Die Führung von Partei und Fraktion ist sich über den europapolitischen Kurs der Linken einig. So zumindest das Bild, dass das Vorsitzenden-Duo Kipping und Riexinger und Fraktionschef Gysi auf ihrer heutigen Pressekonferenz in Berlin zu zeichnen versuchten. Wenige Wochen vor dem Parteitag in Hamburg, der über das Programm und die Kandidatenliste für die im Mai anstehenden Europawahl beschliessen soll, will man Erinnerungen an vergangene Flügelkämpfe der Sozialisten unbedingt verhindern. Alle drei Spitzenpolitiker waren sich daher einig, dass Die Linke, wie es Parteichef Riexinger formulierte, eine pro-europäische Partei bleibe und für ein „soziales, demokratisches und solidarisches Europa“ kämpfe.

Selbst Gysi, der sich erst vor wenigen Tagen mit einer scharfen Kritik am Programmentwurf des Parteivorstandes zu Wort meldete, sieht ausser „wenigen Sätzen“ nur noch geringen Korrekturbedarf. Darin findet er die volle Unterstützung von Riexinger, der „95% Übereinstimmung“ feststellt und davon ausgeht, dass der Parteitag die Linie des Parteivorstandes und damit den vorliegenden Programmentwurf bestätigen wird. Die im Mittelpunkt von Gysis Kritik stehende Präambel war ohnehin nicht Teil des von den Parteivorsitzenden eingebrachten Entwurfes, wie Kipping nachlegte, sondern wurde erst im Parteivorstand eingefügt.

Treibende Kraft dieser Änderung soll dem Vernehmen nach die Partei- und Fraktionsvize Sahra Wagenknecht gewesen sein. Auf der Sitzung des Parteivorstandes, in dem Wagenknecht auf zahlreiche zumeist westdeutsche Unterstützer bauen kann, sei die Passage „reingestimmt worden“, wie Kipping der Presse sagte. Schon zuvor war es nur mit knapper Mehrheit gelungen, den Entwurf der Parteivorsitzenden zur Arbeitsgrundlage zu machen. Dem Parteitag selber liegt nun auch der im Parteivorstand unterlegene Gegenentwurf vor, der eine deutlich populistischere und europakritische Tonalität aufweist und von zahlreichen Vertretern der Westlinken unterstützt wird.

Wagenknecht selber, die sich nach ihrer Niederlage im fraktionsinternen Kampf um eine gleichberechtigte Doppelspitze mit Gysi weiterhin als Frontfrau der eher fundamentalistischen Linken gegen die sogenannten „Reformer“ positioniert, verteidigt die kritisierten Passagen des Programmentwurfes. Der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ sagte sie am Freitag: „Wir müssen verhindern, dass die berechtigte Ablehnung, die viele Menschen den Brüsseler Institutionen entgegenbringen, von reaktionären und rechtspopulistischen Parteien ausgenutzt wird“.

Schon in der Vergangenheit hatte Wagenknecht nicht nur eine Diskussion über einen möglichen Austritt aus dem Euro, sondern generell eine schärfere Kritik von links an der EU gefordert. Wie jetzt vor der Verabschiedung des Europawahlprogrammes warb sie auch im Sommer letzten Jahres für ein europakritisches Programm zur Bundestagswahl. Letztlich entschied der Parteitag dann nicht der Linie Wagenknechts und ihres Lebensgefährten Lafontaine zu folgen. Zumindest Riexinger, Kipping und Gysi scheinen zuversichtlich, dass auch der Hamburger Parteitag sich nicht von der linkspopulistischen Programmrhetorik einer Sahra Wagenknecht und ihrer Unterstützer wird einfangen lassen.
(mb)

Ein Kommentar

  1. … hoffentlich geht das gut… und es kann ein positives Bild zur Veränderung der EU, auf der bestehden Basis, und der Grundausrichtung der Linken der Bevölkerung vermittelt werden….

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