Nach der Veröffentlichung der Zahlen durch Forsa am 24. Oktober war man sich in der Partei Die Linke sicher, dass man endlich die elektoralen Früchte der Saat erntet, die man in der offiziellen Parteiwahrnehmung mit dem glimpflichen Ende des Göttinger Parteitags und den ersten 120 Tagen des Zuhörens und Fragens durch den neuen Parteivorstand, ausgebracht haben will. Der Steinbrück-Effekt sei verpufft, gerade auch weil die Sozialisten die Nebeneinkünfte des SPD-Kanzlerkandidaten und der politischen Klasse zum Thema gemacht haben. Die Piraten, noch vor wenigen Monaten als neuer Stern am Himmel des Protestwählers glitzernd, verglühen als hausgemachte Sternschnuppe. Günstige Aussichten für eine mögliche Wiederbelebung des Erfolges von 2009, den Die Linke dringend nötig hat. Neue Zahlen holen die Partei wieder auf den kalten Boden der harten Tatsachen zurück.
Sah Forsa noch am Mittwoch Die Linke bei 9%, immerhin ein Plus von einem Prozentpunkt innerhalb nur einer Woche, liefern nur zwei Tage später die Forschungsgruppe Wahlen (der demoskopische Partner des ZDF) und Infratest-dimap (das Pendant der ARD) ihre aktuellen Umfragewerte ab. Beide sehen keinen Aufschwung der Zahlen für Die Linke. Bei FGW verharrt die Partei seit Mitte Juli bei 6% und ist in der politischen Stimmung sogar von 5 auf nun mehr 4% gefallen, Infratest-dimap sieht auch keine positive Veränderung und wertet Die Linke weiterhin mit 7%. Getrennt nach Ost und West verzeichnet Infratest-dimap für die östlichen Bundesländer sogar einen weiteren Rückgang von 18 auf jetzt 17% und für den Westen eine Stagnation bei 4%.
Beide Institute sehen die FDP mit 4% klar unterhalb der Fünfprozenthürde. Dies dürfte spätestens nach der Wahl in Niedersachsen zu personellen Konsequenzen bei den Liberalen führen. Sollte die Partei auch dort von der Regierungsbank in die ausserparlamentarische Opposition wechseln, ist davon auszugehen, dass Philipp Rösler als Bundesvorsitzender nicht mehr zu halten ist. Die in Schleswig-Holstein und NRW jeweils mit ihrem klaren Abgrenzungskurs zur Bundes-FDP erfolgreichen „Kronprinzen“ Kubicki und Lindner werden sich spätestens zu diesem Zeitpunkt mit ihrer Forderung nach einem Kurswechsel durchsetzen können. Ihnen wäre zuzutrauen, dass sie die FDP auch auf Bundesebene bis zum Herbst 2013 wieder über 5% bringen. Eventuell sogar um in Berlin zumindest die ernsthafte Diskussion über eine Ampelkoalition anzustossen.
Die SPD verliert bei beiden Instituten und liegt jetzt nur noch bei 29% (FGW) beziehungsweise 30% (Infratest-dimap). Zusammen mit den Grünen als Wunschpartner, die sich auf 13% verbessern konnten, ist ein wirklicher Regierungswechsel statt einer Grossen Koalition auf Bundesebene allerdings momentan doch noch eher unwahrscheinlich. Die Unionsparteien werden immer noch als stärkste Kraft mit 38 bzw 39% gewertet. Für die Piraten wird die Luft zunehmend dünner. FGW sieht sie, das erste Mal seit Januar, wieder bei 4% (in der politischen Stimmung gar bei nur 3%) und Infratest-dimap kommt für die Freibeuter noch auf 5%.
Auch aktuelle Umfragen aus westdeutschen Bundesländern bedeuten für Die Linke keine Entwarnung. In Bayern, wo auch im Herbst 2013 gewählt wird, liegt die Partei weiterhin bei 1 bis 2%, ein deutlicher Verlust im Vergleich zum Ergebnis der letzten Wahl 2008 mit 4,3%. Eine Umfrage der Universität Hamburg sieht Die Linke dort bei 4,5%. Noch in 2011 war man mit 6,4% zum zweiten Mal in die Bürgerschaft eingezogen. Im selben Jahr konnte man in Rheinland-Pfalz mit einem Ergebnis von 3% nicht in den Landtag einziehen. Aktuell liegt man dort bei nur noch 2%. Angesichts dieser Zahlen ist dem Bundesgeschäftsführer und Wahlkampfleiter Matthias Höhn zuzustimmen, wenn er in seiner wöchentlichen Kolumne mit Blick auf die im Januar bevorstehende Wahl in Niedersachsen sagt: „Für DIE LINKE ist dieser Tag entscheidend“.
(mb)
Der Landtagswahlkampf in Niedersachsen darf nicht durch Personaldiskusionen (z.B. Spitzenkandidat BTW) belastet werden.
Die Landtagswahlen in SH und NRW waren durch Personaldebatten schwer beschädigt worden. Die Wahlergebnisse waren enrsprechend schlecht. Diese Verantwortungslosigkeiten dürfen sich nicht wiederholen.
Es ist ja ganz belustigend, die neuesten Zahlen der Meinungsforschungsinstitute anzusehen. Doch letztlich sind sie viel zu ungenau, als dass mit der wöchentlichen Veröffentlichung irgendwelche Trends abzulesen wären. In der Regel geben die Meinungsforschungsinstitute für diese Sonntagsfragen an, lediglich knapp 1000 Personen bundesweit befragt zu haben und dass die Zahlen eine statische Fehlertoleranz bei den großen Parteien von 3-4 Prozentpunkten und bei den kleinen noch 1-2 Prozentpunkte haben (natürlich kann die Abweichung real sogar noch größer sein, da die Fehlertoleranz selber nur ein statistischer Wert ist).
Die erwarteten Wählerstimmen liegen also bei der Linken real zwischen 7 und 11 Prozent (nach Forsa).
– Für die FDP 2 bis 6 Prozent (wobei die Medienkonzerne nochmal kräftig die Werbetrommel rühren werden, damit die FDP nicht aus dem Bundestag fliegt)
– Für die SPD 25 bis 34 Prozent
– Für die Grünen 11 bis 15 Prozent
– Für CDU/CSU 34 bis 43 Prozent
– Und für die Piraten 2 bis 7 Prozent (und hier liegt die Fehlertoleranz sogar noch viel höher)
Mit solchen Zahlen lassen sich aber keine Aussagen über mögliche Koalitionen machen, insbesondere da unklar ist, ob FDP und Piraten in den nächsten Bundestag einziehen, was nochmal gravierende Auswirkungen auf Abgeordnetensitze und Koalitionspartner hätte.