Nach der Vorstellung des Vorsitzenden der IG Bau als Teil des Schattenkabinetts von SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück fordern führende Politiker der Linken dessen Rückzug aus der Gewerkschaftsarbeit. Wiesehügel, der als scharfer Kritiker der Agenda-Politik gilt, solle sein Amt für die Dauer des Wahlkampfs ruhen lassen. Andernfalls litten seine Glaubwürdigkeit und die der Gewerkschaften, erklärte Linkenchef Bernd Riexinger im Gespräch mit der „Passauer Neuen Presse„. Wiesehügel müsse sich entscheiden, „Sozialdemokrat oder Gewerkschafter, für Rentenkürzungen oder dagegen“.
In der „Mitteldeutschen Zeitung“ wurde die Vizevorsitzende von Partei und Fraktion, Sahra Wagenknecht, noch deutlicher. Sie fordert, dass Wiesehügel einen „klaren Trennungsstrich“ ziehen und sein Amt als IG Bau-Vorsitzender niederlegen solle. „Sonst geraten die Gewerkschaften in den Verruf, einmal mehr zu viel Nähe zu einer Partei zuzulassen, die die Grundlage für Millionen Hungerjobs gelegt hat“, so Wagenknecht weiter.
Ähnliche Forderungen – unter anderem aus den Reihen der Gewerkschaft selber – wurden auch laut, als der hessische GEW-Chef Jochen Nagel vor einigen Wochen auf die Landesliste der hessischen Linken gewählt worden war. Hier sah man aber bei den Sozialisten keinen Widerspruch zwischen seiner Tätigkeit als hauptamtlicher Gewerkschaftsfunktionär und der Kandidatur für Die Linke. Nagel selber will nur dann den Chefsessel der GEW räumen, wenn er im September tatsächlich in den Bundestag gewählt wird.
Ob nun Gew.Vors. oder Bezirksführer: D A S kann ja nicht die Frage sein,
ein BT-Mandat zu übernehmen, ein Schattenkabinett zu bevölkern (worum es hier DERZEIT ausschließlich geht) oder wirklich Minister zu werden: Jede Regel, ob man aus dem „Alten“ aussteigt, ruhen lässt, zugleich weitermacht usw. müsste eine solche Differenzierung explizit aufstellen und begründen. Davon ist nichts zu sehen.
Von daher zwar gut überlegt und listig formuliert, wie so oft von Riexinger,, Baden-Würtemberger halt, aber leider ohne „Zug“ beim Publikum, denn beim schnellen Überfliegen denkt man:
hä, watt’für’n krauset Zeuch dawieda, Gew. + SD sind doch seit je miteinander dicke, wieso entweder oder, – WATT willa?
: Nun, er will zurecht deutlich machen, dass die SPD für RKen steht, ‚die‘ Gew.’en bzw. IGBau+X aber angeblich o. tatsächlich nicht.
Das Problem:
Damit läuft auf der medialen Anreissschiene der polit. Kurzform eine ‚hermeneutic disorder‘, die die üblich gehandelten Verständnis-Dispositive (hier: Gew.’er sind überprop. auch SD’en u. umgekehrt) – und denen ja oft Wahrheit innewohnt so wie hier – explizit negiert: „Entweder Gew.’er ODER SD“.
Damit verspricht R. eine Unordnung, statt Einordnung auf der allerersten Rezeptionsebene (Überfliegen u. ä.), ohne die Skandalpotenz von „Unordnung“ hinreichend
a) schon auf der ersten Ebene zu unterfüttern, und
b) auch auf den zweiten Blick nicht nachzuliefern: Dass sich einer von beiden (G.’en o. SDie) oder beide zugleich in pauschaler Weise wg. der Rentenpolitik voneinander scheiden werden steht nicht zu erwarten, sosehr die Rente natürlich AN u. damit die G.-Mitglieder betrifft, sosehr steht im Zentrum der gew. Aufgaben eben ZUNÄCHST nicht der Ruhestand, sondern die aktiven Arbeit(erInnen), auch wenn Nettolöhne natürlich mit dem RS bzw. der RP interferieren. Bevor an den Ruhestand zu denken ist, muß erst gute Arbeit zu guten Löhnen laufen, sonst ist man entweder vorher tot, oder dann krank, oder dann arm oder beides, weil zwar die RK ausgeblieben sind, aber vom Netto zuwenig blieb, um ein nach der persönlichen Leistungsfähigkeit und ein nach dem pers. Bedarf gemäßes Leben im Niedriglohnbereich zu führen (overworking usw.)
