Annette Groth zum Beschluss der Fraktion

Auch MdB Annette Groth, eine der Mitreisenden der letztjährigen Gaza-Flotte, erklärt sich zum gestrigen Beschluss der Fraktion. Wir dokumentieren im Wortlaut.

Persönliche Erklärung zum Beschluss der Bundestagsfraktion vom 07. Juni 2011 von Annette Groth

Dieser Beschluss wurde von vielen, auch von mir, nicht mitgetragen und kam nur durch großen psychologischen Druck zustande. Ich stelle mich deutlich hinter den Beschluss des Parteivorstandes vom 21. Mai, in dem es heißt:

.Es gehört zum Bestand linker Grundpositionen, gegen jede Form von Antisemitismus in der Gesellschaft vorzugehen. Rechtsextremismus und Antisemitismus haben in unserer Partei heute nicht und niemals Platz. (..) Wir weisen zurück, wenn berechtigte Kritik an der Politik der israelischen Politik der israelischen Regierung in Antisemitismus umgedeutet wird. Ebenso weisen wir Vorwürfe eines angeblichen Vormarsches antisemitischer Positionen in der LINKEN zurück..

Dagegen halte ich den Beschluss der Bundestagsfraktion aus mehreren Gründen für äußerst problematisch und gefährlich.

Grundsätzlich spreche ich mich gegen Denkverbote aus und halte den Beschluss schon aufgrund seines undemokratischen Charakters für unangemessen. Dass in dem Beschluss von .Meinungsvielfalt. die Rede ist, ändert nichts daran, dass dieser Beschluss eben gerade Meinungsvielfalt verhindert. Ziel des Beschlusses ist es, Andersdenkende aus der Debatte auszuschließen und diesen Ausschluss mit dem Stigma des .Antisemitismus. zu begründen, ohne diesen Begriff jedoch zu definieren. Er ist ein Armutszeugnis an linker Debattenkultur. In anderen europäischen Ländern sowie in Israel selbst werden Debatten geführt um die Frage der Ein- oder Zwei-Staaten-Lösung und auch um die Frage, ob Boykotte ein wirksames Mittel sind, um auf israelische Politik Einfluss zu nehmen. Diese Debatten müssen wir auch in Deutschland zur Kenntnis nehmen und diskutieren dürfen.

Durch die Erklärung wird ein Sinnzusammenhang zwischen .Antisemitismus. auf der einen Seite und Befürwortung der Einstaatlichkeit sowie der Unterstützung von Boykottaufrufen und Teilnahme und Unterstützung der neuen Gaza Flottille kreiert. Diese Verknüpfung ist konstruiert und dient dazu, die berechtigte Kritik an israelischer Besatzungspolitik zu delegitimieren. Dadurch wird auch der Eindruck erweckt, dass sich die Fraktion von unserer Beteiligung an der Gaza-Flottille 2010
distanziert.

Für mich ist völlig untragbar, dass die LINKE mit einem solchen Beschluss implizit die Vorwürfe des Antisemitismus der anderen Fraktionen gegen Mitglieder der Fraktion die LINKE bestätigt anstatt sich offensiv mit den Vorwürfen auseinander zu setzen und sich solidarisch hinter GenossInnen zu stellen. Es wäre absolut notwendig, sich auch gerade in der Fraktion inhaltlich mit der Frage .Was ist Antisemitismus ?. auseinanderzusetzen anstatt den Begriff .Antisemitismus. synonym mit .Kritik an israelischer Besatzungspolitik. zu verwenden.

