Über das Glück im materialistischen Zeitalter
Von Philip J. Dingeldey
Da steht sie also: Eine reiche und prominente Frau vor ihrer Villa und weint in Strömen. Nach ein paar Sekunden schluchzt sie ins Mikrofon, dass der Reichtum allein nicht glücklich mache, da er ihren Mann nicht vor dem plötzlichen Tod geschützt habe.
Da steht er also: Ein ärmlicher Hartz IV-Empfänger in Second-Hand-Klamotten, der vor dem Plattenbau ins Mikro jubelt, dass der Reichtum allein nicht glücklich mache, da er trotz der Armut in seiner Ehe superglücklich sei.
Was für eine schöne Welt, wo es auch den Reichen per Schicksal an den Kragen geht und auch der Arme mit ein bisschen Romantik sein Lebensglück finden kann. Bei solchen Bildern muss jedem sozial Denkenden übel aufstoßen, denn wer lebt schon von der Liebe allein?!
Fakt ist: Glück hängt vor allem von der sozioökonomischen und materialistischen Basis des Individuums ab! Jeder, der dies bestreitet, wie es gerne in diversen Promisendungen passiert, zementiert nur die Ungleichheit und befriedigt gleichzeitig die Sucht des Zuschauers nach Schadenfreude gegen den armen Reichen.
Bevor wir dieser These nachgehen, müssen wir uns die Frage stellen, was das Glück ist. Ist Glück das höchste Gut? Dies bejahten zahlreiche Philosophen, Schriftsteller und Intellektuelle – von Aristoteles und Epikur, über John Stuart Mill bis zu Hermann Hesse – und nur wenige wichen davon ab. Das Glück ist nur schwer zu fassen und zu definieren, aber immerhin haben die Meisten klare Vorstellungen davon, was sie persönlich glücklich macht. Denn fragte man jemanden danach, so würde er mit Wahrscheinlichkeit so etwas antworten, wie eine Familie zu haben, ein Haus, bestimmte Güter, beruflichen Erfolg, Prestige etc.
Für die Lebensentwürfe einer Majorität gilt als klar, was ihnen persönlich Glück bereitet. Diesen Durchschnittsentwürfen entgegen haben die meisten Denker, die sich mit dem Glück auseinandergesetzt haben, ihm einen ethisch-normativen Wert zugeordnet. In der auf Platon und Sokrates aufbauenden antiken Philosophie galt Glück meist als ein Wert, den nur der tugendhafteste Philosoph, der eine Kaste bildete, erreichen konnte, abseits der normalen Bürger oder Politiker. Glück galt ergo als mit den Tugenden verbunden. Zu diesen gehört auch die Gerechtigkeit. Ist also nur der wahrhaft glücklich, der gerecht oder gut ist? Und erneut: Was wäre diese Gerechtigkeit? Bei Mill war der Wert des Glückes und des Genusses immerhin insofern normativ, als es galt, für eine Majorität das Glück und den Genuss zu maximieren.
Doch um die materialistische Glückthese der Einleitung zu belegen, müsste gelten, dass das Glück des Individuums nicht zwangsweise und eher selten ein ethisch-normativer Wert ist.
