Nach seinem erneuten Einzug in den Bundestag war es in letzter Zeit erstaunlich ruhig um den singenden Frontmann der querfrontösen Erneuerung der Westlinken und Steuermann „seines“ Landesverbandes. Gut, dass Doktor Diether Dehm sich nun wieder mächtig und friedlich zu Wort gemeldet hat, um seiner Partei und dem Rest des deutschen Volkskörpers klarzumachen, wo der Bartel den Most zu holen hat. Nämlich dort, wo Rechts und Links zu einer nicht mehr unterscheidbaren braun-roten Populismussuppe verkommen.
Gestählt durch die Märsche des Friedenswinters 2014 mit so illustren Friedenstauben wie Lars Mährholz und Ken (FM) Jebsen, nimmt sich der nimmermüde Revolutionsbarde anlässlich des Berliner Ostermarsches den neuen Aussenminister Heike Maas vor. Dieser trete, so wird Dehm zitiert, „jede Rechtmäßigkeit und das Grundgesetz mit Füßen“ und sei ohnehin ein „gut gestylter Nato-Strichjunge“. Ob und wie sich dies mit dem Motto „Abrüsten statt Aufrüsten“ des Ostermarsches verträgt, wird nicht überliefert.
Angesichts der abseitigen Wortwahl im Stile dunkler Zeiten der deutschen Geschichte mag man fast versucht sein, sich wieder Diskussionen über den Unterschied zwischen Onanieren und Geschlechtsverkehr zu wünschen. Zumindest wühlte Dehm damit nicht im Bodensatz des sprachlichen Fundus des Unmenschen. Die Zeiten sind aber offensichtlich für den flügelübergreifenden Friedenskämpfer härter geworden und dann muss es eben die grobe sprachliche Keule sein. Gerne garniert mit latent schwulenfeindlichen Einsprengseln.
Ob Dehm sich damit einen Auftritt auf der nächsten „Compact-Konferenz“ des Jürgen Elsässer gesichert hat, ist noch nicht absehbar. Von ihrer Wortwahl passen beide Heroen des deutschen Volksempfindens zumindest schon zusammen. Was für Dehm die „Nato-Strichjungen“, sind für Elsässer die „Strichjungen des Finanzkapitals“, die „in einen Darkroom befördert“ gehören. Sprachlich sind Links und Rechts damit wunderbar auf einer Linie. Und „für den Frieden“ dürften Dehm und Elsässer mit allen Mitteln zu kämpfen bereit sein.
Ach so. Natürlich bleibt die politische Heimat des so wortgewaltigen Friedensbarden nicht sprachlos. Pflichtschuldig wie immer empören sich die regierenden oder noch nicht regierenden Genossen der mehr oder weniger reformbereiten Teile der Partei Die Linke über diesen erneuten Ausritt des Diether Dehm in die Weiten der volksdeutschen Niederungen. Und so wie immer wird es bei diesen verbalen Bekundungen des Missfallens bleiben. Denn, auch wie immer, letztlich ist das Hemd dann doch näher als die Hose. Und ein polternder Dehm könnte ja möglicherweise doch das eine oder andere Prozentchen der Wählergunst von Rechts nach Links ziehen.
(mb)
Update vom 3.4.2018:
Wie die Mitteldeutsche Zeitung berichtet, hat mit Oliver Nöll, der Vorsitzender der Linksfraktion in der Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg und Mitglied des Berliner Landesvorstandes der Partei Die Linke ist, zumindest schon einer der Genossen des Diether Dehm ernste Konsequenzen gezogen. Nöll habe, so die MZ, ein Parteiordnungsverfahren gegen Dehm beantragt, das den Ausschluss Dehms aus der Partei fordert. Als Begründung führt Nöll an, „dass der Genannte fortwährend gegen die ebenfalls in der Bundessatzung im §4(2) festgelegten ,Pflichten der Mitglieder‘ verstößt und mit seinem Verhalten dem Ansehen der Partei in der Öffentlichkeit schweren Schaden zufügt. Die angenommene Pflichtverletzung und Schädigung des Ansehens der Partei ist fortlaufend über Jahre zu beobachten.“