Die neuen Vorsitzenden der Linken in Rheinland-Pfalz sind also die alten Vorsitzenden. Wer gehofft hatte, dass der öffentlich zelebrierte Rücktritt der Mehrheit des Landesvorstandes zum Nachdenken anregt oder einen Neustart einläutet, hat sich offenbar getäuscht. Noch immer versteht sich ein Grossteil der Partei, oder zumindest der gewählten Vertreter der Basis, als Vehikel der persönlichen politischen Ambitionen der zwei tonangebenden Bundestagsabgeordneten und ihrer Entourage. Damit dürfte das Ergebnis des gestrigen Tages einen weiteren Tiefpunkt im steten Abwärtstrend der örtlichen Ableger der Sozialisten darstellen.
Dass die, mit einer klaren Kritik an Werner und Ulrich, zurückgetretenen ehemaligen Landesvorstandsmitglieder sich nicht mehr an der Wahl des neuen Vorstandes beteiligen wollten, mag menschlich ohnehin nachvollziehbar sein. Politisch verständlich wird es, wenn man sich den bedauernswerten Zustand des Verbandes anschaut. Zumindest die, die vorerst den Kampf um die Macht aufgegeben haben, haben erkannt, dass sie im besten Fall nur noch ein totes Pferd reiten könnten. Und im schlimmsten Fall für die verbrannte Erde in Haftung genommen werden, die Ulrich seit den Zeiten der Vorgängerpartei auf der politischen Linken hinterlassen hat.
Den neuen Vorsitzenden und ihren Anhängern, die in in einem wechselseitigen Abhängigkeitsverhältnis stehen, das auch und gerade im Beruflichen wirkt, war es herzlich egal, dass am gestrigen Tag über ein Drittel der Delegierten schon gar nicht mehr zum Parteitag anreisten. Die gewünschte Krönung des bisherigen Königspaares war dadurch zu keinem Zeitpunkt gefährdet. Auch wenn diese Zeremonie, wie in absolutistischen und strukturverrotteten Systemen üblich, nur noch eine Farce ist. Dem Hofstaat und den Günstlingen ist die Aussenwirkung ohnehin egal.
Rechnet man die Ergebnisse auf den gesamten Delegiertenkörper um, erreichte Werner eine Zustimmung von gerade noch 36% und Ulrich von 45%. In jeder anderen Partei wäre dies, gerade nach den Vorgängen der Vergangenheit, ein hinreichender Grund seine Zelte abzubrechen, Verantwortung zu übernehmen und unter lautem Rezitieren des Mea Culpa endlich die politische Bühne zu verlassen, um den Weg für einen wirklichen Neuanfang frei zu machen. In der Führung des sklerotischen Verbandes scheint man sich aber eher an den greisen, starrsinnigen Machthabern zu Recht untergegangener rotlackierter Dynastien zu orientieren.
Zumindest als reiner Wahlverein dürfte die Linke in Rheinland-Pfalz damit immer noch taugen. Der Bundestrend der Partei – und ihr Geld – werden Werner und Ulrich, wenn sie nicht auch noch silberne Löffel stehlen, auf absehbare Zeit Lohn und Brot als Hinterbänkler in Berlin erhalten. Und ihrem engsten Freundeskreis die aus dem Steuersäckel finanzierten Stellen, die die Hausmacht in den entscheidenden Kreisverbänden absichern. Falls man doch einmal wieder einen Parteitag zur ungeliebten demokratischen Bestätigung braucht.
Wenn Ulrich dann aber, in realitätsferner Negierung der eigenen politischen Ohnmacht, davon schwadroniert, dass die Oberbürgermeister des Landes schon davor zittern, dass die Sozialisten zur im Mai anstehenden Kommunalwahl die Parlamente stürmen, mag man fast am Verstand des neuen alten Landesvorsitzenden zweifeln. Vor fünf Jahren wollten noch nicht einmal 3% der Bürger ihre Stimme an die Linke verschwenden. Ein „Erfolg“, den man bei der Landtagswahl zwei Jahre später gleich noch einmal wiederholen konnte.
Oder glauben Ulrich und Werner wirklich, dass die knapp über 5% der Bundestagswahl (2009 waren es übrigens noch über 9%) ihrer politischen Arbeit zu verdanken sind? Dann haben sie noch viel mehr mit den uneinsichtigen Gerontokraten des überwundenen Staatssozialismus gemein, als man befürchten mochte. So oder so dürfte man bei einem Blick auf die Linke in Rheinland-Pfalz nur noch feststellen können, dass diese Partei „wie Flasche leer“ Politik nur noch zum persönlichen Nutzen einiger weniger Genossen betreibt.
