Nach dem unter Gysis Anleitung ausgehandelten Kompromiss im Umgang mit Anzeigenschaltungen in der Jungen Welt, dem durch einen Antrag im Parteivorstand kurzfristig genehmigten Stand dieser Zeitung auf dem Erfurter Parteitag und einem dazu öffentlich verbreiteten „Minderheitenvotum“ von vier Bundesvorstandsmitgliedern, ist es angebracht, den aktuellen Spielstand – den vermutlichen Endstand – dieser Partie im Wettbewerb um die politische Ausrichtung der Partei und ihr historisches Selbstverständnis zu betrachten.
Mit derzeit 477 Unterzeichnern unter dem Aufruf „Keine Kooperation mit der Jungen Welt!“ hätte man sich ein durchaus anderes Ergebnis vorstellen können, als dass die Junge Welt noch immer – und nach den Ergebnissen des Parteitages vermutlich sogar in stärkerem Masse – ein privilegiertes Medium der Partei Die Linke ist. Die dieser Zeitung politisch nahe stehenden Funktions- und Mandatsträger und die Anteilseigner der Jungen Welt aus den Reihen der Linken, wissen nur zu gut, welchen Wert dieses Medium im Ringen um die linke, politische Meinungsbildung innerhalb und ausserhalb der Partei hatte und in Zukunft noch haben wird.
Dass selbst die, angesichts des Titels vom 13.8.2011, so heftig kritisierte jW einen weitaus entspannteren Umgang gerade mit ihren Kritikern pflegt, erweckt durchaus den Anschein, dass man auf dieser Seite des linken Spektrums seine eigenen „Fair-Play“ Forderungen wenigstens versucht ernst zu nehmen. So fand nicht nur eine Diskussionsveranstaltung zum umstrittenen Titel statt, auf der sich auch Kritiker – so sie denn nicht durch Abwesenheit glänzten, wie die prominenten Unterstützer des Aufrufs – zu Wort melden konnten, sondern in der Ausgabe vom 20.10.2011 erschien in der Jungen Welt ein Interview mit der laut Impressum für den Aufruf Verantwortlichen.
In diesem Interview beklagt sie zu recht die mangelnde Rückendeckung und die fehlende offene Unterstützung durch die prominenten Vertreter des sog. „Reformflügels“, von denen einige schon zu Beginn an Aufruf und Umsetzung intensiv mitgearbeitet haben. Wenn man sich jetzt von dieser Seite mehr oder weniger offen vom gescheiterten Aufruf distanziert und somit die „Schuld“ an diesem weiteren Fehlschlag demokratisch, sozialistische Positionen in der Linken wieder zu stärken, von sich weist, beweist man damit nur, dass die Aussagen der Linda Block in ihrem Interview zutreffen und vor allem, welch rein funktionales Verhältnis grosse Teile dieses „Reformflügels“ im Bezug auf die eigene Politik und die solidarische Zusammenarbeit mit der Basis pflegen.
(mb)
„welch rein funktionales Verhältnis grosse Teile dieses “Reformflügels” im Bezug auf die eigene Politik und die solidarische Zusammenarbeit mit der Basis pflegen.“
radikale Realpolitik halt: Gehe über Leichen und ziehe 8000 € ein.