Der Beschluss ist auch ein falsches Zeichen angesichts der Teilnahme von Vertretern der GUE/NGL sowie einer großen linken internationalen Delegation aus Frankreich, den USA, Kanada, Großbritannien und Skandinavien an der 2. Free-Gaza-Flottille Ende Juni. Auch jüdische Organisationen aus Europa und den USA sowie zahlreiche linke Israelis sind wieder an der Flottille beteiligt. Es gibt zahlreiche israelische Organisationen, die sich hilferufend an uns gewandt haben. Sie alle machen auf die wachsende Diskriminierung und auch Kriminalisierung von linken,oppositionellen Israelis aufmerksam. Als Linke ist es unsere Aufgabe, no ch aktiver als bisher, linke Organisationen der Friedens- und Menschenrechtsbewegung in Israel zu unterstützen.

Als Menschenrechtspolitikerin ist mir die Verurteilung von Menschenrechtsverletzungen ein großes Anliegen, überall in der Welt . auch in Israel. Die Linke stand immer für internationale Solidarität mit linken Parteien und Organisationen. Dieser Beschluss kündigt diese Solidarität in beschämender Weise auf.

Berlin, 09. Juni

Andrej Hunko zum Beschluss der Fraktion

Wer wie Bodo Ramelow gehofft hat, dass der gestrige Beschluss der Fraktion einen Punkt hinter eine – noch nicht ernsthaft geführte – Debatte setzt, hat sich fundamental geirrt. Nicht nur in der parteinahen und parteifernen Presse sind Beschluss und die Umstände Thema, auch die durch Zustimmung oder Abwesenheit beteiligten Abgeordneten der Partei können noch lange nicht zur politischen Tagesordnung übergehen.

Ein gutes Beispiel liefert hier der Aachener MdB Andrej Hunko, der auf Facebook weit vernetzt seinen Unmut über Beschluss, Umstände und die Führung der Fraktion verbreitet. Er vermutet, dass interessierte Kreise die Fraktion „auf SPD-Grüne-Linie schießen“ wollen, um 2013 eine „Regierungsbeteiligung um jeden Preis“ durchzusetzen. Hierbei seien Mittel Recht, die auf „undemokratische“ Weise an „SED-Zeiten“ erinnern. Ein Grossteil der Fraktion hat nach Hunkos Sicht diesen Beschluss nicht fassen wollen und letztlich konnte der Beschluss nur durch eine „Drohkulisse“ durchgedrückt werden, die ein Gysi aufgebaut hat, dem – so Hunko – „der Arsch auf Grundeis“ geht wegen eines „rechten Flügels, der offen mit Spaltung der Partei droht“.

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Linkes Spiel über Bande

Weder die Medien noch politische Prozesse kennen eine konsequente Feiertagsruhe. Auch ein Parteivorstand ist nicht in der Lage ein Klima des Gruppenkuschelns anzuordnen. Schon gar nicht, wenn Mitarbeiter von Funktionären (wohl?) unterstützt von Mitgliedern gerade dieses Vorstands eine auf Basisnähe umlackierte Medienkampagne organisieren, die mindestens so kritikwürdig ist, wie das von ihr vorgeblich kritisierte Verhalten der Anderen.

Eine als Medienschelte nur unzureichend getarnte Entlarvung von parteiinternen Abweichlern verbunden mit der Einforderung von Unterstützung der Basis zu einem fragwürdigen Maulkorbantrag für den nächsten Bundesparteitag, der sich mit dem unverdächtigen Titel „Sieben goldene Spielregeln für eine demokratische und lebendige LINKE“ schmückt, sind sicher kein Beitrag zur Versachlichung der notwendigen innerparteilichen Debatte. Eher soll hier unter dem Deckmäntelchen des gerechten Zorns der einfachen Mitglieder von führenden Vertretern eines rückwärtsgewandten Verständnisses linker Politik die Hegemonie über den gesamten Parteikörper und Wege und Ziele des politischen Wirkens der Linken erreicht werden. Die Forderung des FDS nach einer Neuwahl des Parteivorstandes schon im Januar 2012 scheint unter diesen Vorzeichen und der weiteren Befeuerung des Konfliktes – auch und gerade über Bande – zur rechten Zeit gekommen zu sein und mehr mit Fair Play zu tun haben, als die von Genossen De Masi nun losgetretene Kampagne.
(mb)