Die meisten Menschen scheinen zu wissen, was sie glücklich macht. Im Laufe des Lebens bilden sich klare Wünsche heraus, was sie in ihrem Leben tun und erreichen wollen. Mit der Bedürfnisbefriedigung kehrt auch eine Zufriedenheit ein, die – ist die Befriedigung nur ausreichend hoch – in Glück aufgehen kann. Die humanistische Psychologie hat dies recht plausibel beschrieben: De facto existiert eine Bedürfnishierarchie respektive -pyramide: Bevor man sich um soziale Bedürfnisse kümmern kann, müssen demnach erst die Mangelbedürfnisse befriedigt sein, d. i. Hunger, Harndrang, der Schutz durch ein sicheres Heim oder Sexualität. Die akute Befriedigung dessen macht noch nicht dauerhaft glücklich. Es ist aber die Grundkondition, um glücklich zu werden. Denn sind die Mangelbedürfnisse dauerhaft gestillt, können die höheren Bedürfnisse angegangen werden. Dies sind normalerweise sozialer Umgang, ein gewisses Prestige, beruflicher Erfolg, Liebe etc. Dazu gehört auch – in unserem Sinn als Spitze der Bedürfnispyramide -, was der Mensch sich als Glück vorstellt. Zwar können in Hungerregionen auch eine vollwertige Mahlzeit ein großes Glück darstellen, also die Stillung eines Mangelbedürfnisses, aber würde der Hungernde dauerhaft essen können, würde diese Tätigkeit ihn nicht mehr glücklich machen, sondern er würde entdecken, dass dies nicht der Luxus des Glücks, sondern Notwendigkeit ist. So stirbt ein Mensch, der zu lange hungert; ein unglücklicher Mensch aber, stirbt nicht unbedingt am Unglücksgefühl (er kann aber den Suizid präferieren). Man könnte aus der humanistischen Psychologie folgern, dass das Bedürfnis nach Glück als höchstes Gut – das als Selbstzweck angegangen werden kann, wenn alle anderen Bedürfnisse gestillt sind – der Mensch genauso instinktiv kennt, wie zuvor das Bedürfnis nach Nahrung. Das jedoch scheint unplausibel. Denn das würde einen Instinkt auf einer sehr abstrakten Ebene erfordern, auf der der Körper nicht mehr unbedingt signalisiert, dass er dies dringend braucht. Daraus resultieren einige Problemfragen: Woher kommt es dann, dass man zu wissen glaubt, was einen glücklich macht? Und hat man das Glück und den Wert, der es einen beschert, über-haupt autonom beschlossen? Letzteres lässt sich mit „nicht unbedingt“ beantworten; denn unsere Psyche wird ohnehin tagtäglich durch Werbung beeinflusst, wo fremde Menschen, einen weismachen, dieses und jenes zu benötigen. Der Mensch wird zum Konsumenten, dadurch, dass die Wirtschaft das Modell der humanistischen Psychologie für sich instrumentalisiert hat. Dadurch wird das Glück zu einer Ware, die der Konsument mit genug Geld erstehen kann. Damit sind wir bei den Problemen, die der Historische Materialismus, ohne auch nur die Frage des Glückes zu erwägen, aufgeworfen hat. Nur der, der es sich leisten kann, ist glücklich! Der Arme ist zwar in manchen Weltregionen fähig, die Mangelbedürfnisse zu stillen, aber glücklich wird er durch sein Überleben nicht. Außerdem scheint man als Konsument in gewissen Grenzen durch Werbung und sozialem Umfeld diktiert zu bekommen, was einen glücklich macht. Der Mensch wird, wie Axel Honneth schon beschrieben hat, zum postautonomen Individuum. So haben zwar viele Menschen, je nach offiziell freiem Lebensentwurf, immerhin unterschiedliche Vorstellungen davon, welcher Wert und welches Gut ihnen Glück bereiten, aber en masse ähneln sich viele dieser Vorstellungen doch – und das in sogenannten pluralistischen, multikulturellen Gesellschaften.
Der Mensch kann wohl ergo nur bedingt seinen eigenen Glücksentwurf konzipieren. Dieser Entwurf hat jedoch nicht zwingend mit Moral zu tun. Wenn also dem Individuum oder Konsumenten die Möglichkeit gegeben wird, das Glück zu erreichen, so ist ein durchschnittlicher Entwurf wohl der von beruflichem Erfolg, einem Traumpartner, genug Besitz, einer Eigentumswohnung oder einem Eigentumshaus, eventuell Kinder und ein paar selbstzweckliche typische Hobbies. Ein solcher Lebensentwurf macht einen großen Teil der westlichen Bevölkerung glücklich – egal ob er nun autonom oder postautonom gewählt ist. Aber um ein solches Glücksgefühl zu empfinden, braucht man weder ein Philosoph zu sein, noch muss man irgendwelchen höheren moralischen Ansprüchen genügen. Indem Glück zu einer Ware wird, hat sie mit Moral kaum bis gar nicht zu tun. Sicherlich gibt es Menschen, die glücklich sind, wenn sie etwas tun, was aus ihrer Sicht moralisch richtig ist. Aber die Verbindung von moralischem Handeln und dem Ge-fühl des Glücks ist nicht apriori gegeben, sondern resultiert manchmal aus persönlichen Vorstellungen und Charakteren, sowie den Vorstellungen und Charakteren aus dem sozialen Kontext. Sind diese Faktoren so wie beim Durch-schnittsbeispiel, spielt Ethik eine nachrangige Rolle für das Glück. Was ist aber dann das Glück, wenn es eine nichtethische Ware ist? Die meisten haben eine konkrete Vorstellung, von den Dingen, die sie glücklich machen, also eben von Werten, wie einer harmonischen Familie. Ob sie dadurch wissen, was exakt Glück ist, bliebt fraglich. Diese Vorstellungen basieren aber eben nicht nur auf einem unabhängigen Verstand des jeweiligen Menschen; es bestimmen eben auch der sozioökonomische und soziokulturelle Kontext mit, die Teile der Autonomie amputieren. Durch solche sozialen Determinanten könnte man ergo mit den Vorstellungen vom Glück übersehen, was tatsächlich in der Interdependenz für ein autonomes Individuum Glück wäre.
