Riexinger sieht existenzielle Probe für SPD

Sollte die SPD tatsächlich zusammen mit der Union eine Neuauflage der Grossen Koalition eingehen, wird dies zu einer existenziellen Probe für die Sozialdemokraten. Dies vermutet zumindest Linkenchef Bernd Riexinger in einem Gespräch mit der „Mitteldeutschen Zeitung“. „Zwischen Merkel und Politikwechsel gibt es keine Brücken. Dann braucht die SPD beim nächsten Mal gar keinen Kanzlerkandidaten mehr aufstellen.“, so Riexinger weiter. Es werde unweigerlich Brüche in der SPD geben. Die Linke werde dann gezielt um unzufriedene Sozialdemokraten werben.
(mb)

4 Kommentare

  1. Eine recht seltsame Interpretation der Wählerwanderung, die Riexinger vornimmt, der nach Eigenaussage „viele unzufriedene Sozialdemokraten kennt, die nicht mit Merkel verhandeln , sondern die Politikwechselmehrheit für den Mindestlohn aktivieren wollen“ und prophezeit, dies würde „ zu einer existentiellen Probe“ für die SPD werden.

    Die eventuelle Große Koalition war in der Gesamtwählerschaft bereits Monate vor der Wahl hinlänglich bekannt und pendelte sich laut Umfragen zuletzt auf eine Dafür-Mehrheit ein.

    Folglich sind auch speziell die SPD- und Die Linke-Wähler mit diesem Hintergrund zur Wahl gegangen.

    Laut dimap stellt sich die Wählerwanderung bei der Bundstagswahl 2013 für die SPD so dar, dass sie 210 000 Stimmen an die Union und 180 000 an die AfD verloren hat und im Gegenzug von der FDP 530 00, den Grünen 550 000, aus dem bisherigen Nichtwählerlager 360 000 und von der Linken 370 000 Stimmen zuwanderten.

    Für Die Linke zeigten sich die Wählersaldi in einer Abwanderung von 120 000 Stimmen zu der CDU, 40 000 zu den Grünen, 340 000 zur AfD, 320 000 zu den Nichtwählern und die bereits genannten 370 000 zur SPD. Gerade mal 75 000 Wähler sind von der FDP zur Linken übergewechselt, wie sonst ließe sich denn der krachende Verlust von 3,3 Prozent der Wählerstimmen bei der Linken erklären.

    Einen Bruch in der SPD-Volkspartei kann es nach der vorgenannten Datenlage wegen einer Großen Koalition im Grunde nicht geben und das von Riexinger an die Wand gemalte massenhafte Strömen unzufriedener Sozialdemokraten zu den mit Auffangnetzen bereitstehenden Linken ist wohl eine Schimäre zur Selbstberuhigung angesichts der signifikant nachlassenden Strahlkraft der angeblichen Politikwechsel-Kompetenzler.

    Als vor der Wahl listige Umfrageinstitute zeitweise Die Linke in der Sicherheit zweistelliger Wahlergebnisse wiegten, war die ordinierte Verunglimpfung der SPD als neoliberaler Handlangerin des Globalkapitals angesagt.

    Nach der Ernüchterung durch den knalligen Stimmenrückgang ist das Buhlen um die von Riexinger fantasierten, enttäuschten SPD-Mitglieder en voge, das mit dem Riexingerschen Orakel „die SPD brauche beim nächsten Mal gar keinen Kanzlerkandidaten stellen“ noch mal kräftig untermauert werden soll.

    Statt Riexinger dem herben Stimmverlust der Linken gemäß endlich einen handfesten Paradigmenwechsel hin zum Die Linke-SPD-Solidarpakt einleitet, versucht er mit Falschinterpretationen weiterhin die SPD schlechtzureden und mit dieser infamen Methode SPD-Mitglieder zu verunsichern und abzuwerben.