Nicht eine „Partei der Arbeit“, sondern eine „Partei der Bürger“

Vieles ist in den letzten Wochen seit dem Wahldebakel der LINKEN innerparteilich und in den Medien geschrieben, berichtet, zusammengereimt und lanciert worden. Einiges zu mehr oder weniger hilfreichen Personaldebatten, vieles zu den vermeintlichen, gefühlten oder tatsächlichen Ursachen des Wahlergebnisses und des Umfragetiefs, in dem sich die Partei seit einiger Zeit befindet. Manchmal sind beide Aspekte verbunden, oftmals geht gerade die Ursachenforschung, so sie denn als Forschung zu bezeichnen ist, der eigentlichen Frage nicht auf den Grund, sondern laviert mehr oder weniger gewollt nur an der Oberfläche des Problems. Die Rede von Klaus Ernst auf dem Parteitag in Hamburg spitzt hilfreicherweise beide Debatten zu. Im tatsächlich politischen Teil seiner Rede beschreibt Ernst einen, von ihm so bezeichneten, „Red New Deal“ als Weg der LINKEN aus ihrem Tief und als Modell für die Ablösung der kapitalistischen Gesellschaftsordnung, die – so in der Rede postuliert – am Ende ihrer Lebenszeit angekommen sei und auf die Fragen der Zukunft keine befriedigenden Antworten zu geben in der Lage wäre. Adressat dieses von Ernst entworfenen Modells sind natürlich nicht nur die Mitglieder der Partei und die Wähler, sondern vor allem Grüne und SPD als natürliche Gegner (und von ihm verleugnete oder tatsächlich nicht als solche erkannte natürliche Partner) der LINKEN im Ringen um die Gestaltungsmacht über die Zukunft dieses Landes und seiner Gesellschaft.

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Zwanzig Jahre PDS, drei Jahre LINKE: Eine Zwischenbilanz in West und Ost

Betrachtet man die vergangenen drei Jahre seit der in 2007 erfolgten Fusion von PDS und WASG zur Partei Die Linke, lassen sich durchaus Erfolge im Aufbau einer gesamtdeutschen Partei links der SPD feststellen. Gleichzeitig ist aber auch zu bemerken, dass grundlegende Konfliktfelder und auch der Unterschied zwischen West und Ost im Selbstverständnis was linke Politik in der BRD bedeutet und bewirken kann, weiterhin bestehen und sich eher verfestigt haben. Die vor allem innerparteilich geführten (und oftmals bewusst benutzten) Debatten um Personen, kurz- bis mittelfristige politische Entscheidungen und den programmatischen Kurs der Partei, sind Ausdruck dieser nicht aufgelösten Konflikte. Versuche mittels fragiler Kompromisse von Oben hier einen Burgfrieden zwischen den auseinanderstrebenden Teile der Partei zu etablieren, sind oft nicht tragfähig oder orientieren wie bei der Programmdebatte auf ein hoffnungslos niedriges gemeinsames Niveau.

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Wo das Bundestagsmandat zum Copy-Shop wird

Es ist dem unvermeidlichen politischen Sommerloch geschuldet, dass sich Potemkin die Zeit nimmt einmal genauer hinzuschauen, wenn Detailfragen der Tagespolitik von linken Politikern zum Thema gemacht werden. So hat uns über diverse Verteiler auch ein Text der MdB Dittrich erreicht, der sich mit durchaus bedenkenswerten Fehlentwicklungen in der Ausgestaltung von Beschäftigungsverhältnissen im sozialen Bereich beschäftigt.