Durch diese pragmatische, sozioökonomisch und -kulturelle Konzeption des Glückes, statt der ethisch-normativen, ergibt sich eben auch die Materialisierung des Glückes, da der Mensch als Konsument ein Bedürfnis befriedigen will, wozu der Markt ihm meist die Möglichkeiten gibt. Betrachtet man also das Glück nicht als moralische Variable, so ergeben sich daraus neue Probleme und Denkanstöße: Denn oftmals ist Glück auch etwas abstraktes, das sich nicht materiell befriedigen lässt. Hier bekommt man ein Problem, dass Historischer Materialismus und Frankfurter Schule höchstens angekratzt haben: Die abstrakte Ware. Derjenige, der Glück erstrebt und der dies nur auf sich bezieht und nicht glücklich wird, indem er andere beglückt, es sei denn, sie tun dasselbe vice versa für ihn – und es steht zu vermuten, dass viele Menschen eines solchen Schlages sind (inklusive dem Autoren) – versucht nicht nur einen Mehrwert an Gütern oder Geld zu erreichen, nein, er versucht dasselbe auch beim Glück. Das Ganze hat dann nichts mit Moral zu tun, sondern mit Wirtschaftlichkeit!
Weiter könnte man jetzt monieren, dass wie auch beim Kapitalisten, der einen materiellen Mehrwert sucht, auch derjenige, der den abstrakten Mehrwert des Glücksgefühls erstrebt, dessen Basis eben oft etwas Materielles ist, dies auf den Rücken der ärmeren Schichten tut. Es würde ergo ein Glückskampf erfolgen! Der homo oeconomicus kämpft also nicht mehr nur um die Hegelsche Anerkennung, sondern auch um das Glück. Und tatsächlich konkurrieren nicht nur ein paar Glücksentwürfe, sondern auch die Menschen um die Glücksmasse. Das Ganze ist jedoch keine reine Ersetzung der Begriffe „Besitz“ oder „Macht“, aber es steht in einer materialistischen Relation dazu; denn es bleibt die materielle Grundlage entscheidend. Zwar macht tatsächlich Geld allein nicht glücklich und verschiedene Glücksentwürfe lassen sich mit unterschiedlich vielen und teuren Gütern oder Werten realisieren. Aber die Möglichkeit, mit mehr Geld glücklich zu werden, ist natürlich höher als mit wenig Geld. So ist zwar dadurch, dass das Glücksgefühl und die Ware Glück nicht nur materiell und nicht für jeden gleich teuer sind – abhängend vom jeweiligen Glücks- und Lebensentwurf –, das Glück nicht rein käuflich oder nur für die Oberschicht zu haben, aber steht so doch in totaler Relation zur materiellen Basis. Denn wie soll jemand eine Handlung vollbringen, die ihn glücklich macht, die er also – nach der Befriedigung aller Bedürfnisse, wie Aristoteles schon anschnitt – zum Selbstzweck vollrichtet, wenn er nicht die Ressourcen dazu hat?! Wie soll der Hartz IV-Empfänger glücklich werden, wenn er zwar eine tolle Frau hat, aber schauen muss, wie er über die Runden kommt?!