klar, Mann kann das anders sehen. Mit klarer Sicht auf die Dinge bleibts aber dabei, daß Wiesehügel für die Rente ab 67 Werbung macht.
Wer ärgert sich übrigens, dass Wiesehügel nicht für eine andere Partei Wahlkampf macht? Märchen aus dem heuohr-Land sind so ne Sache… püh 🙁
Das kann man auch ganz anders sehen: Zunächst macht er Wahlkampf für eine Partei. Dieses passt der anderen Partei nicht. Deshalb ärgert man sich, dass er nicht für die eigene Partei Wahlkampf macht.
Ein anderer Kandidat, der für die eigene Partei Wahlkampf macht und deshalb von seinen KollegInnen kritisiert wird, der macht natürlich alles richtig. Weil er für die eigene und somit vermeintlich „richtige“ Partei Wahlkampf macht. Deshalb sind dessen Kritiker zu kritisieren, weil sie etwas am eigenen Kandidaten falsch finden was man selber am anderen Kandidaten falsch findet, weil der für die andere Partei Wahlkampf macht.
Ganz davon abgesehen, dass eigene Leute, die nicht klar trennen können wollen zwischen Parteimandat und Gewerkschaftsjob, die machen aber alles richtig. Es sei denn, sie hätten das bei der anderen Partei gemacht… usw.
Is ja alles irgendwie albern – oder?
Knapp vorbei ist auch daneben, heuohr. Zum einen sind resp. waren die drei Genannten im Unterschied zu Wiesehügel niemals Vorsitzende einer Gewerkschaft, zum anderen steht nicht in der Kritik, daß sich Gewerkschafter in Parteien einmischen, sondern daß Wiesehügel Wahlkampf für Rentenkürzungen macht.
Die Kritik ist nicht nur kleinlich sondern auch verlogen. Es gibt mindestens drei Linksparteipolitiker die nicht nur ein Mandat für die Partei wahrnehmen, sondern auch noch lange Zeit mit mindestens 50% an ihrem Job bei der IGM festhielten: Ernst, Ulrich, Dreibus.
Wenn die Rückabwicklung der Agenda 2010 durch Hern Wiesehügel erfolgt, wäre ich mit dieser Besetzung sehr frieden. Er war doch einer starker Kritiker vom Kaoten-Kanzler Schröder.
Immerhin aber auch twittert Benjamin Hoff vom fds am 12.5.:
„Gute Güte ist @dieLinke Kritik an der Berufung von Wiesehügel und die Forderung den IG BAU-Vorsitz ruhen zu lassen kleinlich. #SPD #btw13
Als langjähriges Mitglied der IGBAU bin ich enttäuscht darüber, dass Klaus Wiesehügel in Steinbrücks Kompetenzteam mitarbeitet. Und zwar weil Steinbrück z.B. einer der Protagonisten für die Rente mit 67 war und ist, und wir als Gewerkschafter immer dagegen angekämpft haben. Viele weitere Steinbrücksche Ungerechtigkeiten ließen sich anführen. Aber eins muss dem Kollegen Wiesehügel klar sein: wir, die Mitglieder der IGBAU, werden weiter für soziale Gerechtigkeit, gute Arbeit und gute Renten kämpfen und das werden wir auch rüber bringen, nicht zuletzt auf unserem Gewerkschaftstag im September 2013.