Veröffentlicht in der Jungen Welt vom 27.7.2010 kann man dort u.a. über den Schulbusfahrer Oliver K. lesen, der aus einem normalen Job in ein merkwürdiges Konstrukt verschoben wurde. Noch bedenkenswerter erscheint allerdings die Tatsache, dass uns dieser Oliver K. unter dem Namen Edgar T. schon einmal im Juli begegnet ist. Und zwar in einem Beitrag des ARD-Magazins Panorama vom 1.7.2010, der sich mit genau dem Thema des Beitrags der Dittrich in der Jungen Welt befasst. Und seltsamerweise – bis auf eine Einleitung und einige kleine textliche Änderungen – in grossen Teilen vollkommen identisch ist zu dem vorgeblich von der MdB selbst verfassten Text.

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Zwischenruf von Michael Höntsch

So ändern sich die Zeiten! Wurde mann/frau noch 2004 als ausgetretener Sozialdemokrat/in in der WASG freudig begrüßt, ist es mittlerweile in der LINKEN ein Stigma der SPD angehört zu haben, jedenfalls dann, wenn mann/frau demokratischer Sozialist geblieben ist.

Wie konnte das geschehen? Die große Ausnahme bildet natürlich der heimliche große Vorsitzende aus dem Saarland. Er ist gradlinig, fortschrittlich und links. Niemand seiner heutigen lautstarken Fans auf Facebook und anderswo mag sich noch daran erinnern, welchen Anteil er am schändlichen Asylkompromiss, der seinerzeit faktisch das Asylrecht außer Kraft setzte, hatte. Vielleicht aber liegt es gar nicht am fehlenden Erinnerungsvermögen, vielleicht ist es einfach mangelndes Wissen. Nicht zu Unrecht forderte das Mitglied der historischen Kommission der Partei DIE LINKE, Dr. Manfred Lauermann, kürzlich die Selbstverständlichkeit ein, man möge in der Debatte doch bitte auch ein Mindestmaß an politischer Bildung und historische Kenntnisse einbringen. Allen ehemaligen Sozialdemokraten, die jetzt urplötzlich so fundamental daherkommen, sei die Frage gestellt, warum erst jetzt und warum so geschichtsvergessend?

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Replik auf Manuel Böhms reformpolitischen Aufruf oder: Isch habe gar keine Reformer

Letzte Woche hat Manuel Böhm einen Text veröffentlicht, in dem er sich für eine Erneuerung des reformpolitischen Gedanken in der Partei aussprach. Mehr widerständiger Realismus statt revolutionären Hilfsempirismus war wohl die Botschaft. So sehr einem eine solche Botschaft gefallen oder missfallen kann, so sehr mag die regierungswillige Brusthälfte der Partei derlei Appelle mit Sympathie vernehmen. Allein fehlt der Glaube, dass diese Dichotomie linker Sehnsüchte das eigentliche Problem der Partei darstellt.

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Die Linke zwischen Realität und Klassenkampf

Vor den weitestgehend friedlichen Revolutionen der Jahre 1989/90 in den realsozialistischen Staaten war für die meisten linksorientierten Aktivisten des Westens und für einen Grossteil der einheitsparteiorganisierten Funktionäre, Kader und Mitläufer des Ostens die Welt noch klar, einfach und nachvollziehbar in Gut und Böse einteilbar. Auf der einen Seite des Eisernen Vorhangs die als Volksrepubliken oder Volksdemokratien betitelten Frontstaaten, die auf der Grundlage des wissenschaftlichen Marxismus-Leninismus und der Diktatur des Proletariats, eine Art Himmel der unterdrückten Werktätigen schon im Diesseits erreicht hatten. Auf der anderen Seite finstere, kapitalistische Unterdrückungsregime, die auf ihrem Weg zum Imperialismus und Faschismus über Leichenberge der Völker gehen oder gegangen sind. Ein Grau, oder jeden anderen auch bunten Zwischenton der menschlichen Gesellschaftsentwicklung, konnte und durfte es nicht geben. Allerhöchstens wurde dem Kapitalismus zugestanden, dass er sich hinter einer für jeden Linken natürlich sofort durchschaubaren Maske von sozialer Marktwirtschaft und (Schein-)Demokratie gut zu verbergen wusste und so dem ungeschulten Subjekt der Befreiung durch Sozialismus (der oftmals beschworenen Arbeiterklasse) vorzugaukeln vermochte, dass er nicht so finster und grausam war. Völlig geschichtsvergessen halluzinierte man in westlichen Wärmestuben des Klassenkampfes davon, dass der Zeitpunkt des Umsturzes, der Tag der Erhebung der Massen, unmittelbar bevorsteht. Spätestens seit den Studentenprotesten in 1968 vermochte fast jeder linke Klassenkämpfer und vermeintliche Stadtguerilla eine vorrevolutionäre Situation in jeden noch so kleinen Protest innerhalb des kapitalistischen Systems hineinzudeuten.

