Da im Gegensatz zur Wahl eines Papstes die Bundestagsabgeordneten der Linken auf ihrer zweitägigen Klausur im Spreewald über deutlich komplexere Personalfragen zu beschliessen haben, dürfte das Warten auf weissen oder schwarzen Rauch wenig zur Befriedigung des Informationsbedürfnisses beitragen. Trotzdem haben zumindest einige Gerüchte über mögliche Entscheidungen bereits ihren Weg aus dem Sitzungsraum gefunden. Das „Neue Deutschland“ weiss unter Berufung auf die „Deutsche Presse Agentur“ zu berichten, dass man in der Frage des Fraktionsvorsitzes einen ähnlich personalmaximierenden Lösungsweg wählen könnte, wie schon zur Bundestagswahl mit dem „linken Spitzenachter„.
Danach soll Gregor Gysi weiterhin alleiniger Fraktionschef bleiben. Ihm zur Seite könnte als einzige erste Stellvertreterin Sahra Wagenknecht stehen. Damit der Kompromiss auch wirklich alle Strömungen, Flügel und geographischen Befindlichkeiten abdeckt, komplettieren sechs weitere stellvertretende Vorsitzende den möglichen „Führungsachter“ der Linksfraktion. Hier sind, wie auch schon im Wahlkampfteam, unter anderem Klaus Ernst und Dietmar Bartsch im Gespräch. Angeblich habe Wagenknecht auch schon ihre Zustimmung zu einer solchen Einigung signalisiert.
In den letzten Tagen hatte die Auseinandersetzung um eine mögliche Doppelspitze in der Fraktionsführung an Schärfe zugenommen. Wagenknecht selber vermied dabei aber, ihre Kandidatur direkt zu erklären. In einem Interview mit der „Zeit“ forderte sie lediglich die seit drei Jahren im Fraktionsstatut festgeschriebene Doppelspitze endlich umzusetzen. Dem widersprach ebenfalls in der „Zeit“ ihr Fraktionskollege Stefan Liebich aus Berlin. „Ich kämpfe dafür, dass Gregor Gysi allein die Fraktion führt“, sagte er noch kurz vor Beginn der Klausur. Seine Aussage, dass es nicht um die Option Gysi oder Gysi und Wagenknecht, sondern um die Option Gysi oder nicht Gysi gehe, war als indirekte Drohung eines kompletten Rückzugs Gysis aufgefasst worden.
Eine andere strittige Personalie in der Fraktion wird dem Vernehmen nach auf der Klausur noch nicht entschieden. Dabei dürfte auch die Auswahl einer neuen Fraktionsgeschäftsführung Begehrlichkeiten der unterschiedlichen Flügel wecken. Die Stelle wird vermutlich neu besetzt werden müssen, da die bisherige Fraktionsgeschäftsführerin Ruth Kampa sich dem Vorwurf ausgesetzt sieht rund 20 Jahre bis 1989 für die Staatssicherheit tätig gewesen zu sein. Auch der Fraktionsführung und Fraktionschef Gysi soll Kampa diese Tätigkeit verschwiegen haben. Kampa selber hat Presseberichten zufolge vorerst Urlaub genommen. Über die Besetzung der Position muss die Fraktion auf Vorschlag des Fraktionsvorsitzenden in nächster Zeit beschliessen.
(mb)