Warum die Bundespartei die Strukturen des politisch und finanziell bankrotten Verbandes überhaupt noch am Leben erhält, lässt sich einzig aus dem befürchteten Gesichtsverlust erklären, der mit einer Auflösung und Neugründung einhergehen würde. Zeit dafür wäre es allerdings. Nach der gestrigen Aufführung des „Kaisers ohne Kleider“ wäre ein solcher Schritt sogar noch dringender. Der Bürger, für den die Linke ja eigentlich Politik gestalten will, dürfte das Ende dieser Schmierenkomödie sogar begrüssen. Jetzt muss man in Berlin nur noch den notwendigen Mut aufbringen.
(mb)
Wie seinerzeit Trappatoni – auch Il Tedesco (der Deutsche) genannt – die Leistung einiger Spieler, zwar grammatikalisch falsch, inhaltlich aber durchaus treffend mit den Satzkonstrukten charakterisierte, …..-„was erlauben Strunz“ und ..…„ware’ schwach wie eine Flasche leer“, ist analog das Ergebnis der Wahlen des alten und neuen rheinland-pfälzischen Landesvorstandes der Linken auf dem Sonderparteitag am gestrigen Samstag in Trier zu bewerten.
In der Tat sieht sich – nicht nur in Rheinland-Pfalz – das gewählte Partei- und Fraktions-Spitzenpersonal der Linkspartei nahezu ausschließlich seinen „persönlichen politischen Ambitionen“ verpflichtet und zur Absicherung seiner Machtposition selbstredend auch den Ansprüchen „seiner Entourage“.
Wie in Rheinland-Pfalz wieder einmal offen zutage tritt, ist das „Experiment“, DIE LINKE, die als sozialistische Partei für Alternativen, für eine bessere Zukunft stehen sollte, zu einer rein professionalisierten Wählerpartei verwildert, die tendenziell dem Parteienmodell der beiden großen US-amerikanischen Parteien folgt, dessen Kennzeichen ja auch eine starke Karrieremotivation der Parteimitglieder ist.
In der Tendenz vergleichbar den USA, misst die Großmeisterin Sarah Wagenknecht den Massenmedien – beispielsweise mit Gala-Auftritten – eine wachsende Bedeutung zu, bei der Formulierung und Darstellung ihrer eigenen Politik.
Generell ist in der Linkspartei ein extrem verstärkter Einfluss der Mandatsträger_innen sowie ihrer Mitarbeiter_innen gegenüber der Partei/ den Parteimitgliedern registrierbar, um nicht von einer Verabsolutierung der Macht des parlamentarischen Armes der Linkspartei zu sprechen.
Unübersehbar geht damit eine sukzessive Reduktion des Parteilebens auf die Vorbereitung und Durchführung von Wahlkämpfen einher, wobei die im Erfurter Parteiprogramm von 2011 im Vorwort erwähnten „Brechtschen lesenden Arbeiter“ gnadenlos unentgeltlich, unbelobigt, unwidersprechend, unerkannt und vor allem unermüdlich die Kärnerarbeit für das stark hierarchisch orientierte und karrierebetonte Spitzenpersonal der Linkspartei zu erledigen haben.
In der öffentlichen Darstellung „ bauen das siebentorige Theben“ aber selbstredend nur die Partei- und Fraktionsspitzen und lediglich deren „König_innen-Namen stehen in den Büchern“, in den rheinland-pfälzischen also nur die des „bisherigen und erneut gekrönten Königspaares“ Katrin Werner und Alexander Ulrich.
Auf des linken „Hofstaats und deren Günstlingen“ Deutsche-Bank-Konten fließen zudem ganz ungeniert „die Spesen“ des angeblich neoliberalen, vom Kapital in Geiselhaft genommenen Staatsapparates.
Auf das Konto der Arbeitenden Mitgliedschaft fließt bestenfalls die Häme, doch bitteschön eine gemeinsame Parteiindentität herauszubilden, die zwar nicht einfach sei, mit den Mitgliedern ganz unten, den sozial an den Rand gedrängten Hartz IV-Empfänger_innen und den Partei- und Fraktionchef_innen ganz oben, die im Rampenlicht stehen, mit der finanziellen Sicherheit von Hundertausenden Euro Jahresverdienst.
Im Erfurter Programm unter dem Stichwort „Aushöhlung der Demokratie“ liest sich das für einen Brechtschen Arbeiter auf die Linkspartei heruntergebrochen so: Die soziale Spaltung der Partei führt zu einer Spaltung der demokratischen Partei. Ein großer Teil der Mitgliedschaft bleibt von demokratischer Einflussnahme ausgeschlossen, weil ihr die Möglichkeiten zur Partizipation fehlen.