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Das Wünschenswerte oder das Machbare? Linke Forderungen im Grossen und im Kleinen.

Angesichts der jetzt aktuellen Debatte über die Möglichkeiten linke Politik und Positionen eventuell innerhalb einer Mitregierung mit SPD und Grünen durchsetzen zu können, sollte man darüber nachdenken, welcher Art Forderungen der LINKEN sein sollten, wenn diese noch als links wahrgenommen werden sollen. Und ob es Unterschiede geben kann, wenn man linke Politik innerhalb einer Koalition – mit den Kompromissen, die man zu ihrer Bildung eingehen muss – oder aus der Oppositionsrolle heraus formuliert. Um diese Debatte führen zu können ist eventuell ein Blick vom Grossen (Bundes- und Landespolitik) auf das Verhalten der LINKEN im Kleinen (auf kommunaler Ebene) ganz hilfreich.

Im August 2009 wurde von der Fraktion der LINKEN im Stadtrat Hannovers ein Antrag gestellt, der die Einführung eines kostenlosen Mittagessen in den Kitas der Stadt zum Inhalt hat. Eine grundlegende linke Forderung, die in den Stadtrat eingebracht werden konnte, weil es die LINKE hier in Hannover – wie auch in vielen anderen Kommunen der Republik – geschafft hat in die Räte auf allen Ebenen einzuziehen. Nachdenkenswert ist nur die weitere Ausgestaltung solch eines Antrags. Ist es tatsächlich notwendig zu fordern, dass die Verträge mit den Lieferanten eine maximale Laufzeit von 12 Monaten haben sollen und die Verwaltung der Stadt jährlich wiederkehrend auf eine Preisregulierung (eine Preissenkung) drängen kann? Setzt man hier nicht gleich eine unheilvolle Abwärtsspirale in Gang, einen Unterbietungswettlauf der einzelnen Anbieter, auf Kosten der Arbeitnehmer und der Qualität des Essens? Wäre es nicht hingegen viel sinnvoller und vor allem auch ein tatsächlich linker Standpunkt, wenn man formulieren würde, dass bei den Lieferanten auf die Einhaltung sozialer Standards im Bezug auf die Mitarbeiter geachtet werden muss (Mindestlohn, keine 1-Euro-Beschäftigten) oder man längere Vertragslaufzeiten vorschreibt, um den Lieferanten Planungssicherheit zu geben um nicht andernfalls dem möglichen Einsatz von befristet Beschäftigten und Zeitarbeitern noch unnötig Vorschub zu leisten? Ganz zu schweigen vom Fehlen einer Forderung nach der Qualität des zu liefernden Essens. Wenn man nur auf Machbarkeits- und Kostengesichtspunkte mit der Brille bürgerlicher Logik abstellt, fallen solch linke Positionen all zu leichtfertig unter den Tisch.