    Anscheinend hat Riexinger endgültig geschnallt, dass das Rechenschieber-Bündnis Rot-Grün-Minirot nun mal politisch eingeleitet werden muss und Die Linke alles Erdenkliche dafür angestellt hat, dies zu verhindern, sei es nun unabsichtlich wegen des völlig überzogenen Führungsanspruchs oder wegen ihrer Borniertheit, wobei ich befürchte dass die intellektuelle Beschränktheit der Die Linke-Penthouse-Etage als ausschlaggebender zu sehen ist.

  2. Den unzufriedenen Sozialdemokraten zu finden dürfte der einfachere Teil der von Riexinger beabsichtigten Aktion sein. Allerdings wird der sich kaum abwerben lassen- jedenfalls nicht zu einer von diversen Altkadern dominierten PDL.
    Aber viel bemerkenswerter ist, dass sich der gestandene Gewerkschafter Riexinger dem kommunistischen Brauch der 180 Gradwende geöffnet hat. Heute so, morgen anders und übermorgen vielleicht wieder so- oder auch nicht.
    Ihm muss doch klar sein, dass ein jeder Sozialdemokrat, der seine Pflaumen einigermaßen beisammen hat, sich auf ein solches va banque Spiel nicht einlassen kann und wird.
    Die entsprechenden Äußerungen von SPD-Linken hinsichtlich RRG sind wohl auf die reformbereiten Kräfte innerhalb der PDL gerichtet, erst mal KLARSCHIFF zu machen, bevor es zu einer verlässlichen Zusammenarbeit zwischen beiden Parteien, und darüber hinaus mit den Grünen, kommen kann.
    Also eine reine Agitprop-Veranstaltung um seine geschwächte Partei, das sinkende Boot, halbwegs über der Wasserlinie zu halten.

  3. Diese mit dem Brief von Gysi, Kipping und Riexinger angebotene Initiative in Richtung Mindestlohn und Abschaffung des Betreuungsgeldes markiert faktisch das Ende einer rot-rot-grünen Koalition, bevor über sie überhaupt gesprochen wurde. SPD und Grüne werden nicht mitmachen, schon aus dem einfachen Grund, dass das Risiko, dass sie dafür alle Stimmen noch nicht einmal zusammenbekommen, relativ groß ist. Aber der tiefere Grund ist, dass die Linke versucht, den Taktgeber zu spielen, also den anderen beiden Parteien zu sagen, wie diese jetzt zu handeln haben. Ich weiß nicht, wie ich das bezeichnen soll: instinktlos, lächerlich, absurd. Auf jeden Fall: ohne jede Wirkung. Es ist Agitprop fürs eigene Lager..

  4. Die Entwicklung ist aktuell aber völlig anders. Viele Wähler, die 2009 die Linke gewählt hatten, sind zur SPD zurückgekehrt. Das hat Gründe gehabt, die sich nicht einfach umkehren lassen. Der Teil der SPD-Linken, die auf eine Koalition mit der Linkspartei fixiert sind, ist überschaubar klein. Wenn wir uns die aktuelle Entwicklung bei den Grünen ansehen, so ist der theoretisch denkbare Zug in Richtung Rot-Rot-Grün auch für diese Partei inzwischen abgefahren, da muss sich die SPD nicht mehr entscheiden. Bernd Riexinger muss sich entscheiden: wenn er eine ausreichend große inhaltliche Schnittmenge mit der SPD sieht, dann war es in der Vergangenheit doch völlig falsch, diese Partei als neoliberal oder als Teil einer neoliberalen Einheitsfront aller etablierten Parteien schlecht zu reden. Stefan Liebig kann Rot-Rot-Grün fordern, weil das mit der gemeinsamen Schnittmenge für ihn und seine politischen Positionen gilt. Riexinger kann das als Person auch, weil er als Gewerkschafter ständig mit sozialdemokratischen Gewerkschaftern zusammengearbeitet hat. Aber als Vorsitzender einer Partei, die sich zumindest im Westen von dieser Anmaßung einer politischen Avantgarde noch nicht gelöst hat, wirkt das jetzt eher anbiedernd, wenn die eigene Partei als eine etwas bessere SPD herausgeputzt wird, die sich auf die scheinbar gemeinsamen Wurzeln besinnt.

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