Mit geringem oder keinem Einkommen sind die Spielräume für politisches Engagement eingeengt und werden partiell unmöglich gemacht.
Gleichzeitig wird der repressive Überwachungsapparat der Partei mit der verschwundenen Milliarde aus dem Vorgängerparteivermögen ausgebaut, selbstredend durch Ruth Kampa, der Spitzen-Spitzelin, schließlich ging die Juristin zwei Jahrzehnte bei der Stasi in die Lehre und besetzt logischerweise die Schlüsselposition/en par excellence in den Berliner Fraktionsbüros der Linken.
Da kommt schon wieder der Dreigroschen-Populist durch, merke ich gerade, also zurück zu einem Ausblick auf eine rosige Zukunft der Linken, speziell in Rheinland-Pfalz.
Manuel Boehm hat im Artikel bereits anklingen lassen, dass das „bisherige und neu inthronisierte Königspaar unter lautem Rezitieren des Mea Culpa endlich die politische Bühne zu verlassen hätte, um den Weg für einen wirklichen Neuanfang frei zu machen.“
Das heißt, doch wohl, dass die Partei und ihre Mitglieder nicht zwischen den Wahlen in einer Art Standby-Modus verharren und nur zu Wahlkämpfen aktiviert werden dürfen, wie das ganz generell, also nicht nur in Rheinland-Pfalz zu beobachten ist.
Die Linke muss neu anfangend wieder zu einer Mitgliederpartei zurückfinden, die kontinuierlich eine Partei in Bewegung sein muss, der Parlamentarischen, wie auch der Außerparlamentarischen.
Das bedeutet allerdings zuallererst, die demokratische Willensbildung fortwährend mit Leben zu füllen den Hartz IVler ebenso mitzunehmen, wie den Facharbeiter, die Aufhebung der Herrschaft von Menschen über Menschen wenigstens mal ansatzweise auch zu leben.
Insbesondere bei Fragen von grundsätzlicher Bedeutung muss gegenüber den alles beherrschenden, eigenen Mandatsträger_innen von Seiten einer selbstbewussten Mitgliedschaft das absolut notwendige Gegengewicht aufgeboten werden, um die sich tendenziell verselbständigenden Parlamentarier_innen beharrlich an die Partei rückzubinden.
In Rheinland-Pfalz wird „das nacktgehende, absolutistische Kaiser- und Kaiserinnenpaar samt Günstlingen“ einen derartigen Neuanfang vermutlich nicht stemmen können und es wohl auch künftig verunmöglchen, dass die Linken für die Bürgerinnen und Bürger Engagement leben, Brücken bauen und die Integration stärken werden, in der Zivilgesellschaft und den Kommunen in Rheinland-Pfalz.
Das selbstreferenzielle System der Linkspartei in Rheinland-Pfalz stabilisiert sich zwar mit seiner Entourage in sich selbst, schließt sich darin aber nicht nur von der übrigen parteiinternen Umwelt ab. In ihrer operationalen Geschlossenheit beziehen sie sich nur noch auf sich selbst, greifen nicht in die Milieus hinaus und verzichten damit freiwillig auf politische Gestaltung.
Aber gut, Trapattoni sagte in seiner Zeit in Salzburg ganz richtig, dass Schreiberlinge nicht kompetent genug seien, um sportliche (politische) Vorgänge zu beurteilen: „Wörter sind sehr einfach. Wer kann machen, machen. Wer kann nicht machen, sprechen. Wer kann nicht sprechen, der schreiben“.
In diesem Sinne: „Ich habe fertig“.
… wie es jetzt bereits im Landesverband Rheinland- Pfalz festzustellen ist…
… richtig,.. wenn sich aber bundesweit alles ein wenig „zusammengeschoben“ hat, ist damit zu rechnen,,, ansonsten kann sich auch die Linke als „treibende Kraft“ in der Wahrnehmung der Gesellschaft, verabschieden….
bei den letzten kommunal- und landtagswahlen war dieser effekt in RLP aber nicht zu beobachten. und derzeit ist auch kein grossartiger aufwärtstrend auf bundesebene in sicht.
.. Danke, für diesen substanziellen Beitrag, der an Klarheit nichts zu wünschen übrig lässt !!…
nur,.. bei einer positiven Entwicklung der Linken allgemein, wird auch der Wähler in Rheinland-Pfalz der Linken den ein oder anderen Prozentpunkt „zuschanzen“ der zwar nichts mit der Leistung des Landesverbandes zu tun haben wird, die sich dieser aber auf seine Fahnen schreiben wird, sofern es ihm nützt.