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Das zweite und letzte (?) Ende des Kapitalismus

Noch nicht einmal 20 Jahre konnte der Privatkapitalismus – so beschönigend, und in Westeuropa bis 1990 gerne mit dem Feigenblatt „sozial“ geschmückt, Marktwirtschaft genannt – sein oberflächlich durch die Brille der Staatssozialisten und ihrer westlichen Anhänger als Sozialismus betrachtetes historisches Gegenstück überleben. Einen Sozialismus, der spätestens mit der Niederschlagung des „Prager Frühlings“ im Jahre 1968 für jeden kritisch denkenden Linken deutlich als totalitärer Staatskapitalismus erkennbar war und schon lange Zeit vorher jegliche emanzipatorischen Aspekte und Ansätze des Kommunismus negierte. So ähnlich, wie sich diese beiden (hoffentlich) kurzfristigen historischen Episoden der gesellschaftlichen Entwicklungslinien der Menschheit in ihrer Orientierung auf die Waren- und Wertproduktion durch Vernutzung menschlicher Arbeitskraft und der Aneignung des erzeugten Mehrwerts sind. Wobei es hierbei letztlich unerheblich ist, ob diese Aneignung durch den Individualkapitalisten oder den Staatskapitalisten in der Form der sozialistischen Gemeinschaft geschieht. So ähnlich sind sie sich in den Gründen und möglicherweise – was sich in nächster Zeit noch zeigen wird – auch in der Form ihrer Selbstauflösung.

Der Sozialismus des 20. Jahrhunderts ist auf gesellschaftlicher Ebene an seinen inneren Widersprüchen zwischen theoretischem Anspruch und gelebter Realität zerbrochen. Widersprüchen, die sich zum Ende hin, auch für den wohlwollendsten linken Betrachter, durch nicht mehr übersehbare Defizite im Bezug auf die individuellen unveräußerlichen Freiheitsrechte Einzelner und die demokratische Partizipation der Bürger im ganzen manifestierten. Diese Widersprüche entluden sich quasi gleichzeitig in mehr oder weniger friedlichen Revolutionen einer teilweise seit Generationen bevormundeten und durch eine von der herrschenden (Funktionärs-)Elite – die sich selbst so unpassend wie anmaßend als sozialistisch bzw kommunistisch bezeichnete – fremdbestimmte Bevölkerung. Eine solche Entfremdung zwischen dem Anspruch im Handeln und Denken der herrschenden Elite und der Machtlosigkeit im Leben der durch sie beherrschten Menschen, ist eine auffällige Gemeinsamkeit zwischen beiden wertfixierten und somit im Grunde kapitalistisch zu nennenden Gesellschaftsformen. Die staatskapitalistische Elite beanspruchte über den selbsterklärten Begriff der Führung einer sozialistischen und einheitlichen Arbeiterklasse den Alleinvertretungsanspruch in Theorie und Praxis des gesamten Lebens ihrer Bürger. Obwohl sie lediglich – wie ihr in den letzten Atemzügen liegendes „freiheitlich-westliches“ Gegenstück – die Machtinteressen der herrschenden Klasse als willfähriges Instrument auch und gerade gegen die Interessen eines Großteils der Menschen durchgesetzt hat.

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Die Neue Linke als politische Alternative in Deutschland – Teil der Lösung oder Teil des Problems?

Seit ca. 2 Jahren formiert sich links der SPD wieder eine selbsternannte „neue“ linke Kraft aus der bereits seit dem letzten Jahrhundert bestehenden ehemaligen Staatspartei der untergegangenen DDR – der PDS – und einer aus enttäuschten abgewanderten Teilen der SPD und der SPD-nahen Gewerkschaften unter dem Eindruck der Zwangsgesetze rund um HARTZ IV und der Agenda 2010 hervorgegangenen WASG. Der bei der Bundestagswahl 2005 offensichtliche Erfolg dieser Gruppierung mit dem achtenswerten Einzug als starke linke Fraktion in den Bundestag hat beiden Akteuren einen aus ihrer Sicht historischen Auftrag gegeben: Die Schaffung und dauerhafte Etablierung einer vereinigten „Neuen Linken“ im bundesdeutschen Parteienspektrum.

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