Ergo hat der vorliegende Essay ansatzweise zu belegen versucht, dass der Wert des Glückes kein ethisch-moralischer ist, sondern, aufbauend auf der humanistischen Psychologie, ein sozioökonomischer und materieller Wert ist, der in der Befriedigung des Bedürfnisses nach Glück entsteht. Halten wir also noch einmal abschließend fest: Glück hat eine unterschiedlich hohe materielle Basis, die es nur demjenigen mit einer höheren Basis erlaubt, glücklich zu werden; diese Basis ist noch keine Glückgarantie, sondern Grundbedingung. Worin der Wert oder Selbstzweck des Glückes besteht, bestimmt teils das Individuum selbst, teils aber auch sein sozialer Kontext, ohne dass dies dem Individuum, das sich in einer freien Willensentscheidung wähnt, immer klar wäre. Ob die Entscheidung, was den Wert des Glückes ausmacht, frei ist oder determiniert, ist nicht absolut klar.
Klar ist hingegen, dass das auch Glück dadurch ein wirtschaftlicher Faktor wird, um den konkurriert wird, als ob mehr Glück des einen, weniger Glück des anderen bedeuten kann. Und tatsächlich handelt es sich bei den Werten und Vorstellungen, die als Medien das Glück realisieren sollen, so wie sie inzwischen konzipiert werden, meist um Waren – und Waren existieren nicht grenzenlos, denn das würde ja den Markt ruinieren. Und da so eine relative Abhängigkeit zur materiellen Basis des nach Glück strebenden Individuums besteht, entsteht durch den Kampf um Güter und Mehrwert, auch ein Glückskampf. Leider hat dies mit Moral nicht viel am Hut.
Schlussendlich bleibt zu resümieren und reflektieren, dass dies kein erstrebenswerter Zustand ist. Was oftmals bei den individuellen Glückskonzeptionen übersehen wird, ist, dass ein die Gesellschaft umfassender Glückszustand mehr Stabilität und Glück – beziehungsweise einer langfristigen Abwesenheit von Unglück – für das Individuum bedeuten kann. Ergo sollte der Mensch natürlich überlegen, wie er der Gesellschaft ein Maximum an Glück bescheren oder sie von Unglück befreien kann, da dies auch zu seinem Wohl beiträgt. Denn bei der Kapitalisierung der glücksbereitenden Güter und Werte scheint das (post)autonome Individuum zu vergessen, dass der wahre Wert hinter dem Glück ein kollektives Glück sein könnte, dass man also das eigentlich nichtethische Glück moralisieren und vergesellschaften kann. Leider ist dies keine Voraussetzung für jedes Individuum, um glücklich zu wer-den. Kollektives Glück wäre nur ein Bonus zum individuellen Glück. Man könnte dafür etwa sozialgerechte Glücksgrundsätze entwerfen, aufbauend auf John Rawls´ Gerechtigkeitsgrundsätzen: Demnach würden die materiellen Grundlagen, die Glück bescheren können, gleichmäßig zu verteilen sein. Man kann hier nur von den Grundlagen sprechen und nicht vom Glück selbst, da ein politisches oder soziales System nie garantieren kann, dass seine Bürger in ihm auch glücklich werden. Gleiche Glücksbasis! Ausnahme dieses Grundsatzes wäre, dass jemand größere Ressourcen erhalten soll, der damit das gesamtgesellschaftliche Unglück minimieren kann. Da nämlich Glück nicht für jeden identisch ist, gilt der zweite Grundsatz nur bezüglich des Unglücks, dessen Wegnahme ein wichtiger Schritt hin zum Glück ist – und unglückliche Zustände sind für viele identisch. Das Ganze ist freilich noch höchst unkonkret; es dient ja auch nur als Denkanstoß.
Ergo kreiert sich der Mensch Vorstellungen und Werte des Glücks, wobei er dabei oft noch zu vergessen scheint, dass ein kollektiv erstrebtes Glück als höchsten Glückswert den (materialistischen) Kampf um den Glücksmehrwert beenden kann.
(pjd)
Über den Autor:
Philip J. Dingeldey, geboren 1990, studiert in Erlangen-Nürnberg Geschichte und Politikwissenschaft. Nebenher hat er schon in verschiedenen regionale und überregionalen Medien journalistische und essayistische Texte veröffentlicht. Auch in verschiedenen Anthologien und Literaturzeitschriften hat er schon literarische Kurzprosa publiziert und 2012 erschienen seine Kurzgeschichtensammlung „Koitus mit der Meerjungfra.u Geschichten am Rande“ und sein Gedichtband „Afterrauch und Todesesser. Gedichte aus unserer Zeit“.
