Familienbande

Nepotismus (lat. nepos ‚Neffe‘ und -ismus), auch Vetternwirtschaft genannt, bezeichnet das Einstellen von Arbeitnehmern bzw. das Besetzen von Posten oder die Beschaffung von günstigem Wohnraum durch bzw. an Familienangehörige, Familienmitglieder bzw. Verwandte oder eine übermäßige Vorteilsbeschaffung für diese.

So erklärt zumindest Wikipedia die Bedeutung des Wortes, das in letzter Zeit häufig in Verbindung mit der CSU und Bayern in den Medien vorkommt. Und so lautet auch gerne der Vorwurf in Richtung der Christsozialen, die es in „ihrem“ Freistaat etwas übertrieben haben mit der allfälligen Selbstbedienungsmentalität der politischen Klasse.

Wirkliche Saubermänner und -frauen lassen sich allerdings parteiübergreifend nur mit der Lupe finden. Natürlich ist es zumindest moralisch verwerflich, wenn der CSU-Fraktionsvorsitzende jahrelang seine Frau auf Kosten des Steuerzahlers beschäftigt. Sicher lässt es tief blicken, dass eine Generalsekretärin bis kurz vor der Hochzeit auch Arbeitgeberin ihres Lebensgefährten ist. Wobei sich diese Art Vetternwirtschaft nicht auf den Süden und die CSU beschränkt. Auch manch Berliner Freibeuter ist das steuerfinanzierte Auskommen der Familie wichtiger, als Transparenz und politischer Anstand.

Wie wohltuend, dass wenigstens eine politische Partei gänzlich unverdächtigt ist unter Nepotismus zu leiden. Die Linke könnte damit nicht nur die einzige Antikriegspartei sein, sondern auch die einzige „Antinepotismuspartei“. Zu Recht. Wie man hervorragend am Beispiel ihres Bundestagsabgeordneten Werner Dreibus sehen kann. Er war nie zusätzlich zu seinem Mandat auch bezahlter Bundesgeschäftsführer der Partei. Und natürlich ist seine Frau auch nicht bezahlte Buchhalterin seines Landesverbandes. Und keinesfalls wird die gemeinsame Tochter als Angestellte seiner Fraktionskollegin aus dem Steuersäckel bezahlt.

Zu Recht beklagen sich die linken Politiker also über die Selbstbedienungsmentalität der „Anderen“, die Staat und Partei zur Beute der Familie machen. Und falls doch plötzlich mal ein Sozialist durch Vetternwirtschaft oder kreative Steuergestaltung auffällt, ist das nur menschlich und nie mit dem vergleichbar, was die „Anderen“ als Dreck am Stecken haben. In Anbetracht dessen möchte man die vor sich hin moralisierenden Genossen mit Dauerempörungsneigung auf ein anderes Fremdwort hinweisen:

Populismus (lat.: populus, „Volk“) bezeichnet eine um „Nähe zum Volk“ bemühte Politik, die Unzufriedenheit, Ressentiments, Ängste, Hoffnung und aktuelle Konflikte ausdrückt oder instrumentalisiert, indem sie Gefühle anspricht und einfache Lösungen vorstellt.

(mb)

3 Kommentare

  1. Man kann das nepotische Prinzip, insbesondere der hessischen Linken, auch als „Dreibussche Königsfamilie“ oder „linke Königsmacherei“ bezeichnen, weil die gewaltigen finanziellen und auch die immensen immateriellen Vorteile, die ein bundesrepublikanisches Stadtverordneten-, Landtags- oder Bundestagsmandat mit sich bringen, ausschließlich innerhalb der raffzahnigen Blutsverwandtschaft und/oder der mit ihr gierschlündig verbandelten, parteiinternen oder parteiaffinen Geisteshaltungsverwandtschaft, innerhalb eines zahlenmäßig streng begrenzten Begünstigtenkreises, fair umverteilt werden.

    Bezüglich der zentralen Grundwerte des demokratischen Sozialismus, der sozialen Gerechtigkeit, Menschenwürdigkeit und Geschwisterlichkeit ein blanker Hohn, der kaum zynischer und klientelverachtender daherkommen könnte und die angebliche Richtschnur der linken Mandatsträger, unnachgiebig an der Seite derer zu stehen, die um ihr Recht auf Teilhabe kämpfen müssen, als ein unendlich dehnbares Gummiband ausweisen, um das Linke-Axiom der Armutsbekämpfung nicht als gigantischen lügenbaronischen Betrug zu bezeichnen.

    Die Schlechtigkeit der Welt, die wir „normale“ Wählerinnen und Wähler uns besser und schöner vorstellen können, wird durch das Vorexerzieren der exaltierten Dekadenz der Linken garantiert um keinen Deut in Richtung soziale Gerechtigkeit verändert, noch nicht mal in idealistischen Ansätzen, sondern bestätigt ganz im Gegenteil bestmöglich die Betoniertheit der kapitalistischen Verhältnisse, also deren Unveränderbarkeit auch unter der Ägide einer linken Königsfamilie.

    Wer glaubt denn der kontraproduktiven Linken noch, sie würde tatsächlich antreten, um den Reichtum couragiert zu besteuern, wo sie doch selbst dem Dreibusschen Sozialsystem frönt, bei dem ihrer asozialistischen Funktionärscamarilla die Butter so dick auf’s Brot geschmiert wird, dass dem postindustriell neoliberal ausgezehrten Pauperisten allein schon vom Anblick des fettfilzkontaminierten Nahrungsmittels schlecht wird.

    Angesichts des moralisch verwerflichen Familienbande-Frönens der hessischen Linken würde es nicht wirklich Wunder nehmen, dass deren um die 5 Prozent Herumdümpeln in den einschlägigen Meinungsumfragen letztendlich den Wiesbadener Fenstersturz für den politit-astronomischen Herbst am 22. September ankündigt, bei dem die sechs hessischen linken Abgeordneten aus dem Landtag geworfen werden, wenn in den bis dahin verbleibenden Tagen die linke feudale Königsfamilie nicht nachhaltig zu einer grundsätzlich demokratisch, sozialistischen Familie mutiert.

    Nichts ist unmöglich. Schaun‘ mer mal.

  2. Da beim Bundestag die Beschäftigung von Familienangehörigen untersagt ist, wird es eben „überkreuz“ gemacht.
    So bricht die Linkspartei (formal) keine Regelungen. Andere nennen das dennoch „nepotistisch“.
    Zum Teil sind es (Lebens)partner mit anderem Familiennamen.

  3. Wenn man ein Beschäftigungsverbot im eigenen ’scope‘ will, muß man sich zugleich gegen die ‚italienische‘ Entwicklung etwas einfallen lassen, wo dann ein Tauschnetzwerk entsteht, ich nehm‘ deine Tochter, du meinen Sohn usw.
    Sowas vervielfacht dann die Interdependezen innerhalb der berufsmäßigen Politik u. der Verwaltungskaste.
    Das‘ eh schon ein Grund für politischen Stillstand und scheinbar von niemandem durchdringbare Tabuzonen, z. B. bei großen Wohnungsbau-Deals.

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