Fair Play geht nicht in die Verlängerung

Wir erinnern uns, dass noch im April ein fussballsprachlich verkleideter Aufruf durch die Partei geisterte, der forderte, dass in Zukunft Linke ihre Debatten (und Konflikte) in den parteinahen Medien (sprich der jW und dem ND) austragen sollten. Die als bürgerlich erkannte übrige Presselandschaft zu bedienen – und sei es in Form von Interviews – sollte ein für alle mal der Vergangenheit angehören. Initiiert von Funktions- und Mandatsträgern und unterstützt von (Stand nach 5 Monaten: 725) Unterzeichnern listet man auch einige angebliche Medienfouls auf, die sich eine bestimmte Gruppe Genossen geleistet haben soll. Und die man in Zukunft durch Konzentration medialer Aktivität auf jW und ND verhindern möchte.

Nach dem Titel der jW zum 13. August, der darauf folgenden Diskussion innerhalb und ausserhalb der Partei und unter dem Eindruck einer Initiative, die zur Beendigung der Kooperation mit der jW aufruft, scheint man sich in der Schiedsrichterabteilung des linken Fair Play seiner Forderungen nicht mehr ganz so sicher. Und hält sie möglicherweise doch nicht mehr für den Stein der Weisen zur Erringung medialer Hegemonie im linken Parteikörper und der Öffentlichkeit. Als Kommentar zu einem Artikel in Lafontaines Linke, der sich mit den Boykottaufrufen im Bezug auf die jW befasst, formuliert einer der Initiatoren und Erstunterzeichner des Fair-Play Aufrufes, dass man es angesichts des Mauertitels der jW durchaus verstehen könne, wenn keine Anzeigen dort mehr geschaltet werden. Gleichzeitig hält man die dann, folgt man dem eigenen Aufruf zwingende, Verengung des medialen Spielfeldes allein auf das ND auch nicht mehr für richtig und formuliert wachsweich – und im Gegensatz zu dem was man noch im April postulierte – dass Interviews jetzt wieder in allen Medien von jW über Spiegel, SZ bis hin zur Jungen Freiheit (wenn es denn kontrovers zugeht) möglich sein müssen.

Sah man sich noch im April mit fleissiger Unterstützung der jW und einflussreicher Teile des Parteiapparates im Aufwind und in der Position, das mediale Spielfeld für den Streit über Weg und Ziel der Linken zu bestimmen, muss man nun offensichtlich einsehen, dass man einerseits die Geister, die man rief nicht so unter Kontrolle zu halten vermag, wie man es geglaubt hat und vor allem, dass andererseits – und das ist das eigentlich Bemerkenswerte an der Entwicklung seit April – der demokratisch-sozialistische Teil der Partei, der Freiheit und Sozialismus für den Weg der Zukunft hält, doch noch nicht so in der Defensive ist, wie man es vermutet hatte. Ein durchaus für beide Teile der Partei, die natürlich noch weiter im Vorfeld des Programmparteitags über die Definitionsmacht linker Politik in diesem Lande ringen werden, positiv zu sehender Befund, der Anlass zur Hoffnung gibt.
(mb)