Wwie wir hieran sehen können, hat der Fürther Autor zwar zunächst ganz konstruktive Kritikansätze geliefert, auf welche ich mich auch gerne eingelassen habe. Leider blieben seine Aussagen danach nicht mehr in dieser Art bestehen. Vielmehr verblieb er zwar in einer Fundamentalopposition, zeigte aber nur noch großen Ärger über Details. Der Ärger sei ihm vergönnt. Schade finde ich auch, dass er jetzt das Ganze auf ein niveauloses und persönliches, ja, gar beleidigendes Niveau herabzieht und zwar nicht nur mir gegenüber, sondern auch anderen Kommentatoren gegenüber, die ihre allgemeine Zustimmung bekunden wollen.
Seine langjährige, private Beschäftigung sei in allen Ehren, aber daran sieht man, dass Alter nicht gleich Recht gibt. Scheinbar kommt diese Unstimmigkeit von einem von meinen Bild von Sozialbedürfnissen differierendem Bild von dos. Er kann gleichwohl weiter umherhetzen, ob das zur Untermalung von seinen sich immerzu nur wiederholenden Thesen ebiträgt, mag der Leser selbt entscheiden.
Ein letztes Mal kann ich nur betonen: Ich will niemanden moralisch damit befreien, ich will nicht sagen, dass jemand, der am Existenzminimum lebt, anderen nicht hilft (wer würde das schon behaupten?) oder dass er nicht sozial handeln kann. Ich sage aber, aufbauend auf der humanistischen Psychologie, dass er ohne entsprechende materielle Basis nicht langfristig glücklich werden kann und dass jemand, der ums Überleben kämpfen muss, diesem den Vorzug gibt (ob dies nun auf gegenseitige Hilfe oder durch Egoismus erfolgt, ist eine andere Frage, die ich so im Text gar nicht weiter behandeln wollte, da sie zu weit vom genauen Thema wegläuft. Erwähnt wurde nur, dass dieses Streben nach Glück als selbstzweckliche Tätigkeit durch die Materialisierung nicht unbedingt ethisch-normativ sein muss, aber freilich theoretisch sein kann). Das ewige Festhalten und die steife Selbstgerechtigkeit von dos finde ich bedauerlich lächerlich. Es schmeichelt zwar, dass er sich so intensiv mit meinen Aufsatz beschäftigt, dass er ihn sogar – ohne Zustimmung oder Erlaubnis von mir – auf eine andere Seite setzt. Schade ist nur, dass das wieder nur der eigenen Selbstbeweihräucherung dient und dem persönlichen Hass. Aber das ist sein Problem. Ich möchte ihn daher nur auffordern, von der Seite http://digitale-demokratie.net/vpub/vollkommentarzupotemkinkampfumsglueck3.html meinen Essay herunterzunehmen und wenn er noch meint, Details kritisieren zu müssen, sollte das jemand lesen wollen, dies hier zu tun – auf Gefahr hin, dass sich dann die Diskussion nur noch dreht.
In
http://digitale-demokratie.net/vpub/vollkommentarzupotemkinkampfumsglueck3.html
findet sich die Fortsetzung zu Punkt 2 – in Form von inline-Kommentaren, deren Enden jeweils gelb markiert sind. Kürzeres ist durchgängig gelb.
wenn es im Allgemeinen auch zutrifft, und nicht auf der Macht basiert, sich als falsches Allgemeines vor das wirkliche Allg. zu schieben, z. B. weil (gedankliche) Bequemlichkeit und ungerechtfertigte Dispense winken.
pjd zeigt eine Hartnäckigkeit in seiner Schnöselei, die auf karrierefreundliches Nachbeten der pseudo-linken Akademik von Brecht-Exegeten und Maslow-Anhängern hindeutet.
Damit ist weder dem Allgemeinen noch dem Linken gedient, wie an der politischen Geschichte, nicht nur, aber vor allem der Linken unschwer zu erkennen ist, in der jener Vulgärmaterialismus, schnell in den Weißkittel von „Wissenschaft“ geschlüpft, den wesentlichen Hauptstrom ausmachte, – mit den bekannten Ergebnissen.
