Kommunalwahl 2011 in Hannover: Wie haben die Stadtteile gewählt – Sieger und Verlierer bei den Linken in Hannover

Der Stadtrat in Hannover hat zukünftig eine Linke Fraktion mit drei Mandatsträgern. Da das Mandat des Bündnis für soziale Gerechtigkeit (BSG) verloren wurde, fehlt den originären Linkskräften im Stadtrat nunmehr eine Stimme. Das Gezeter um die Spaltung der Fraktion und die Mitnahme des ursprünglichen BSG-Mandats durch Luk List ist somit nicht auf Kosten der Partei Die Linke gegangen, sondern wurde vom Wähler beim kleinen Wählerbündnis „honoriert“.

Im Vorfeld wurden den Wahlbereichen in Linden, der List, in Ricklingen, der Südstadt und in Buchholz/Kleefeld die größten Chancen auf die Erlangung eines Linken-Mandats im Stadtrat eingeräumt. Diese Berechnung erfolgt unter Berücksichtigung der Referenzzahlen der Bundestagswahl im Jahre 2009. Der Nordstadt wurden aufgrund der Einwohnerzahl nur geringe Chancen zur Mandatseroberung eingeräumt, obwohl bereits zur Kommunalwahl 2006 das dritte Mandat eben aus diesem Wahlbereich kam. Nun hat sich im Jahre 2011 der Bundestrend entsprechend geändert. Die Ortspartei ist auf ihre alten Hochburgen zurückgestuft worden bzw. vorher hoch gehandelte Stadteile, wie Ricklingen und Buchholz, haben ihr Protestwählerpotential zur Kommunalwahl nicht abrufen können. Einen so genannten Nowak-Effekt gab es indes nicht. Im Gegenteil, auch in der Nordstadt gingen im Vergleich zur Kommunalwahl 2006 viele Stimmen verloren.

Dies zeigen die aktuellen Zahlen eindeutig (Verluste und Gewinne jeweils im Vergleich zu den Kommunalwahlen 2006):

WB 02 List – 469 Stimmen
WB 04 Buchholz/Kleefeld pp. – 351 Stimmen
WB 07 Südstadt/Bult – 349 Stimmen
WB 13 Nord – 269 Stimmen
WB 14 Vahrenwald – 203 Stimmen
WB 01 Mitte – 54 Stimmen

WB 12 Herrenhausen Stöcken + 28 Stimmen
WB 08 Döhren/Wülfel + 68 Stimmen
WB 09 Ricklingen + 98 Stimmen
WB 05 Misburg/Anderten + 101 Stimmen
WB 03 Bothfeld/Vahrenheide + 106 Stimmen
WB 06 Kirchrode/ Bemerode pp. + 120 Stimmen
WB 11 Ahlem/ Badenstedt pp. + 167 Stimmen
WB 10 Linden/Limmer + 542 Stimmen

Die Wahlbereiche, die Verluste zu verzeichnen haben kumulieren 1.695 Stimmenabgänge. Die Wahlbereiche mit Gewinnen weisen 1.230 zusätzliche Stimmen auf. In Hannover wurde somit nicht flächendeckend die Gunst der Wähler verspielt. Es fällt auf, dass Wahlbereiche, in denen Kandidaten aus dem Umfeld des „Kaisers-Kreises“ kandidierten zum Teil hohe Verluste eingefahren haben. Die Bereiche, in denen eher Kandidaten aus dem Spektrum des „Montagskreises“ den Wahlkampf organisiert haben, weisen wiederum moderate bis stärkere Gewinne aus. Interessant ist auch, dass die ehemalige Hochburg List nun fast auf das Niveau der Nordstadt zurückgefahren wurde, obwohl auch die SPD im Wahlbereich ebenfalls 538 Stimmen verloren hat. Schlussendlich konnte sich die Nordstadt als Wahlbereich durchsetzen, weil schwache bzw. in der Kommune nicht verankerte Kandidaten keine „Sondereffekte“ in den Stadtteilen Buchholz/Kleefeld bzw. Südstadt/Bult erzielt haben. Gleichzeitig waren die Verluste in der Nordstadt nicht so dramatisch, dass das Mandat verloren wurde. Dem Kandidaten aus Ricklingen fehlten aber weniger als dreißig Stimmen um das Mandant in seinem Wahlbereich zu holen. Pech und Glück gehören eben auch zur Politik.

Nach dem Schulterschluss der Interessengemeinschaften in Hannover dürfte dies alles ohne Bedeutung sein. Die Schuld für die Wahlschlappe in Hannover (Stadtrat 4,3 Prozent, Regionsversammlung 3,3 Prozent) wird nun sogar bei den Landesvorsitzenden gesucht, die angeblich durch ihre Anbiederung an die SPD in Niedersachsen die Wahlniederlage in Hannover zu verantworten haben. Spaltung der Fraktion, undurchsichtige Honorarvertragspraxis, konzeptionslose Fraktionspolitik, massive Mandatsverluste und politisch unbeseeltes Personal, all das wird bei einer solchen „Wahlanalyse“ gerne unterschlagen. Und an einer Aufklärung von Mängeln ist auch niemand interessiert. Weder vor noch nach einer Wahl. Hauptsache die Partei bleibt immer schön sauber, und zwar von Nestbeschmutzern. Und so war das angebliche Ultimatum der Basisorganisation Linden-Limmer an die Stadtratsfraktion, die Nennung parteiinterner Vertragspartner nicht weiter zu verzögern, nur ein Bestandteil zur präelektoralen Demontage des ungeliebten „Spitzenkandidaten“ Förste. Nachdem diese Taktik nicht aufgegangen ist, schert sich niemand mehr um Basisdemokratie im Verband, es könnte ja noch eigene Leichen im eigenen Interessengemeinschaftskeller liegen. Da hilft es wenig, dass der Kreisvorstand auf seiner ersten Sitzung nach der Wahl nun mehr Transparenz im politischen Geschäft der Ortspartei versprochen hat. Die Aufhebung der Macht von politischen Zweckgemeinschaften auf Gegenseitigkeit bedarf einer starken und unabhängigen Basis. Die gibt es in Hannover schon lange nicht mehr. Ironischerweise zeigen dies auch die Wahlergebnisse.
(mb)