu ohne Resonanz.
    Ca. 1,5 Jahre später, spendierte „der Bund“ (der Parteien offenbar) Geld für die „Förderung“ unterpriveligierter Stipendiaten, und RLS beteiligte sich selbstverständlich daran, aber auch nicht gerade enthusiastisch.
    Wie der (relative!) Erfolg dieses Programms bei der RLS aussieht, D A S würde mich interessieren, und nicht solche „Rechenschaftsberichte“ in 70ger-Jahre-DDR-Manier …

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