Ich habe die ganze Page vor Ärger jetzt inline durchkommentiert und stelle sie bald hoch, link folgt.
ich hoffe, dass das Allgemeine noch erlaubt ist 😉
„Dem Fürther Autor kann ich insofern danken, als dass er, wenn auch ziemlich falsche, so doch immerhin weitere Denkanstöße geboten hat.“
Oha, da hat sich jemand mit SEHR ‚abgehangenem‘ Zeug weit aus dem Fenster gelehnt und kriegt vom frischen Wind voll die Lade vor die Nase gehauen, – das tut weh und provoziert Gegenreflexe, wobei ich den Eindruck habe, dass diese keinen längeren Bestand haben können oder sogar im Rebound den so Austeilenden erneut treffen, – ich geh’s mal der Reihe nach durch:
1.
„Ich würde einmal gerne wissen, wo welche Wissenschaft die Prinzipien der humanistischen Psychologie widerlegt hat? Wie kommt dos darauf?“
Experimentelle Verhaltensforschung incl. Verhaltenspsychologie, vergleichende Sozial- u. Kulturwissenschaft, Hirnforschung, Phylogenese und Enwicklungspsychologie erkennen ‚den Menschen‘ eher als Sozialwesen mit entspr. Moralitäten, – unter (fast) allen Umständen, gleich in welch‘ schlechter Lage er sich befindet, haben Sozialbedürfnisse oft sogar Vorrang vor EXISTENZIELL relevanter Bedürfnisbefriedigung.
Natürlich nur insoweit die „Prinzipien der humanistischen Psychologie“ nicht weitgehend begründungsfreie Konstitutive des Epistems der „humanistischen Psychologie“ eben selbst sind, die sich zirkulär selbst bestätigen, bzw. stets eben das aus ihrem Gegenstand hervorholen, was zuvor (Epistemkonstitutive) hineingelegt wurde:
Solche ‚Erkenntnisse‘ kann keine Empirie und kein Gedanke ‚widerlegen‘, ohne das Epistem zu verlassen. (Was solche Erkenntnisse nicht völlig wertlos macht, denn immerhin zeigen sie, daß das Hineingelegte das (Pseudo?-) Epistem und z. T. seinen Gegenstand übersteht, – und z. B. nicht davon zerfressen wird, was man ja auch schon gesehen hat.)
Ich komme darauf nicht nur aufgrund über 40-jähriger Beschäftigung mit diesen und anderen Fragen im Feld der Akademik und Publizistik, Wissenschaft und Philosophie sondern auch durch persönliche Erfahrungen, die vom Ghetto in Kingston und Montego-Bay, Leben bei allerärmsten Zuckerrohr-Kleinstbauern, über Havanna u. ä. miserable Exotica und auch hiesige Erlebnisfelder reichen. Auch schlichte Berichte der Verwunderung, unter allerschlechtesten Lebens- bzw. Sterbebedingungen den vielbeschworenenen „Kampf jeder gegen jeden“ NICHT zu sehen, sondern die praktische Gültigkeit von grundlegender Teilungs-Moral und anderer Normen zu erleben, führten neben der Epistemkritik zu meinen Einwänden.
2.
Ich habe nicht „den“ ZEIT-Beitrag „zitiert“, sondern auf zwei zusammenhängende ZEIT-Beiträge VERWIESEN.
Schaun wir mal, wie es ansonsten mit der selbstbescheinigten Gründlichkeit bestellt ist:
(Zwischensave, wird fortgesetzt)
Ok, ich hatte übersehen dass es oben eine Antwort zu meinem 1. comment gibt, und dass das hier mit „Recht haben“ und lgs usw. sich auf jan bezog, der schön allgemein „Ohne eine fundierte Reflexion von Kategorien wie Glück, Moral und Ethik eine profunde Auseinandersetzung mit dem materiellen Entwicklungskontext“ verkümmert sieht.
Jetzt kümmere ich mich um die Antwort oben.
Gern geschehen! Und bitte weitermachen in DEINEN Reflexionen, – die ihrerseits notwendig zum Teil etwas dessen ‚reflektieren‘ müssen, was in Schule und Studium so gelehrt wird, heute, -noch.
