Die Wahlen sind gelaufen, die Koalitionsmessen demnächst gesungen und Die Linke, die doch so gerne im Bund endlich hätte mitregieren wollen, wird die nächsten vier Jahre wieder mit sich selbst und ihrer Oppositionsrolle beschäftigt sein. Das dürfte eigentlich schon Beschäftigung genug sein, gerade, wenn man sich Rot-Rot-Grün für 2017 vorgenommen hat. Dummerweise fällt immer irgendwo ein Haufen vom medialen Himmel, in den Die Linke tritt oder gestossen wird.
Mal sind es mehr oder weniger abgehangene Stasi-Enthüllungen oder Geschichten aus der Gruft des westlinken Klassenkampfes. Und dann auch wieder heitere Schlagzeilen über den, von Gysi in Göttingen dummerweise öffentlich bezeugten, „Hass“ zwischen den vermeintlich unversöhnlichen Flügeln der Partei. War es im Januar 2012 ein der „Süddeutschen Zeitung“ zugespieltes Dossier mit Zersetzungsstrategien, das die herrschenden Kräfte der Westlinken unappetitlich scheinen liess, ist es nun ein angeblich überraschend aufgetauchtes Liederbüchlein der ostdeutschen Reformer, das es der „Welt“ ermöglicht zu zeigen, wie verroht der vermeintlich „bessere“ Teil der Linken ist.
Nun mag man fröhlich darüber spekulieren, ob das in der Presse Vermutete so stimmt. Oder ob nicht vielleicht die gerade andere Seite etwas über mindestens drei Ecken lanciert, um den innerparteilichen Gegner in schlechtes Licht zu rücken. Gar mag es der allgegenwärtige Verfassungsschutz sein, der im Interesse der Herrschenden Zwietracht unter den Linken säen will. Letztlich ist die originäre Urheberschaft dieser Haufen ziemlich egal.
Egal ist aber nicht, dass Die Linke sich seit Jahren in einem Zustand befindet, der solche Vorgänge glaubhaft scheinen lässt. In der Linken selber kann man sich mit grosser Mehrheit vorstellen, dass solche Liederbüchlein gedruckt oder solche Strategiepapiere geschrieben werden. Das Klima lässt solch Umgang der Genossen miteinander möglich erscheinen. Und so fällt jeder dieser Haufen auf einen fruchtbaren Boden.
Damit vergiftet sich das dringend überholungsbedürftige Arbeitsklima in der Partei immer mehr. Und der, immer noch in Millionen zählende, geneigte Wähler wird sich des Eindrucks kaum noch entziehen können, dass diese Linke zwar durchaus noch als rotes Tuch für SPD und Grüne taugen mag. Sicherlich aber nicht in der Lage und Willens ist das Land zu regieren. Der meinungsmachenden Presse, die der Linken noch nie in Liebe verbunden war, dürfte das nur allzu Recht sein. Von der politischen Konkurrenz ganz zu schweigen.
Auf ein reinigendes Gewitter in der Linken kann man als Beobachter dieses Treibens noch bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag vergeblich warten. Vielleicht wird aber den Genossen, die es tatsächlich ernst damit meinen, dass R2G eine bessere Politik für die Menschen bedeutet, endlich klar, dass ihre Partei in diesem Zustand des gegenseitigen Schmutzwerfens kein erfolgversprechender Partner für SPD und Grüne sein kann. Die nächsten vier Jahre sollten dann genutzt werden, um sich um die innere Verfassung der Partei zu kümmern. Und sie endlich wieder vom Kopf auf die Füsse zu stellen.
Gelingt es der Linken diese Hausaufgabe zu bewältigen, könnte sie tatsächlich ein ernstzunehmender Faktor in der bundesrepublikanischen Politik sein. Bummelt sie aber weiterhin, wie in den letzten Jahren, in einem ohnehin nicht tragfähigen und völlig ergebnislosen Kompromiss vor sich hin, kann sich das Rad der Politik auch ohne sie drehen. Dass man dann als Beobachter, aufgrund der fortschreitenden Marginalisierung der Linken, auf die eine oder andere in der Presse breitgelatschte Enthüllungsgeschichte aus dem flügellahmen Flügelkampf verzichten muss, wird man verschmerzen können. Ob es die Politik in diesem Land allerdings verschmerzen kann, dass sich die einzige linke Partei neben der SPD aus eigener Dämlichkeit ins Aus kegelt, dürfte mehr als fraglich sein.
(mb)