Es hat deutlich über 40 Jahre gekostet, mich von den ‚geheimen‘ wie offenen Curricula aller polit. Verortungen gedanklich zu emanzipieren, – wenngleich dieser Prozeß sehr früh anfing.
Zu fragen wäre z. B., inwieweit die MORALISCH-ETHISCHE ENTLASTUNGSFUNKTION, die die krititisierten Theoreme ja geboten hatten, und die für einen nicht geringen, auch einflussreichen Teil „der Massen“ des 20. Jh. äußerst attraktiv waren, in den Vorzeichen gewandelt und so erhalten werden kann:
Haben wir nicht das (partikulare) RECHT Verhältnisse zu schaffen, in denen wir NICHT oder zumindest nicht existenziell, ständig in moralische Anspannung mit dem hohen Risiko des moralischen Versagens gestellt sind ?
Welche Mißbrauchsmöglichkeiten/Gefahren ergeben sich aus einer solchen ‚Position‘ bzw. bleiben auch unter Vorzeichenwechsel erhalten ?
Und 100 weitere ähnlicher Fragen stellen sich in diesem Zusammenhang …
Vielen Dank für das Lesen und die Reflexion. Damit hast du Recht. LG
Dem Fürther Autor kann ich insofern danken, als dass er, wenn auch ziemlich falsche, so doch immerhin weitere Denkanstöße geboten hat.
Ich würde einmal gerne wissen, wo welche Wissenschaft die Prinzipien der humanistischen Psychologie widerlegt hat? Wie kommt dos darauf?
Nun, ich habe vor dem Verfassen des Essays mir den Beitrag in der ZEIT, den dos zitiert, gut durchgelesen und finde im Prinzip keinen wirklichen Widerspruch zu meinem Artikel. Wer will denn tatsächlich bestreiten, dass Arme sich eher gegenseitig helfen, weil sie aufeinander angewiesen sind?! Das würde ich auch nicht behaupten. Das dient aber natürlich der Befriedigung der Mangelbedürfnisse. Dies passiert aus keiner altruistischen Moral, sondern aus der Notwendigkeit der Gegenseitigkeit. Natürlich ist eine solche Kultur des Teilens etwas positives, was eine starke soziale und zu begrüßende Wirkung hat, ist jedoch nichts rein moralisches, im Sinne von altruistisch. Denn, so wie ich den Artikel der ZEIT in Erinnerung habe, halfen den vermeintlich Obdachlosen diejenigen, die die Möglichkeiten hatten, wie einem eigenen Obstladen etc. Jemand, der einen Obstladen besitzt, auch wenn er sonst sehr arm ist, kann viele Mangelbedürfnisse stillen und dadurch schon wieder anderen dabei helfen.
Viele interpretieren Brecht in die humanistische Psychologie hinein, so wie dos. Das ist so abgedroschen, wie es unvollständig ist. Brecht wollte in seiner genialen „Dreigroschenoper“ mit diesem zynischen Beitrag, den jemand singt, der sich auf anderer Kosten bereichert, nicht allein das zum Ausdruck bringen. Aber nehmen wir an, der Satz passe exakt auf das Prinzip der humanistischen Psychologie: Dann ist das immer noch ein hässliches Menschenbild, da besitzt dos wohl Recht. Es zeigt allerdings, wie hässlich das Menschsein werden kann, wenn es um die Befriedigung der Mangelbedürfnisse geht (und dazu zähle ich auch die Sexualität bis zu einem gewissen Grad) und dazu stehe ich. Damit will ich niemandes Kopf aus einer moralischen Schlinge ziehen, aber es verhält sich in enormen Notzuständen so, ob das angenehm ist oder nicht, ob dos diese Welt mag oder nicht. Eine moralische Entbindung bietet mein Essay nicht, wie ich finde (auch wenn manche etwa Brechts Moralsatz so auslegen möchten – Brecht tat das aber nie). Wenn manche das so herauslesen wollten, so hoffe ich, sie kommen zu anderen Ergebnissen.
Nur zu …!
Mir wird jedenfalls die soziale Alltagswelt sehr viel verständlicher in der Erinnerung an diesen Zweig des linken Rhizoms:
Klar muß ein AN-Vertreter, z. B. bei VW, ERST seine sexuellen Bedürfnisse befriedigt haben, bevor er sich um „soziale Bedürfnisse kümmern“ kann. Dass das dann eine brasilianische „Geliebte“ für 10 bis 30.000 Euro im Monat ist …
Zugleich trägt der Essay das seltsame Verständnis Maslows von der Sexualität als einer präsozialen/nichtsozialen/asozialen Sache in die heutige Zeit.
Ich finde der Text bietet viele Anregegungen über den alltagspolitischen Tellerand zu blicken. Ohne eine fundierte Reflexion von Kategorien wie Glück, Moral und Ethik verkümmert eine profunde Auseinandersetzung mit dem materiellen Entwicklungskontext.
„Bevor man sich um soziale Bedürfnisse kümmern kann, müssen demnach erst die Mangelbedürfnisse befriedigt sein, d. i. Hunger, Harndrang, der Schutz durch ein sicheres Heim oder Sexualität.“
Das ist uralt, Maslow & Brecht, – und grundfalsch, wie die Wissenschaft seither erkannt hat und wie die Empirie lehrt, wenn man unter Leuten gelebt hat, die kaum 10% der genannten „Grundbedürfnisse“ befriedigen können, bis hin zu denen in Neukölln, denen das mit Mühe leidlich gelingt.
Vergl. dazu DIE ZEIT mit dem ‚Obdachlosentest‘ in Kronberg und Neukölln.
„Bevor man sich um Soziales kümmern kann“ ist kein a-priori des Mensch-Seins und auch nicht der allermeisten Ideen des Menschseins, im Gegenteil: je mehr Grundbedürfnisse unbefriedigt bleiben, desto öfter trifft man auf hochnormative/hochmoralische Teilungskultur.
Insoweit die Linke auf dem Brecht’schen „Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral“ aufbaut, scheitert sie, weil die Hässlichkeit dieses Menschenbildes kaum zu überbieten ist: denn gerade dann, wenn es darauf ankäme, – bei Unterversorgung der Grundbedürfnisse -, auch für andere da zu sein, zieht das solcherart ‚links‘ gestimmte Individuum den Kopf aus der Schlinge und lässt die andern die andern sein.(s. a. Griechenland) Und so erhalten Religionen u. ä. den Vorzug dann auch im Politischen. Das hatte Andre Malraux, DAS Oberarschloch unter den französischen Intellektuellen für das 21. Jh. so ‚aphorisiert‘, – ohne DIESE Gründe (es mag weitere dazu geben) zu nennen.
Der Autor lebt in Fürth, also im Raum Erlangen/Nürnberg wie pjd.
Und wenn die Linke nicht soviel löschen würde, wüsste pjd den Rest nachzuschlagen …linksaktiv.de bis 14.1.2013, unter-den-linken.de, lafontaines-linke.de u. v. a. m.
Liebe Linda,
vielen Dank für das Lesen und deine Kritik. Du hast recht, investigative Arbeit war der Artikel nicht, aber das war von mir auch nicht beabsichtigt. Denn da es sich um einen Essay handelt, ist Investigation nachrrangig, wichtig sind diskutable, interessante Gedanken/Thesen.
Mein Abitur ist nun schon etwas her (vgl. Vita) und hat auch nichts damit zu tun. Der Tipp war leider falsch. Nun, da es ein Essay ist, beansprucht er ja auch weder Vollständigkeit noch komplette Wissenschaftlichkeit, auch wenn ich mich natürlich auf philosophische, soziologische, politologische und psychologische Fakten oder Kontroversen stützen kann. Was du mit der eigenen Arbeit meinst, kann ich jedoch weder verstehen noch nachvollziehen. Naürlich muss ich mich bei eigenen Thesen auf andere schon erwiesene stützen, aber warum sollte das dann keine eigene Arbeit sein?! Was soll damit gemeint sein?
Vielleicht kann man mehr daraus machen, schon möglich. Das hier war ja erst einmal ein Denkanstoß.
LG
Keine schlechten Über- und auslegungen, aber leider wenig investigative Arbeit.
Wenn ich das richtig sehe, hast du das gerade während des Abiturs gelernt und zwar in praktisch gleicher Form.
Zu wenig eigene, wirklich wissenschaftliche Arbeit.
Aber sonst ganz nett. Solltest du mehr draus machen.
LG.